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Was ist ANFA?

Aktualisiert am 24. Februar 2023 (erstmals veröffentlicht am 5. Februar 2016)

ANFA steht für Agreement on Net Financial Assets. Es handelt sich um eine Vereinbarung zwischen den nationalen Zentralbanken des Euroraums und der Europäischen Zentralbank (EZB), die zusammen das Eurosystem bilden. Die Vereinbarung enthält Regeln und Obergrenzen für Finanzanlagen, die mit den nationalen Aufgaben der nationalen Zentralbanken zusammenhängen. Zu diesen Finanzanlagen der nationalen Zentralbanken zählen beispielsweise der Gegenposten zu Kapital und Rücklagen oder sonstige spezifische Passiva, ihre Währungsreserven und Pensionsfonds für die Beschäftigten oder Aktiva, die allgemeinen Anlagezwecken dienen.

Dass europäische Zentralbanken Finanzanlagen halten, die nicht mit der Geldpolitik zusammenhängen, ist ein wesentlicher Bestandteil der Funktionen, die die Zentralbanken in Europa erfüllen. Dies war auch schon vor der Einführung des Euro der Fall. Als die Währungsunion gegründet wurde, beschlossen die Regierungen, nur diejenigen Aufgaben und Funktionen der Zentralbanken auf die Gemeinschaftsebene zu übertragen, die zur Durchführung einer einheitlichen Geldpolitik für den ganzen Euroraum erforderlich sind. Gleichzeitig beschlossen sie, dass die nationalen Zentralbanken unabhängige Institutionen bleiben sollten, die weiterhin nationale Aufgaben ausüben können, sofern diese Aufgaben mit der einheitlichen Geldpolitik vereinbar sind.

Mit anderen Worten: Nationale Zentralbanken sind finanziell unabhängige Institutionen und erfüllen neben den geldpolitischen Aufgaben, die mit dem vorrangigen Ziel des Eurosystems – der Gewährleistung von Preisstabilität°– zusammenhängen, auch nationale Aufgaben. Mit dem ANFA sollte eine Obergrenze für den Gesamt-Nettobetrag der Finanzanlagen, die mit nationalen nicht geldpolitischen Aufgaben zusammenhängen, festgelegt werden, damit diese die Geldpolitik nicht beeinträchtigen.

Im Dezember 2022 billigte der EZB-Rat die jüngsten Änderungen des ANFA, die darauf abzielen, die entsprechenden Prozesse effizienter zu gestalten. Der Inhalt der Vereinbarung ist indessen weitgehend unverändert geblieben.

Wie funktioniert das ANFA?

Warum verfügen nationale Zentralbanken über Finanzanlagen, die nicht mit der Geldpolitik zusammenhängen?

Jede Notenbank hält Aktiva, die nicht mit der Geldpolitik zusammenhängen. Der EZB-Rat legt die Geldpolitik zentral für alle Mitgliedstaaten des Euroraums fest. Als die Wirtschafts- und Währungsunion gegründet wurde, vereinbarten die Regierungen in den europäischen Verträgen, dass Aufgaben im Zusammenhang mit der Geldpolitik auf die Gemeinschaftsebene übertragen werden. Abgesehen davon sollten die nationalen Zentralbanken nationale Aufgaben wahrnehmen dürfen – was sie auch tun. Dieser Grundsatz ist in Artikel 14.4. der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank festgelegt.

In der Praxis bedeutet dies, dass die nationalen Zentralbanken derzeit über Aktiva verfügen, die nicht für geldpolitische Zwecke oder die Durchführung von Devisengeschäften des Eurosystems gehalten werden. Hierzu zählen u. a.

  • Gold oder Währungsreserven,
  • Anlageportfolios z. B. im Zusammenhang mit den Pensionsfonds für die Beschäftigten,
  • Aktiva, die als Gegenposten zu Einlagen beispielsweise von ausländischen Zentralbanken oder öffentlichen Haushalten gehalten werden. 

Gleichzeitig halten die nationalen Zentralbanken auch Passiva, die nicht mit der Geldpolitik zusammenhängen. Zu diesen zählen auch die eben genannten Einlagen von ausländischen Zentralbanken oder öffentlichen Haushalten. Die nationalen Zentralbanken können diese nationalen Aufgaben ausüben, solange ihre Maßnahmen mit den Zielen und Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB), insbesondere der Geldpolitik, vereinbar sind. Im Übrigen verfügt auch die EZB über ein Eigenmittelportfolio, das mit ihrem Grundkapital und ihren Rücklagen sowie dem Anlageportfolio des Pensionsfonds für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammenhängt.

Die nationalen Zentralbanken verfügten bereits vor ihrem Beitritt zum Eurosystem über die oben genannten Portfolios. Die daraus resultierenden Einnahmen tragen zu ihren Finanzerträgen bei. Als der Euroraum geschaffen wurde, hieß es, dass diese Portfolios dazu beitragen würden, die Nachfrage des Bankensystems im Euroraum nach Liquidität zu decken, da sie bei der Kalibrierung der geldpolitischen Operationen berücksichtigt würden. Aus geldpolitischer Sicht wurde es als unproblematisch erachtet, dass die nationalen Zentralbanken neben den geldpolitischen Geschäften weiterhin diese Portfolios verwalten, und dass diese Portfolios im Laufe der Zeit im gleichen (oder in einem langsameren) Tempo wie die Nachfrage nach Banknoten und die Mindestreserve-anforderungen­ des Bankensystems anwachsen könnten. Der EZB-Rat zog auch in Betracht, dass es die Geldpolitik beeinträchtigen könnte, wenn die Differenz aus nicht für geldpolitische Zwecke gehaltenen Aktiva und nicht für geldpolitische Zwecke gehaltenen Passiva über einen längeren Zeitraum hinweg stärker wachsen würde als die Nachfrage nach Liquidität. Um dieses Wachstum zu kontrollieren und zu begrenzen, wurde das ANFA abgeschlossen.

Was sind Netto-Finanzanlagen?

Sowohl auf der Aktivseite als auch auf der Passivseite der Zentralbankbilanz gibt es Positionen, die nicht direkt mit der Geldpolitik zusammenhängen. Netto-Finanzanlagen werden als die Differenz der Summen dieser beiden Positionsgruppen definiert. Dieses Konzept wird nachstehend anhand der Bilanz des Konsolidierten Ausweises des Eurosystems zum 1. Januar 2023 veranschaulicht, der auf der Website der EZB abrufbar ist. Anhang I des ANFA enthält eine genaue Definition.

Die Übersicht zeigt, dass die Netto-Finanzanlagen auf der Aktivseite aus der Summe der Bilanzpositionen 1 bis 4, 5.6, 6, 7.2, 8 und 9 bestehen. Auf der Passivseite bestehen sie aus den Positionen 2.5 sowie 3 bis 12. Zieht man die Summe der Passiva von der Summe der zuvor genannten Aktiva (jeweils orangefarben markierte Posten) ab, erhält man die Netto-Finanzanlagen des Eurosystems.

Wie hoch sind die Netto-Finanzanlagen des Eurosystems?

Zum 1. Januar 2023 beliefen sich die Netto-Finanzanlagen des Eurosystems auf -669 Mrd. €. Im Vergleich dazu beliefen sich die durchschnittlichen jährlichen Netto-Finanzanlagen des Eurosystems im Jahr 2022 auf -730 Mrd. €, nachdem sie seit 2014 kontinuierlich zurückgegangen waren. Dieser negative Betrag resultiert vor allem aus dem Anstieg auf der Passivseite der Bilanz des Eurosystems, der die entsprechenden positiven Entwicklungen auf der Aktivseite mehr als ausgleicht, wie vorstehend erläutert. Zum Vergleich: Bei den Banknoten und Mindest-reserveanforderungen ist seit 2002 ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 6,7 % zu verzeichnen.

Was ist das ANFA?

ANFA steht für „Agreement on Net Financial Assets“. Dabei handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen den nationalen Zentralbanken des Euroraums und der EZB, die zusammen das Eurosystem bilden. Die Vereinbarung enthält die Regeln zur Berechnung der Obergrenzen für die Bestände an Finanzanlagen, die mit den nationalen Aufgaben der nationalen Zentralbanken zusammenhängen.

Warum müssen die Netto-Finanzanlagen begrenzt werden?

Das ANFA begrenzt die Höhe der Netto-Finanzanlagen, die die nationalen Zentralbanken halten dürfen. Dies ist erforderlich, um sicherzustellen, dass der EZB-Rat die vollständige Kontrolle über die Bilanzsumme des Eurosystems hat. Dadurch wird die wirksame Umsetzung der Geldpolitik ermöglicht. Vor der Finanzkrise von 2007–2008 bestand das wirksamste Instrument zur Umsetzung der Geldpolitik darin, dafür zu sorgen, dass die Banken beim Eurosystem Liquidität nachfragen müssen. Die Grundlage für die Umsetzung der Geldpolitik war ein Liquiditätsdefizit gegenüber dem Eurosystem. Das ANFA sicherte den Fortbestand dieses Liquiditätsdefizits. Als die Finanzkrise ausbrach, wurde es erforderlich, den Banken mehr Liquidität zur Verfügung zu stellen, als diese zur Erfüllung der Mindestreserveanforderungen brauchten. Anstelle eines Liquiditätsdefizits herrscht mittlerweile ein Liquiditätsüberschuss im Bankensystem. In diesem Umfeld sichert das ANFA nicht mehr das Liquiditätsdefizit, sondern es sorgt vielmehr dafür, dass der Liquiditätsüberschuss den Wert nicht übersteigt, den der EZB-Rat für seinen geldpolitischen Kurs als angemessen betrachtet.

Erteilt das ANFA den nationalen Zentralbanken wirklich einen „Freibrief“, nach Belieben Geld zu drucken?

Nein, ganz im Gegenteil. Das ANFA begrenzt die Netto-Finanzanlagen der nationalen Zentralbanken, damit Veränderungen der finanziellen Aktiva und Passiva, die nicht für geldpolitische Zwecke gehalten werden, die Geldpolitik des Eurosystems nicht beeinträchtigen.

Wodurch wird die im ANFA festgelegte Obergrenze für Netto-Finanzanlagen beeinflusst?

Der steigende Gesamtwert des Banknotenumlaufs und das Mindestreserve-Soll, das Banken gegenüber den nationalen Zentralbanken zu erfüllen haben, schaffen einen Liquiditätsbedarf. Dieser wird über die geldpolitischen Operationen des Eurosystems und die Netto-Finanzanlagen der nationalen Zentralbanken gedeckt. Durch die Festlegung des Mindestvolumens für geldpolitische Operationen ergibt sich die Obergrenze für die Netto-Finanzanlagen der nationalen Zentralbanken als Restgröße. Besteht das Ziel des EZB-Rats in einem Liquiditätsüberschuss, so sorgt das ANFA mit der Obergrenze für die Netto-Finanzanlagen der nationalen Zentralbanken dafür, dass der Liquiditätsüberschuss einen bestimmten Wert nicht überschreitet.

Warum begrenzt das ANFA die Netto- und nicht die Brutto-Finanzanlagen der nationalen Zentralbanken?

Damit die Geldpolitik wirksam umgesetzt werden kann, muss die über die nicht geldpolitischen Operationen der nationalen Zentralbanken bereitgestellte Liquidität begrenzt werden. Durch jede Forderung in einer Zentralbankbilanz entsteht Zentralbankgeld bzw. Liquidität, und durch jede Verbindlichkeit wird Liquidität entzogen. Um die gesamte Liquidität zu messen, die eine Zentralbank über ihre nicht geldpolitischen Operationen bereitstellt, werden alle Aktiva und Passiva, die nicht mit der Geldpolitik zusammenhängen, aufgerechnet.

Wie wird der Höchstbetrag für Netto-Finanzanlagen berechnet?

Die Kalibrierung der Ansprüche in Bezug auf Netto-Finanzanlagen erfolgt mindestens alle drei Jahre, jedoch kann auf Ersuchen einer an der Vereinbarung beteiligten Partei auch eine Ad-hoc-Kalibrierung erfolgen. Für jede Kalibrierung legt der EZB-Rat die notwendigen geldpolitischen Parameter fest. Der EZB-Rat entscheidet darüber, wie viel Liquidität für das Eurosystem angemessen ist, legt den Mindestreservesatz fest und bestimmt den Umfang der Portfolios für geldpolitische Outright-Geschäfte, damit seine Geldpolitik die größtmögliche Wirkung entfaltet. Zudem berücksichtigt der EZB-Rat, wie sich die Höhe des Banknotenumlaufs entwickelt. Der neue Höchstbetrag der aggregierten Netto-Finanzanlagen des Eurosystems ist eine Restgröße der vorstehend genannten Faktoren.

Wie verteilt sich der Höchstbetrag der Netto-Finanzanlagen des Eurosystems auf die nationalen Zentralbanken?

Um die Ansprüche der nationalen Zentralbanken in Bezug auf Netto-Finanzanlagen für das Folgejahr zu bestimmen, werden die Netto-Finanzanlagen entsprechend den Anteilen der einzelnen nationalen Zentralbanken am Kapital der EZB aufgeteilt, sobald die Obergrenze für Netto-Finanzanlagen im Eurosystem festgelegt ist. Hierbei wird auch die historische Ausgangsposition der jeweiligen nationalen Zentralbank berücksichtigt. Dieser Anspruch gilt dann bis zur nächsten Kalibrierung, die spätestens nach drei Jahren erfolgt.

Beabsichtigt eine nationale Zentralbank, ihren Anspruch nicht gänzlich auszuschöpfen, bietet das ANFA im Zuge der Kalibrierung die Möglichkeit, den unbeanspruchten Teil zeitlich befristet auf andere nationale Zentralbanken umzuverteilen, die eine höhere Obergrenze für Netto-Finanzanlagen wünschen. Der nicht beanspruchte Teil wird mithilfe eines im ANFA festgelegten zentralen Mechanismus umverteilt. Die Netto-Finanzanlagen der nationalen Zentralbanken müssen im Jahresdurchschnitt unter ihren Obergrenzen bleiben. 

Welche Auswirkung haben Ausnahmeregelungen (Waivers)?

Die Ausnahmeregelungen können sich auf die Aufteilung des Höchstbetrags der Netto-Finanzanlagen im Eurosystem auswirken. Sie erhöhen jedoch nicht die Obergrenze für die Gesamtbestände an Netto-Finanzanlagen der nationalen Zentralbanken des Eurosystems.

Die Ausnahmeregelungen legen fest, welchen Mindestanspruch jede nationale Zentralbank in Bezug auf Netto-Finanzanlagen hat. Mit anderen Worten: Jede nationale Zentralbank hat das Recht, entsprechend ihrem Anteil am Kapital der EZB einen bestimmten Anteil des Maximalbetrags der Netto-Finanzanlagen des Eurosystems zu halten. Die Ausnahmeregelung bestimmt den Mindestanspruch der jeweiligen nationalen Zentralbank (der höher sein kann als der Betrag, der auf Basis ihres Anteils am Kapital der EZB berechnet wird). Wenn einige nationale Zentralbanken entsprechend ihrer jeweiligen Ausnahmeregelung mehr Netto-Finanzanlagen halten als ihnen gemäß ihrem Anteil am Kapital zustehen, so wird der Betrag der Netto-Finanzanlagen, den die übrigen nationalen Zentralbanken halten dürfen, so weit verringert, dass der Höchstbetrag der Netto-Finanzanlagen des Eurosystems zu keiner Zeit überschritten wird.

Es gibt drei Arten von Ausnahmeregelungen:

  • Die (in Anhang III des ANFA definierte) historische Ausnahmeregelung stellt sicher, dass die nationalen Zentralbanken ihre Netto-Finanzanlagen nicht unter ein Niveau senken müssen, das durch ihre historische Ausgangsposition bedingt ist.
  • Die anlagespezifische Ausnahmeregelung schützt bestimmte (in Anhang IV des ANFA definierte) Anlagebestände, welche die nationalen Zentralbanken aufgrund von vertraglichen Beschränkungen oder sonstigen Einschränkungen nicht ohne Weiteres veräußern können.
  • Durch die dynamische Ausnahmeregelung wird die historische Ausnahmeregelung für kleine nationale Zentralbanken mit der Zeit proportional zum Anstieg oder Rückgang des Höchstbetrags der Netto-Finanzanlagen des Eurosystems angepasst.

Nur die umfangreichste der drei Ausnahmeregelungen wird angewandt.

Was geschieht, wenn der Anlagebetrag einer oder mehrerer nationaler Zentralbanken gleich null ist oder geringer ausfällt als der ihr bzw. ihnen ursprünglich zugewiesene Höchstbetrag? Kann der Restbetrag dann an andere nationale Zentralbanken weitergegeben werden?

Wenn manche nationale Zentralbanken beabsichtigen, Bestände zu halten, die geringer sind als ihr potenziell möglicher Anlagebetrag, während andere höhere Bestände halten möchten, dann wird der nicht beanspruchte Teil mithilfe eines im ANFA festgelegten zentralen Mechanismus umverteilt. Dies geschieht bei der turnusmäßigen Kalibrierung der Obergrenzen für die Netto-Finanzanlagen. Die Umverteilung nicht genutzter Spielräume ist zeitlich begrenzt und wird im Zuge der nachfolgenden Kalibrierung neu berechnet. Die Umverteilung hat keinen Einfluss auf den aggregierten Höchstbetrag der von allen nationalen Zentralbanken des Euroraums insgesamt gehaltenen Netto-Finanzanlagen. Dieser wird durch die geldpolitischen Beschlüsse des EZB-Rats bestimmt.

Warum nutzen manche nationale Zentralbanken ihre Quote und andere nicht?

Das hängt von den institutionellen Präferenzen ab. In manchen Ländern gibt es bestimmte rechtliche Beschränkungen bezüglich der nicht geldpolitischen Anlagegeschäfte der nationalen Zentralbanken. In anderen Ländern ist gesetzlich gefordert, dass die nationalen Zentralbanken die Interessen ihrer Anteilseigner berücksichtigen, sobald ihre geldpolitischen Aufgaben erfüllt sind. Darüber hinaus verfügen manche nationalen Zentralbanken auf der Passivseite ihrer Bilanz über umfangreiche Einlagen von Kunden und/oder öffentlichen Haushalten, welche die Bestände ihrer nicht zu geldpolitischen Zwecken gehaltenen Portfolios beeinflussen.

Es gibt auch einen historischen Grund: Vor der Einführung des Euro im Jahr 1999 hielten einige europäische Zentralbanken relativ große Währungsreserven, um ihren Wechselkurs, insbesondere gegenüber der D-Mark, zu steuern. Diese Situation ist vergleichbar mit jener der EU-Mitgliedstaaten, die dem Euroraum nach 1999 beigetreten sind. Auch deren nationalen Zentralbanken hielten recht umfangreiche Währungsreserven, um ihren Wechselkurs gegenüber dem Euro vor ihrem Beitritt zum Eurosystem zu steuern. Die beträchtlichen Unterschiede in der Zusammensetzung der Bilanzen der nationalen Zentralbanken, die in manchen Fällen noch einige Jahre nach Beitritt des Landes zum Euroraum bestanden, sind auf die unterschiedlichen Ausgangspositionen der nationalen Zentralbanken zurückzuführen.

Was passiert, wenn eine nationale Zentralbank die Obergrenze für ihre Netto-Finanzanlagen überschreitet?

Würde eine nationale Zentralbank die für sie geltende Obergrenze für Netto-Finanzanlagen dauerhaft überschreiten, könnte dies die Durchführung der Geldpolitik beeinträchtigen. Die EZB überprüft daher jedes Jahr, ob die nationalen Zentralbanken die ANFA-Bestimmungen einhalten. Der EZB-Rat kann den nationalen Zentralbanken gegebenenfalls die Durchführung von nicht geldpolitischen Geschäften untersagen, diese einschränken oder begrenzen, wenn sie nicht mit den Zielen und Aufgaben des ESZB, einschließlich der Geldpolitik des Eurosystems, vereinbar sind (siehe Artikel 14.4 der Satzung des ESZB und der EZB). Bislang ist es noch nicht zu einer ungerechtfertigten Abweichung von den Obergrenzen für Netto-Finanzanlagen gekommen.

Eine Abweichung ist beispielsweise gerechtfertigt, wenn sie durch internationale Verpflichtungen gegenüber dem IWF oder durch die Bereitstellung von Notfall-Liquiditätshilfe (Emergency Liquidity Assistance – ELA) an das jeweilige Bankensystem begründet ist (ELA ist Teil der Netto-Finanzanlagen gemäß ANFA-Definition). Tritt dieser Fall ein, muss die nationale Zentralbank ihre Netto-Finanzanlagen schnellstmöglich reduzieren, damit sie die ANFA-Bestimmungen wieder erfüllt. Bei einem Verstoß aufgrund von Verpflichtungen gegenüber dem IWF beträgt die Frist hierfür ein Jahr.

Was passiert, wenn der Gesamtbetrag der Netto-Finanzanlagen aller nationalen Zentralbanken unter dem errechneten Höchstbetrag liegt?

Wenn die Netto-Finanzanlagen unter dem errechneten Höchstbetrag bleiben, ist dies in der Regel unproblematisch. Und dies ist normalerweise auch der Fall. Die Netto-Finanzanlagen sind seit 2014 rückläufig, während sich die Zahl der umlaufenden Banknoten stetig erhöht. Der durch den Banknotenumlauf bedingte euroraumweite Liquiditätsbedarf ist also höher als die liquiditätszuführende Wirkung der Netto-Finanzanlagen des Eurosystems. Der Liquiditätsbedarf wird nun aber mithilfe geldpolitischer Instrumente gedeckt, und zwar entweder durch reguläre Refinanzierungsgeschäfte oder strukturelle Operationen des Eurosystems wie geldpolitische Outright-Käufe oder strukturelle befristete Transaktionen.

Was passiert, wenn der Gesamtbetrag der Netto-Finanzanlagen aller nationalen Zentralbanken den errechneten Höchstbetrag übersteigt?

Dieser Fall ist noch nie eingetreten und er ist auch sehr unwahrscheinlich. Das ANFA ist von den nationalen Zentralbanken und der EZB einstimmig verabschiedet worden. Das bedeutet, dass sich alle Parteien zur Einhaltung dieser Vereinbarung verpflichtet haben. Das Risiko, dass der Gesamtbetrag der Netto-Finanzanlagen zu hoch ist, wird außerdem dadurch weiter reduziert, dass die Obergrenzen für die Netto-Finanzanlagen auf vorsichtigen Annahmen basieren. Selbst wenn die Netto-Finanzanlagen also den Höchstbetrag überschreiten würden und die geldpolitischen Geschäfte folglich weniger umfangreich wären als zunächst vorgesehen, bliebe die erwünschte strukturelle Liquiditätsposition wahrscheinlich bestehen. Die geldpolitischen Geschäfte könnten dadurch zwar in solch einem Fall geringer ausfallen, als es zur wirksamen Durchführung der Geldpolitik wünschenswert wäre. Auf kurze Sicht wäre die Lage aber nicht akut, und die EZB würde Korrekturmaßnahmen ergreifen. Sollten Korrekturmaßnahmen erforderlich sein, so steht dem EZB-Rat ein vielfältiges Instrumentarium zur Verfügung, um geldpolitische Geschäfte in ausreichendem Volumen sicherzustellen. Was etwa das Volumen der Refinanzierungsgeschäfte betrifft, kann der EZB-Rat auf liquiditätsabschöpfende Geschäfte zurückgreifen oder das Mindestreserve-Soll erhöhen.

Was passiert, wenn sich weitere Faktoren – wie beispielsweise der Banknotenumlauf – anders entwickeln als erwartet?

Die turnusmäßige Kalibrierung des ANFA basiert auf vorsichtigen Annahmen. Die Obergrenzen für die Netto-Finanzanlagen enthalten folglich einen ausreichend großen Puffer für unvorhergesehene Entwicklungen. So wird beispielsweise bei der Kalibrierung der Obergrenzen davon ausgegangen, dass der Banknotenumlauf dem im dritten Quartal des laufenden Jahres beobachteten Durchschnitt entsprechen wird.

Unter welchen Umständen könnten Netto-Finanzanlagen die Geldpolitik beeinträchtigen?

Das ANFA wurde verabschiedet, um zu verhindern, dass die Netto-Finanzanlagen die Geldpolitik beeinträchtigen. Würden die Netto-Finanzanlagen den insgesamt festgelegten Höchstbetrag dennoch übersteigen, könnte dies bedeuten, dass das Volumen der geldpolitischen Geschäfte für eine wirksame Umsetzung der Geldpolitik nicht mehr ausreicht.

Neben der Höhe der Netto-Finanzanlagen ist auch ihre Zusammensetzung von Bedeutung. Wenn sich beispielsweise einzelne geldpolitische Geschäfte und nicht geldpolitische Geschäfte aufheben (z. B. einerseits der Erwerb eines Wertpapiers und andererseits der Verkauf desselben Wertpapiers), können davon widersprüchliche Signale über die geldpolitischen Absichten des Eurosystems ausgehen, oder die Wirksamkeit der Geldpolitik kann sich verringern. Ein weiteres Beispiel sind Fremdwährungsgeschäfte der Zentralbanken, die sich auf die Wechselkurse auswirken oder als Devisenmarktinterventionen fehlinterpretiert werden können.

Damit die Geldpolitik von diesen Ereignissen nicht beeinträchtigt wird, hat die EZB Maßnahmen verabschiedet, die das ANFA flankieren, darunter die Leitlinie der EZB über Inlandsgeschäfte zur Verwaltung von Aktiva und Passiva durch die nationalen Zentralbanken (Neufassung) (EZB/2019/7) und der Beschluss der EZB über ein Programm zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten (EZB/2015/10) (in der geltenden Fassung). Während die Leitlinie beispielsweise die Nettoeffekte der Geschäfte von nationalen Zentralbanken auf die Liquidität beschränkt, setzt der Beschluss unter anderem eine Obergrenze für den Bestand eines spezifischen Wertpapiers, das für einen Ankauf im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors zugelassen ist, in allen Portfolios der Zentralbanken des Eurosystems fest.

Wie wird sichergestellt, dass Anlagegeschäfte die geldpolitische Ausrichtung nicht beeinflussen?

Das ANFA gibt eine Obergrenze für die Netto-Finanzanlagen der nationalen Zentralbanken vor. Dies begrenzt gleichzeitig den Liquiditätseffekt der nicht geldpolitischen Geschäfte der nationalen Zentralbanken. Zudem treten die nationalen Zentralbanken und die EZB bei nicht geldpolitischen Geschäften als institutionelle Anleger auf. Nationale Zentralbanken lassen sich bei ihren Käufen für nicht zu geldpolitischen Zwecken gehaltene Portfolios von ähnlichen Kriterien leiten wie andere institutionelle Anleger und treffen ihre Entscheidungen losgelöst von der Geldpolitik. Zudem müssen sie sich an die Regeln des ANFA und der anderen maßgeblichen Leitlinien halten.

Die nationalen Zentralbanken informieren die EZB regelmäßig über a) ihre nicht geldpolitischen Geschäfte, von denen einige der vorherigen Genehmigung durch die EZB bedürfen, b) ihre Aktiva und Passiva sowie c) ihre erwarteten und tatsächlichen Netto-Finanzanlagen. Die EZB kann Korrekturmaßnahmen ergreifen, wenn die gemeldeten nicht geldpolitischen Geschäfte mit der geldpolitischen Ausrichtung nicht vereinbar sind. Schließlich kann der EZB-Rat spezifische Maßnahmen verabschieden, die für die nationalen Zentralbanken verbindlich sind.

Warum werden die nicht geldpolitischen Aktiva und Passiva der nationalen Zentralbanken geheim gehalten?

Die Offenlegung der nicht geldpolitischen Aktiva und Passiva der nationalen Zentralbanken erfolgt in Übereinstimmung mit nationalen und europäischen Vorschriften. Die nationalen Zentralbanken entscheiden im Einklang mit diesen Vorschriften, ob sie Informationen zu ihren nicht geldpolitischen Aktiva und Passiva, wie unter anderem die Zusammensetzung ihrer nicht geldpolitischen Portfolios, veröffentlichen.

Die meisten nationalen Zentralbanken veröffentlichen weitere Einzelheiten in ihren Jahresberichten oder in anderen Publikationen und auf ihren Websites, wo sie beispielsweise ihre Forderungen aufgeschlüsselt nach Schuldtiteln des öffentlichen und privaten Sektors ausweisen. So wie andere Anleger auch veröffentlichen die nationalen Zentralbanken keine Informationen, aus denen sich ein künftiges Anlageverhalten ableiten ließe.

Das Eurosystem hat nicht den Auftrag, die Zusammensetzung der nicht geldpolitischen Aktiva und Passiva der nationalen Zentralbanken offenzulegen.

Wie wird verhindert, dass die nicht geldpolitischen Portfolios missbräuchlich für die verbotene monetäre Finanzierung eingesetzt werden?

Die EZB ist dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass das Verbot der monetären Finanzierung durch die Zentralbanken des ESZB eingehalten wird, wie im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und in der Satzung des ESZB und der EZB vorgesehen. Das ANFA bezieht sich hingegen ausschließlich auf die zur Umsetzung der Geldpolitik erwünschte strukturelle Liquiditätsposition und bestimmt in diesem Sinne das Volumen der Netto-Finanzanlagen. Es befasst sich weder mit der Zusammensetzung von nicht geldpolitischen Aktiva und Passiva noch mit der Frage, wie diese erworben werden.

Damit die EZB die Einhaltung des Verbots der monetären Finanzierung überwachen kann, müssen die nationale Zentralbanken des ESZB sie über ihre Anlagegeschäfte informieren. Die EZB stellt sicher, dass keine Finanzierung von Staaten durch nationale Zentralbanken über den Ankauf von Schuldtiteln der öffentlichen Hand am Primärmarkt erfolgt. Zudem überwacht sie die Ankäufe am Sekundärmarkt. Die Ergebnisse dieser Kontrollen und Prüfungen werden im Jahresbericht der EZB veröffentlicht.

Was passiert bei einem Verstoß gegen das Verbot der monetären Finanzierung?

Hier greift nicht das ANFA, sondern es kommen Artikel 123 und 124 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zur Anwendung (also europäisches Primärrecht). Der EZB-Rat hat Regeln für das Anlagegeschäft der nationalen Zentralbanken festgelegt, damit dieses nicht dem Verbot der monetären Finanzierung zuwiderläuft. Der Erwerb von Schuldtiteln der öffentlichen Hand am Primärmarkt ist verboten, und die nationalen Zentralbanken müssen Meldungen über ihre Geschäfte am Sekundärmarkt abgeben. Die EZB überwacht die Einhaltung des Verbots der monetären Finanzierung und veröffentlicht die entsprechenden Ergebnisse in ihrem Jahresbericht.

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