European Central Bank - eurosystem
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1 Einführung

Anfang 2020 begann die Europäische Zentralbank (EZB) mit einer Überprüfung ihrer geldpolitischen Strategie. Diese Überprüfung soll sicherstellen, dass die Geldpolitik der EZB in Anbetracht der globalen Trends und der Entwicklungen in den 17 Jahren seit der ursprünglichen Festlegung der Strategie geeignet ist. Angesichts der Bedeutung der Geldpolitik in der heutigen Welt lautet dabei die zentrale Frage: Wie kann die EZB ihr Mandat, also die Gewährleistung stabiler Preise für die Menschen im Euroraum, auch in Zukunft bestmöglich erfüllen? Entscheidend für die Wirksamkeit der Geldpolitik ist es, die Erwartungen und Ansichten, das Maß an Vertrauen sowie die Unsicherheiten, Hoffnungen und Sorgen der Menschen und der Unternehmen zu verstehen. Deshalb wurden die Bürgerinnen und Bürger in Europa dazu aufgerufen, ihre Ansichten zu den Themen Preisstabilität, Wirtschaftsentwicklung, globale Herausforderungen und Kommunikationspolitik mit der EZB und den nationalen Zentralbanken (NZBen) des Euroraums zu teilen. Um ein möglichst breites Meinungsbild zu erhalten, lag der Fokus in der Anfangsphase auf dem Zuhören und der Reflexion. Zwei Ziele standen dabei im Vordergrund: Zum einen sollte die Überprüfung durch vielfältige Standpunkte bereichert und mit einer breiten Datenbasis unterlegt werden, zum anderen bot dieses Vorgehen die Möglichkeit, mit der breiten Öffentlichkeit in einen strukturierten Dialog zu treten. Der vorliegende Zwischenbericht enthält eine Zusammenfassung der Beiträge aus der europäischen Öffentlichkeit, die in dieser Anfangsphase über verschiedene Kanäle eingingen: eine Veranstaltung für zivilgesellschaftliche Organisationen auf europäischer Ebene im Oktober 2020 (Veranstaltung „Die EZB hört zu“), eine öffentliche Online-Umfrage von Februar bis Oktober 2020 (Portal „Die EZB hört zu“) und mehrere Veranstaltungen auf nationaler Ebene, die von nationalen Zentralbanken des Euroraums im Zeitraum zwischen Oktober und Dezember 2020 ausgerichtet wurden (Veranstaltungen der NZBen)[1]. Es sei darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse qualitativer Art und nicht unbedingt repräsentativ sind.

2 Wichtigste Ergebnisse

2.1 Hintergrund

Im Rahmen der Initiative „Die EZB hört zu“ wurden Meinungen eingeholt und vier Hauptthemen erörtert: Preisstabilität, Wirtschaftsentwicklung, globale Herausforderungen und Kommunikationspolitik. Die Menschen beantworteten Fragen und erläuterten, welchen Beitrag eine Zentralbank ihrer Meinung nach zur Bewältigung allgemeiner gesellschaftspolitischer Herausforderungen leisten sollte. Systemische Fragen, die die Arbeit einer Zentralbank beeinflussen, wurden in allen Foren am häufigsten angesprochen. Dabei ging es beispielsweise um die langfristigen Folgen der Coronavirus-Pandemie auf die Wirtschaft, die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Beschäftigung, die Kosten des Klimawandels sowie mögliche Wirtschafts- und Finanzkrisen in der Zukunft.

2.2 Preisstabilität, Inflation und Deflation in der Wahrnehmung der Menschen

Viele Menschen assoziierten eine Veränderung des allgemeinen Preisniveaus mit negativen Auswirkungen auf ihr tägliches Leben. Als Beispiel nannten sie vor allem eine sinkende Kaufkraft und einen Wertverlust der Ersparnisse. Eine übermäßige Inflation war zwar nicht die größte Sorge, es herrschte aber allgemein die Auffassung, dass die Preise unverhältnismäßig gestiegen seien. Gestärkt wurden sie in dieser Wahrnehmung durch die ihrer Ansicht nach steigenden Kosten für Mieten, Immobiliendarlehen und Lebensmittel. Im Rahmen der Initiative wurde deutlich, dass sich die Wohnkosten erheblich auf die subjektive Inflationswahrnehmung auswirken. Viele drängten bei dieser Gelegenheit darauf, dass die EZB Wohnkosten (einschließlich selbst genutztes Wohneigentum) bei der Inflationsmessung in größerem Umfang berücksichtigt. Andere warnten jedoch davor, Vermögenswerte wie Immobilien in den Waren- und Dienstleistungskorb einzubeziehen.

In diesem Zusammenhang stellten einige auch das Ziel der EZB infrage, die Inflationsrate auf mittlere Sicht „unter, aber nahe 2 %“ zu halten. Sie überlegten, ob das Inflationsziel der EZB nicht eher nahe 0 % liegen sollte, damit der Euro seine Kaufkraft auch in Zukunft behält, oder weil sie die kontinuierlich unter der Zielmarke liegende Inflation als Beleg für unzureichende geldpolitische Maßnahmen ansahen. Einige kritisierten auch das anhaltend niedrige Zinsniveau, das ihrer Ansicht nach für die übermäßige staatliche Kreditaufnahme und untragbare Schuldenstände verantwortlich ist. Mit dieser Kritik ging die Sorge um sinkende Erträge auf Spareinlagen einher, die als eine Folge der Geldpolitik erachtet werden.

Es gab jedoch auch Stimmen, die sich für die Definition der EZB von Preisstabilität aussprachen und die damit zusammenhängenden geldpolitischen Maßnahmen befürworteten. Diese Teilnehmer verwiesen auf diverse andere Faktoren, die die Wirksamkeit der geldpolitischen Maßnahmen beeinträchtigten, und forderten, dass andere Politikbereiche die Geldpolitik unterstützen sollten.

2.3 Wirtschaftslage und die Auswirkungen globaler Trends

Viele waren der Meinung, dass sich die Wirtschaftslage insgesamt in den letzten zehn Jahren verschlechtert hat. Als Hauptursachen wurden die Instabilität unseres Wirtschaftsmodells, zunehmende globale Herausforderungen und die erhöhte Unsicherheit genannt. Gleichermaßen besorgt äußerten sich die Menschen über die Zukunft. Die Aussichten für eigenes wirtschaftliches Wohlergehen und das der Gesellschaft sind ihrer Ansicht nach eher trübe – wobei diese pessimistische Sichtweise teilweise auf das allgemeine Umfeld zurückzuführen sein könnte.

So zählten die langfristigen wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie (Covid-19) zu den am häufigsten genannten Sorgen. Damit einher gingen Befürchtungen über ein schwächeres Wirtschaftswachstum, eine höhere Staatsverschuldung, einen Rückgang der Nachfrage, steigende Arbeitslosigkeit und Arbeitsplatzunsicherheit. Vor allem jüngere Menschen sorgten sich um eine Verschlechterung der Beschäftigungsbedingungen und geringere Chancen auf eine angemessene Beschäftigung, verbunden mit der Angst vor drohenden Wirtschafts- und Finanzkrisen. In diesem Zusammenhang befürworteten viele die Maßnahmen der EZB zur Unterstützung der europäischen Wirtschaft während der Pandemie und betonten deren Bedeutung und Notwendigkeit während der konjunkturellen Erholung.

Als ein weiterer Grund für wirtschaftliche Belastungen wurde angeführt, dass sich die Löhne und Renten in Zukunft weiter verschlechtern könnten. Zurückzuführen war dies auf die Wahrnehmung, dass diese Einkommensformen mit dem allgemeinen Preisanstieg nicht Schritt hielten, was zu einem Kaufkraftverlust führt. Viele befürchteten, sich in Zukunft weniger leisten zu können. Andere äußerten Bedenken, dass die Ankäufe von Vermögenswerten durch die EZB zur Bildung von Vermögenspreisblasen führen könnten.

Wirtschaftliche Sorgen bereiteten vielen auch die wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels. Die Menschen gaben an, dass sie die Folgen des Klimawandels bereits im Alltag zu spüren bekämen und für die Zukunft mit einem Anstieg der Kosten für den Umweltschutz rechneten. Sie gingen davon aus, dass weitere Kosten anfallen. Zum einen, da sich der Klimawandel immer stärker auf die Wirtschaft und den Finanzsektor auswirke, und zum anderen wegen des Übergangs zu nachhaltigeren Wirtschaftsmodellen und aufgrund umwelterhaltender Maßnahmen.

Einige hoben die unklaren Auswirkungen der Digitalisierung auf die Wirtschaft hervor und warfen die Frage auf, ob die Europäische Union für die digitale Wirtschaft angemessen gerüstet sei. Zu den drängenden Themen zählten die Regulierung künstlicher Intelligenz, Investitionen in Technologien, Verteilung des durch technische Fortschritte erzielten wirtschaftlichen Gewinns und die disruptiven Effekte von Fintech-Unternehmen auf den Arbeitsmarkt.

2.4 Die Aufgabe der EZB bei der Bewältigung drängender Herausforderungen

Lebhaft diskutiert wurde die Frage, ob das Mandat der EZB erweitert werden sollte und ob im Rahmen ihres nachrangigen Ziels, die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Europäischen Union zu unterstützen[2], der Umfang ihrer geldpolitischen Maßnahmen ausgeweitet werden sollte.

Nichtregierungsorganisationen, Klimaschutzorganisationen, Verbraucherschutzgruppen, Jugendvertreter, Think Tanks sowie Bürgerinnen und Bürger forderten die EZB auf, umfassendere gesellschaftliche und wirtschaftliche Themen wie die Förderung von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung sowie den Umweltschutz stärker in den Blick zu nehmen. Die konkreten Vorschläge fielen unterschiedlich aus, je nachdem, welche Zentralbankrolle für angemessen empfunden wurde: Einige gaben an, die EZB solle den wirtschaftlichen Zusammenhalt zwischen den Ländern des Euroraums stärken. Andere äußerten den Wunsch, dass die EZB den Grundsatz der Marktneutralität aufgeben und sich verpflichten solle, nur grüne Anleihen zu erwerben, um so den europäischen Grünen Deal zu unterstützen. Wieder andere forderten die EZB auf, einen Weg zu finden, wie sie die Menschen mit ihren Maßnahmen direkt erreichen kann, anstatt über Banken und Finanzinstitute Einfluss zu nehmen.

Allerdings waren nicht alle der Meinung, dass die Aufgaben und Instrumente der EZB weiter ausgebaut werden sollten. Die seit der Finanzkrise 2008 ergriffenen Sondermaßnahmen wurden stark kritisiert. Einige waren der Ansicht, dass die EZB damit ihr Mandat überschreite. Viele warnten deshalb davor, das Mandat der EZB um zusätzliche Aufgaben zu erweitern.

Andere wiederum stellten infrage, ob die geldpolitischen Beschlüsse der EZB generell wirksam und richtig seien. Sie interpretierten die Unabhängigkeit einer Zentralbank auch als eine Verpflichtung, ein enges Mandat zur Wahrung der Preisstabilität zu behalten und sich aus Themen herauszuhalten, die als der Verantwortungsbereich anderer Entscheidungsträger wahrgenommen wurden.

2.5 Kommunikationspolitik der Zentralbanken

Die Veranstaltungen haben einmal mehr gezeigt, dass die Zentralbanken eine verständliche Sprache und nachvollziehbare Beispiele verwenden müssen, um den Bürgerinnen und Bürgern ihre Aufgaben besser zu erklären.

Viele sagten frei heraus, dass sie nicht wüssten, was eine Zentralbank macht. Andere zeigten, dass sie völlig falsche Vorstellungen haben, indem sie Maßnahmen vorschlugen, die außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der EZB liegen – etwa Steuerharmonisierung innerhalb der Europäischen Union oder die Bekämpfung der nationalen Korruption. Darüber hinaus wurden geldpolitische Begriffe wie Preisstabilität, Inflation, Zinssätze und Ankäufe von Vermögenswerten als Themen wahrgenommen, die mit dem Alltag der Menschen nur wenig zu tun hätten. Die Kommunikationspolitik der Zentralbanken sollte sich darauf konzentrieren, die Bedeutung dieser Begriffe für das Wohl der Menschen zu erklären. Dazu gehört auch, komplexe Sachverhalte in einfachen Worten zu erklären und Fachjargon durch verständliche Sprache zu ersetzen.

Für dieses weitverbreitete Unverständnis wurden diverse Gründe genannt, unter anderem das nach eigener Einschätzung unzureichende Finanzwissen. Vorschläge zur Verbesserung umfassten den Einsatz sozialer Medien, um die Komplexität geldpolitischer Themen zu verringern, sowie regelmäßige Veranstaltungen mit verschiedenen Interessenträgern. Außerdem wurde angeregt, nach der Pressekonferenz zu den geldpolitischen Beschlüssen in einem Erklärvideo zu erläutern, welche Auswirkungen die Beschlüsse auf die breite Öffentlichkeit haben.

Zum Thema Rechenschafts- und Transparenzpflicht der EZB gaben einige zu verstehen, dass eine ausführlichere Berichterstattung über die Sitzungen des EZB-Rats dazu beitragen könnte, den Entscheidungsprozess der EZB besser begreiflich zu machen. Andere schlugen vor, einen tieferen Einblick in die Terminkalender der Direktoriumsmitglieder zu gewähren, beispielsweise indem der Zeitaufwand für Treffen mit Vertretern des Finanzsektors dargelegt und dem für Vertreter anderer Sektoren gegenübergestellt wird.

Es gab jedoch auch Stimmen, die vor dem Ansatz „mehr ist besser“ warnten und auf die Informationsüberflutung durch die Zentralbanken hinwiesen. Sie schlugen vor, das Kommunikationsaufkommen zu reduzieren (z. B. Reden der Direktoriumsmitglieder), und nannten stattdessen einige zentrale Themen, die über alle Kanäle hinweg konsistent kommuniziert werden sollten. Andere betonten, dass es Aufgabe der Medien sei, komplexe geldpolitische Zusammenhänge der Öffentlichkeit zu vermitteln, und forderten engere Beziehungen zu Journalisten.

2.6 Feedback und nächste Schritte

Die Veranstaltungen lieferten nicht nur wertvolle Informationen für die Strategieüberprüfung, sie boten auch die Gelegenheit, mit der breiten Öffentlichkeit in einen Austausch zu treten. Daher wurde dieser Ansatz allgemein positiv aufgenommen. Die Menschen begrüßten die Möglichkeit, ihre Ansichten, Anliegen und Sorgen gegenüber der EZB offen und in eigenen Worten zum Ausdruck zu bringen. Positiv hervorgehoben und auch für die Zukunft befürwortet wurde die Möglichkeit des Austauschs über umfassende gesellschaftliche Themen wie Kultur, Bildung, Familie und Beschäftigung jenseits der üblichen Expertengremien.

Die Bürgerinnen und Bürger erwarten also eindeutig, dass diese Veranstaltung keine einmalige Konsultation, sondern den Beginn eines regelmäßigen Dialogs darstellt. Gleichzeitig brachten sie zum Ausdruck, dass sie sehr daran interessiert sind zu erfahren, wie die einzelnen Elemente der Veranstaltung in die Konsultationen zur Strategieüberprüfung eingeflossen sind was dabei herausgekommen ist.

3 Fazit

Die Initiative für den Meinungsaustausch mit der breiten Öffentlichkeit lieferte eine Fülle an Erkenntnissen über Themen, die für die Strategieüberprüfung von Bedeutung sind. Zu den am meisten diskutierten Themen zählten die Wohnkosten, Arbeitsplatzunsicherheit, Ungleichheit und die Folgen des Klimawandels. Darüber hinaus half die Veranstaltung dem Eurosystem dabei, mit Bürgerinnen und Bürgern in einen umfassenden Dialog zu treten, neue Zielgruppen zu erreichen und neue Beziehungen aufzubauen, die die Grundlage für die künftige Konsultation und Kommunikation bilden. Von der EZB wird eindeutig erwartet, dass sie der breiten Öffentlichkeit und der Zivilgesellschaft auch weiterhin zuhört und mit ihr im Austausch bleibt - auch über die Strategieüberprüfung hinaus. Außerdem wird von ihr erwartet, dass sie geldpolitische Beschlüsse verständlicher macht, indem sie diese in einfachen Worten und anhand von nachvollziehbaren Beispielen erläutert.

Anhang:
Zusammenfassungen der Ergebnisse aus dem Portal „Die EZB hört zu“, der Veranstaltung „Die EZB hört zu“ und der Veranstaltungen der NZBen

Zusammenfassung – Portal „Die EZB hört zu“

Die EZB hat den Bürgerinnen und Bürgern Gehör geschenkt und ihnen die Möglichkeit geboten, von Februar bis Oktober 2020 in einem Online-Fragebogen ihre Ansichten und Anliegen mitzuteilen. Die rund 4 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beantworteten Fragen zu vier Themen, die für die Überprüfung der geldpolitischen Strategie relevant sind: 1) Preisstabilität, 2) Wirtschaftsentwicklung, 3) globale Herausforderungen und 4) Kommunikationspolitik der Zentralbanken.

  1. Eine überwältigende Mehrheit gab an, dass sie bei höheren Preisen mit negativen Auswirkungen auf verschiedene Aspekte ihres Lebens rechne. Vor allem assoziierten die Menschen steigende Preise mit einer geringeren Kaufkraft angesichts der aus ihrer Sicht stagnierenden Löhnen und Renten. Bei steigenden Preisen müssten die Menschen tiefer in die Tasche greifen, um beispielsweise eine Wohnimmobilie zu erwerben oder zu mieten und Lebensmittel zu kaufen. Dies deckte sich mit der allgemeinen Feststellung, dass infolge höherer Preise die Wohnkosten steigen und die Menschen nicht mehr so viel sparen können.
  2. Viele hatten das Gefühl, dass sich ihre persönlichen wirtschaftlichen Bedingungen in den letzten zehn Jahren verschlechtert haben. Erhebliche Befürchtungen für die Zukunft betrafen die allgemeine Wirtschaftslage, Ungleichheit und insbesondere Arbeitslosigkeit und Arbeitsplatzunsicherheit. Die negativen Folgen des Klimawandels auf die Wirtschaft wurden häufig als Hauptsorge genannt.
  3. Die Meinungen darüber, ob die EZB bei geldpolitischen Entscheidungen andere Aspekte berücksichtigen sollte, gingen weit auseinander. Viele vertraten die Ansicht, dass die EZB bei der Förderung von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung, der Bekämpfung von Ungleichheit und beim Klimaschutz eine wichtigere Rolle spielen sollte. Eine deutliche Minderheit war jedoch der Auffassung, dass die EZB ein enges Mandat zur Wahrung der Preisstabilität behalten und sich aus Themen heraushalten soll, die als der Verantwortungsbereich anderer Entscheidungsträger wahrgenommen wurden.
  4. Während ein beträchtlicher Teil der Befragten angab, gut über die EZB informiert zu sein, fühlten sich viele unzureichend über die Aufgaben und die Politik der EZB informiert. Als Gründe hierfür wurden die schwer verständliche Sprache der Zentralbank, der häufige Gebrauch von Wirtschaftsjargon und der mangelnde Austausch mit der breiten Öffentlichkeit genannt. Deshalb wurde unter anderem vorgeschlagen, die Bedeutung von Preisstabilität und die Beweggründe für bestimmte geldpolitische Beschlüsse in einfachen Worten und anhand von nachvollziehbaren Beispielen zu erläutern. Andere Befragte forderten eine transparentere Kommunikation.

Den vollständigen Bericht finden Sie hier

Zusammenfassung – Veranstaltung „Die EZB hört zu“

Die Veranstaltung „Die EZB hört zu“ für zivilgesellschaftliche Organisationen auf europäischer Ebene fand am 21. Oktober 2020 statt. Die teilnehmenden zivilgesellschaftlichen Organisationen vertraten Gruppen, die sich in folgenden Bereichen engagierten: Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Wohlfahrt, Wirtschaft, Kirche, Kultur und Transparenz. Die zweistündige Online-Veranstaltung bestand aus zwei Sitzungen: Bei der ersten lag der Schwerpunkt auf Geldpolitik und Kommunikation bei der zweiten ging es um globale Herausforderungen.

Die 22 Vertreter der Zivilgesellschaft zeigten ein breites Spektrum an Standpunkten und Erfahrungen zu der Frage, wie die Beschlüsse der EZB die von ihnen vertretenen gesellschaftlichen Gruppen beeinflussten. Im Mittelpunkt der Diskussion standen strukturelle Hindernisse im sozioökonomischen System, der Mangel an erschwinglichem Wohnraum, die Folgen der globalen Pandemie auf Beschäftigung und Wachstum sowie die Gefahren für die Wirtschaft durch den Klimawandel. Bei einer Reihe von Themen gingen die Meinungen auseinander: Während einige die EZB drängten, ihr vorrangiges Mandat zu erweitern, ihre Marktneutralität aufzugeben und die EU-Taxonomie für nachhaltige Investitionen anzuwenden, warnten andere vor derartigen Schritten und nannten mögliche Nebenwirkungen wie übermäßige Staatsverschuldung, Gefährdung der Zentralbankunabhängigkeit und Irreführung durch „Greenwashing“.

Insgesamt begrüßten die Teilnehmer die Gelegenheit zum Meinungsaustausch und betonten, wie wichtig es sei, dass die EZB auch weiterhin den Menschen in Europa zuhört.

Den vollständigen Bericht finden Sie hier

Zusammenfassung – Veranstaltungen der NZBen

Die nationalen Zentralbanken im Euroraum richten eine Reihe von Veranstaltungen aus, um Interessenträgern Gehör zu schenken und auf nationaler Ebene Anregungen für die Strategieüberprüfung einzuholen. Gastgeber dieser Veranstaltungen für lokale zivilgesellschaftliche Organisationen sind in der Regel die Präsidenten der jeweiligen nationalen Zentralbanken. Je nach nationaler Präferenz sind aber auch andere Formate möglich. Bis Ende 2020 hatten in 12 Ländern entsprechende Veranstaltungen bereits stattgefunden, und die Reihe wird bis Ende März 2021 fortgesetzt.

Zentrales Thema war bislang die Definition und Messung der Preisstabilität, insbesondere die Zusammensetzung des Warenkorbs zur Inflationsmessung. Daneben wurden Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen des anhaltend niedrigen Zinsniveaus auf die Wirtschaft geäußert. Angesprochen wurden auch die in vielen Ländern erheblich zugenommene Bedeutung der Wohnkosten und das Problem schwankender Energiepreise. Ein weiteres wichtiges Anliegen der zivilgesellschaftlichen Organisationen in den Ländern des Eurosystems sind die Folgen des Klimawandels. Damit einher ging die Frage, wie die EZB diese in ihrer Strategieüberprüfung berücksichtigen sollte. Neben Aspekten der ökologischen Nachhaltigkeit sollte die EZB nach Ansicht einiger Interessenträger auch die wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit berücksichtigen, soweit dies im Rahmen ihres Mandats möglich ist. Oft standen solche Fragen im Zusammenhang mit den Folgen der Pandemie und den Ankäufen von Vermögenswerten durch die EZB.

Weitere Informationen zu nationalen Veranstaltungen finden Sie in der Übersicht auf der Startseite der Strategieüberprüfung der EZB.

© Europäische Zentralbank, 2021

Postanschrift 60640 Frankfurt am Main, Deutschland
Telefon +49 69 1344 0

Internet www.ecb.europa.eu

Alle Rechte vorbehalten. Die Anfertigung von Kopien für Ausbildungszwecke und nichtkommerzielle Zwecke ist mit Quellenangabe gestattet.

Informationen zur Fachterminologie finden sich im ECB Glossary (nur auf Englisch verfügbar).

  1. Bei der Erstellung dieser Zusammenfassung der Zwischenergebnisse wurden nur die Veranstaltungsberichte der NZBen berücksichtigt, die der EZB bis zum 8. Januar 2021 vorlagen. Dies sind die Berichte der folgenden NZBen: Deutsche Bundesbank, Eesti Pank, Banco de España, Latvijas Banka, Central Bank of Malta, Oesterreichische Nationalbank, Banco de Portugal, Banka Slovenije, Národná banka Slovenska und Suomen Pankki. Für 2021 sind weitere nationale Veranstaltungen dieser Art geplant.
  2. Artikel 127 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union betrifft die Ziele und Aufgaben des Eurosystems. Das vorrangige Ziel ist es, „die Preisstabilität zu gewährleisten“. Im Vertrag heißt es weiter: „Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das [Eurosystem] die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union, um zur Verwirklichung der […] Ziele der Union beizutragen“. Dies bedeutet, auf die nachhaltige Entwicklung Europas hinzuarbeiten, mit Zielen wie „ausgewogenes Wirtschaftswachstum“, „Vollbeschäftigung und sozialer Fortschritt“ sowie „ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität", die allgemein als nachrangige Ziele verstanden werden.