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PRESSEKONFERENZ

Mario Draghi, Präsident der EZB,
Vítor Constâncio, Vizepräsident der EZB,
Frankfurt am Main, 7. September 2017

EINLEITENDE BEMERKUNGEN

Sehr geehrte Damen und Herren, der Vizepräsident und ich freuen uns sehr, Sie zu unserer Pressekonferenz begrüßen zu dürfen. Wir werden Sie nun über die Ergebnisse der heutigen Sitzung des EZB-Rats informieren.

Auf der Grundlage unserer regelmäßigen wirtschaftlichen und monetären Analyse haben wir beschlossen, die Leitzinsen der EZB unverändert zu lassen. Wir gehen davon aus, dass sie für längere Zeit und weit über den Zeithorizont unseres Nettoerwerbs von Vermögenswerten hinaus auf ihrem aktuellen Niveau bleiben werden. Was die geldpolitischen Sondermaßnahmen betrifft, so bestätigen wir, dass der Nettoerwerb von Vermögenswerten, im derzeitigen Umfang von monatlich 60 Mrd €, bis Ende Dezember 2017 oder erforderlichenfalls darüber hinaus erfolgen soll und in jedem Fall so lange, bis der EZB-Rat eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung erkennt, die mit seinem Inflationsziel im Einklang steht. Der Nettoerwerb von Vermögenswerten wird parallel zur Reinvestition der Tilgungszahlungen für im Rahmen des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten erworbene und fällig werdende Wertpapiere durchgeführt.

Die aktuellen Daten, einschließlich der neuen, von Experten der EZB erstellten Projektionen, bestätigen weitgehend unveränderte mittelfristige Aussichten für das Wirtschaftswachstum und die Inflation im Euroraum. Der Konjunkturaufschwung, der sich in der ersten Jahreshälfte 2017 stärker beschleunigte als erwartet, ist weiterhin solide und über die Länder und Sektoren hinweg breit angelegt. Gleichzeitig sind die jüngsten Wechselkursschwankungen ein Unsicherheitsfaktor, den es wegen seiner möglichen Auswirkungen auf die mittelfristigen Aussichten für die Preisstabilität zu beobachten gilt.

Der anhaltende Konjunkturaufschwung stimmt zwar zuversichtlich, dass sich die Preissteigerungsrate allmählich in Richtung eines Niveaus entwickeln wird, das mit unserem Inflationsziel im Einklang steht, allerdings muss er sich noch ausreichend in einer stärkeren Inflationsdynamik niederschlagen. Die Messgrößen der Kerninflation zogen in den vergangenen Monaten leicht an, befinden sich aber insgesamt nach wie vor auf niedrigem Niveau. Es bedarf daher weiterhin eines sehr erheblichen Grads an geldpolitischer Akkommodierung, damit sich allmählich Druck auf die Kerninflation aufbaut und die Entwicklung der Gesamtinflation auf mittlere Sicht gestützt wird. Sollte sich der Ausblick eintrüben oder sollten die Finanzierungsbedingungen nicht mehr mit einem weiteren Fortschritt hin zu einer nachhaltigen Korrektur der Inflationsentwicklung im Einklang stehen, so sind wir bereit, das Programm zum Ankauf von Vermögenswerten im Hinblick auf Umfang und/oder Dauer auszuweiten. Im Herbst werden wir über die Kalibrierung unserer geldpolitischen Instrumente über das Jahresende hinaus entscheiden und dabei die erwartete Inflationsentwicklung und die finanziellen Bedingungen berücksichtigen, die für eine nachhaltige Rückkehr der Inflationsraten auf ein Niveau von unter, aber nahe 2 % erforderlich sind.

Gestatten Sie mir nun, unsere Einschätzung näher zu erläutern und dabei mit der wirtschaftlichen Analyse zu beginnen. Das reale BIP des Euro-Währungsgebiets legte im zweiten Jahresviertel 2017 um 0,6 % gegenüber dem Vorquartal zu, verglichen mit 0,5 % im ersten Jahresviertel. Umfrageergebnisse deuten für die nächste Zeit weiterhin auf ein breit angelegtes Wachstum hin. Unsere geldpolitischen Maßnahmen unterstützen die Binnennachfrage und haben den Prozess des Verschuldungsabbaus erleichtert. Die privaten Konsumausgaben werden durch den Beschäftigungszuwachs, der auch durch vorangegangene Arbeitsmarktreformen begünstigt wird, und durch die Zunahme des Vermögens der privaten Haushalte gestützt. Die Erholung der Investitionstätigkeit profitiert nach wie vor von sehr günstigen Finanzierungsbedingungen und einer Verbesserung der Ertragslage der Unternehmen. Darüber hinaus wird die breit angelegte weltweite Erholung die Ausfuhren des Euroraums stützen.

Diese Einschätzung deckt sich weitgehend mit den von Experten der EZB erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen für das Euro-Währungsgebiet vom September 2017. Das jährliche reale BIP wird den Projektionen zufolge 2017 um 2,2 %, 2018 um 1,8 % und 2019 um 1,7 % steigen. Im Vergleich zu den von Experten des Eurosystems erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen vom Juni 2017 wurden die Aussichten für das Wachstum des realen BIP für 2017 aufgrund der zuletzt stärkeren Wachstumsdynamik nach oben korrigiert und bleiben für den restlichen Zeitraum weitgehend unverändert.

Die Risiken für die Wachstumsaussichten des Eurogebiets bleiben weitgehend ausgewogen. Einerseits erhöht sich durch die derzeitige positive Konjunkturdynamik die Wahrscheinlichkeit, dass der Aufschwung stärker als erwartet ausfällt. Andererseits bestehen nach wie vor Abwärtsrisiken, die sich hauptsächlich aus globalen Faktoren und der Entwicklung an den Devisenmärkten ergeben.

Die jährliche am HVPI gemessene Teuerungsrate für das Euro-Währungsgebiet belief sich im August auf 1,5 %. Ausgehend von den aktuellen Terminpreisen für Öl dürften die Vorjahrsraten der Gesamtinflation gegen Jahresende vorübergehend sinken, was vor allem Basiseffekten bei den Energiepreisen zuzuschreiben ist. Gleichzeitig zogen die Messgrößen der Kerninflation in den vergangenen Monaten leicht an, allerdings sind bislang noch keine überzeugenden Anzeichen für einen dauerhaften Aufwärtstrend zu erkennen. Der binnenwirtschaftliche Kostendruck, vor allem am Arbeitsmarkt, ist weiterhin verhalten. Die Kerninflation im Euroraum, getragen von unseren geldpolitischen Maßnahmen, dem anhaltenden Konjunkturaufschwung, der damit verbundenen allmählichen Absorption der wirtschaftlichen Unterauslastung und steigenden Löhnen, dürfte mittelfristig allmählich zunehmen.

Diese Einschätzung deckt sich auch weitgehend mit den von Experten der EZB erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen für das Euro-Währungsgebiet vom September 2017. Den dort enthaltenen Berechnungen zufolge wird sich die jährliche HVPI-Inflation 2017 auf 1,5 %, 2018 auf 1,2 % und 2019 auf 1,5 % belaufen. Gegenüber den von Experten des Eurosystems erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen vom Juni 2017 wurden die Aussichten für die HVPI-Inflation leicht nach unten korrigiert, worin sich in erster Linie der jüngste Anstieg des Euro-Wechselkurses widerspiegelt.

Was die monetäre Analyse betrifft, so setzt sich das robuste Wachstum der weit gefassten Geldmenge (M3) trotz einer gewissen Volatilität im Monatsverlauf fort; die Jahreswachstumsrate lag im Juli 2017 bei 4,5 % nach 5,0 % im Juni. Wie bereits in den Vormonaten wurde der jährliche Zuwachs von M3 hauptsächlich durch die liquidesten Komponenten der weit gefassten Geldmenge gestützt; so belief sich die Jahreswachstumsrate des eng gefassten Geldmengenaggregats M1 im Juli 2017 auf 9,1 % nach 9,7 % im Juni.

Die seit Anfang 2014 verzeichnete Erholung der Kreditvergabe an den privaten Sektor setzt sich fort. Die jährliche Wachstumsrate der Buchkredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften lag im Juli 2017 bei 2,4 %, verglichen mit 2,0 % im Juni, während die Jahreswachstumsrate der Buchkredite an private Haushalte mit 2,6 % stabil blieb. Die seit Juni 2014 ergriffenen geldpolitischen Maßnahmen wirken sich nach wie vor deutlich positiv auf die Kreditbedingungen für Unternehmen und private Haushalte, auf den Zugang insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen zu Finanzmitteln und auf die Kreditströme im gesamten Euroraum aus.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Gegenprüfung der Ergebnisse der wirtschaftlichen Analyse anhand der Signale aus der monetären Analyse die Notwendigkeit bestätigte, einen sehr erheblichen Grad an geldpolitischer Akkommodierung beizubehalten, um eine nachhaltige Rückkehr der Inflationsraten auf ein Niveau von unter, aber nahe 2 % sicherzustellen.

Andere Politikbereiche müssen entschlossen dazu beitragen, das längerfristige Wachstumspotenzial zu stärken und Schwachstellen abzubauen, damit unsere geldpolitischen Maßnahmen ihre volle Wirkung entfalten können. Die Umsetzung von Strukturreformen muss deutlich intensiviert werden, um die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen, die strukturelle Arbeitslosigkeit zu verringern und das Wachstum des Produktionspotenzials und der Produktivität im Euroraum zu steigern. Was die Finanzpolitik betrifft, so würden alle Länder von einer Verstärkung der Anstrengungen im Hinblick auf eine wachstumsfreundlichere Ausgestaltung der öffentlichen Finanzen profitieren. Eine im Zeitverlauf und länderübergreifend vollständige, transparente und einheitliche Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie des Verfahrens bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht bleibt unerlässlich, um die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft im Eurogebiet zu stärken. Die Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion hat weiterhin Priorität. Der EZB-Rat begrüßt die anhaltende Diskussion über eine weitere Verbesserung der institutionellen Architektur der Wirtschafts- und Währungsunion.

Wir sind nun gerne bereit, Ihre Fragen zu beantworten.

Der Wortlaut, auf den sich der EZB-Rat verständigt hat, ist der englischen Originalfassung zu entnehmen.

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