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Fabio Panetta
Member of the ECB's Executive Board
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Wholesale-CBDC: Gegenwart und Zukunft des digitalen Zentralbankgelds für Geschäftsbanken

Rede von Fabio Panetta, Mitglied des EZB-Direktoriums, auf dem Symposium „Zahlungsverkehr und Wertpapierabwicklung in Europa – heute und morgen“ der Deutschen Bundesbank

Frankfurt am Main, den 26. September 2022

Zunächst einmal möchte ich mich bei der Deutschen Bundesbank und ihrem Präsidenten, Dr. Joachim Nagel, für die Einladung zum heutigen Symposium bedanken.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um auf die Auswirkungen des raschen technologischen Wandels auf unsere Zahlungssysteme einzugehen. Mein Fokus wird dabei nicht auf den täglichen Transaktionen der Verbraucher liegen, sondern auf der Infrastruktur, die das reibungslose Funktionieren und die Stabilität unseres Finanzsystems gewährleistet.

Lange Zeit war der Zahlungsverkehr ein unterschätzter Aspekt des Währungssystems. Er lief zuverlässig im Hintergrund und ermöglichte die reibungslose Umsetzung von Maßnahmen in anderen Bereichen, denen mehr Aufmerksamkeit zuteilwurde. Aktuell ändert sich jedoch diese Wahrnehmung, da wir eine regelrechte Welle kreativer digitaler Innovationen beobachten können.

Dies lässt sich insbesondere im Massenzahlungsverkehr bemerken. Die Digitalisierung der Finanzwelt hat neue Zahlungsmöglichkeiten eröffnet. FinTech-Start-ups sind aufgekommen. Big-Tech-Unternehmen sind in den Zahlungsverkehrsmarkt eingetreten und nutzen die Vorteile der von ihnen betriebenen Netzwerke. Das Kryptouniversum hat zunächst einen Boom erlebt, bis die Blase zerplatzt ist.

Diese Verwerfungen verdeutlichen, dass wir – zu jeder Zeit – einen Stabilitätsanker für das Währungs- und das Zahlungssystem wahren müssen. Bei unserem Projekt zum digitalen Euro geht es genau darum: diesen Stabilitätsanker zu sichern. Wir möchten sicherstellen, dass Zentralbankgeld für die Allgemeinheit verfügbar bleibt und überall im Euroraum für alltägliche Transaktionen verwendet werden kann – nicht nur in seiner physischen Form, sondern auch als digitale Währung.

Darüber hinaus arbeiten wir aktiv an der Modernisierung der Zahlungsverkehrsinfrastruktur, die unserem Finanzsystem zugrunde liegt. Technologien und Präferenzen verändern sich, und es ist weiterhin von entscheidender Bedeutung, dass die Funktion von Zentralbankgeld als sichere Anlage im Herzen des Systems gewährleistet bleibt. Dies stärkt das Vertrauen in das reibungslose Funktionieren des Finanzsystems.

Leider ist die Diskussion um Wholesale-CBDC, d. h. digitale Zentralbankwährungen für Geschäftsbanken und andere Finanzinstitutionen, oft von Missverständnissen und falschen Vorstellungen geprägt. Wholesale-CBDC wird in der Regel als etwas Neues dargestellt, das durch das Aufkommen der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) ermöglicht wurde.[1] Wholesale-CBDC existiert jedoch bereits seit Jahrzehnten. Dank Wholesale-CBDC konnten effiziente digitale Infrastrukturen für die Abwicklung von Transaktionen zwischen Banken in Zentralbankgeld bereitgestellt werden.

Die Diskussion zu Wholesale-CBDC sollte daher schwerpunktmäßig die Frage beleuchten, wie die bestehenden Infrastrukturen angesichts sich weiterentwickelnder Technologien und Anforderungen angepasst werden müssen.

Ich möchte heute die Vorstellungen, die von Wholesale-CBDC bestehen, zurechtrücken und Missverständnisse aufklären. Zunächst werde ich klarstellen, was Wholesale-CBDC ist und was es nicht ist. Ich werde darlegen, inwiefern es notwendig geworden ist, die Wholesale-Infrastruktur an die sich verändernden Anforderungen der Nutzer anzupassen. Anschließend werde ich einige der künftig verfügbaren technologischen Optionen erläutern.

Wholesale-CBDC: Begriffsbestimmung

Lassen Sie mich zunächst einige häufige Missverständnisse zu Wholesale-CBDC ausräumen.

Erstens besteht Unklarheit in Bezug auf den Begriff „Wholesale“.

Wholesale-CBDC bezeichnet die Abwicklung von Interbank-Überweisungen und damit verbundenen Transaktionen zwischen Geschäftsbanken in Zentralbankreserven.[2] Einige gehen jedoch irrtümlich davon aus, dass „Wholesale-CBDC“ jegliche Großbetragszahlungen in Zentralbankgeld bezeichnet, unabhängig davon, wer die Zahlung tätigt und wer sie erhält.

Zweitens besteht die falsche Vorstellung, dass Wholesale-CBDC noch nicht existiere.

Tatsächlich ist Zentralbankgeld jedoch bereits seit Jahrzehnten in digitaler Form für Wholesale-Transaktionen zwischen Banken verfügbar. Die falsche Vorstellung wird durch die weitverbreitete irrige Annahme genährt, dass Wholesale-CBDC-Geschäfte nur mit der DLT durchgeführt werden können. Wholesale-CBDC ist jedoch nicht mit der DLT gleichzusetzen, da es auf jeder digitalen Technologie basieren kann. Im Euroraum bietet das Eurosystem Banken die Möglichkeit, digitale Wholesale-Transaktionen über seine TARGET-Dienste unter Verwendung eines zentralisierten Ledgers abzuwickeln.[3]

Drittens wird Wholesale-CBDC manchmal als Ersatz für Retail-CBDC angesehen.

In Wirklichkeit ergänzen sich die zwei Varianten jedoch, weil sie sich auf verschiedene Bedürfnisse unterschiedlicher Nutzer beziehen. Im Wholesale-Bereich bieten Zentralbanken Finanzinstitutionen das ultimative Zahlungsmittel, das zur Reduzierung von Risiken im Finanzsystem beiträgt. Im Retail-Bereich wird der Allgemeinheit ein sehr komfortables und sicheres Zahlungsmittel zur Verfügung gestellt, wodurch sich das Vertrauen in das Geld erhöht, da private Formen von Geld zum Nennwert in risikofreies Zentralbankgeld umgetauscht werden können.[4]

Ferner unterscheiden sich Wholesale- und Retail-CBDC-Projekte in mehrerlei Hinsicht.

Zunächst einmal haben sie sehr verschiedene Ausgangspunkte.

Traditionell wurde Zentralbankgeld der breiten Öffentlichkeit nur in physischer Form, d. h. in Form von Bargeld, zur Verfügung gestellt. Ziel von Retail-CBDC ist es, eine digitale Form von Zentralbankgeld zu schaffen, die von allen genutzt werden kann. Dagegen existiert Zentralbankgeld für Wholesale-Zwecke bereits in digitaler Form. Bei Wholesale-CBDC-Projekten geht es darum, digitale Interbankentransaktionen, wie z. B. Wertpapierabwicklungen und Währungstransaktionen, sicherer und effizienter zu gestalten.

Dementsprechend sind bei Retail- und Wholesale-CBDC-Projekten unterschiedliche Akteure involviert.

An Retail-CBDC-Projekten ist eine Vielzahl von Akteuren beteiligt: Gesetzgeber, das Massenzahlungsverkehrssystem und die breite Öffentlichkeit. Dies liegt daran, dass Retail-CBDC neu ist. Die Ausgestaltung und Distribution von Retail-CBDC muss sorgfältig abgewogen werden, um sicherzustellen, dass sie den Zielen des Gemeinwohls entspricht und keine unbeabsichtigten Auswirkungen auf die Finanzintermediation hat.

Dagegen ist bei Wholesale-CBDC-Projekten ein kleinerer Kreis von Akteuren involviert, die bereits heute digitale Zentralbankabwicklungsinfrastrukturen nutzen, wie z. B. Banken oder zentrale Wertpapierverwahrer. Und künftig könnten möglicherweise neue Akteure an der Wholesale-Abwicklungskette unter Verwendung neuer Technologien wie der DLT beteiligt sein.

Wenn also Zentralbanken über Wholesale-CBDCs sprechen, geht es nicht um die Frage, ob wir sie einführen sollten. Wir diskutieren, wie sich Dienste, die wir schon heute anbieten, verbessern und modernisieren lassen.

Modernisierung von Wholesale-CBDCs

Ich möchte mich somit unseren kontinuierlichen Bemühungen zur Verbesserung von Wholesale-Zahlungssystemen zuwenden.

Diese Bemühungen sind notwendig, damit die Marktteilnehmer weiterhin darauf vertrauen, dass sie systemrelevante Wholesale-Liquiditäts- und -Wertpapiertransaktionen stets mit Zentralbankgeld abwickeln können. Zentralbankgeld ist der sicherste und liquideste für den Zahlungsausgleich verwendete Vermögenswert[5], weshalb sein Einsatz in diesem Zusammenhang dazu beiträgt, Risiken im Finanzsystem zu reduzieren und dadurch die Finanzstabilität zu schützen. Dies wiederum gewährleistet die Transmission der Geldpolitik und stärkt das Vertrauen in die gemeinsame Währung.

In den letzten zwei Jahrzehnten sind erhebliche Fortschritte bei der Integration und Modernisierung von Wholesale-Zahlungssystemen erzielt worden.

Durch den Übergang von nationalen Echtzeit-Bruttosystemen zu TARGET im Jahr 1999 und anschließend zu TARGET2 im Jahr 2007 entstand die erste europaweite integrierte Marktinfrastruktur für Wholesale-Großbetragszahlungen. Dadurch wurde die schnelle und zuverlässige Abwicklung von Euro-Zahlungen in Zentralbankgeld möglich.

Die spätere Einführung von TARGET2-Securities führte zu einer Harmonisierung von Nachhandelsdienstleistungen[6] für Finanzinstrumente und machte komplexe grenzüberschreitende Abwicklungsverfahren entbehrlich.

2018 haben wir schließlich TARGET Instant Payment Settlement (TIPS) eingeführt, das die europaweite Abwicklung von Retail-Zahlungen an 365 Tagen rund um die Uhr in Echtzeit ermöglicht.

In den vergangenen Jahren haben wir an einer neuen konsolidierten TARGET-Plattform gearbeitet – einer komplexen Infrastruktur, die dem Markt erweiterte und modernisierte Dienstleistungen bieten würde. Darüber hinaus errichten wir ein Sicherheitenmanagementsystem für das Eurosystem (Eurosystem Collateral Management System – ECMS), um länderübergreifende Prozesse zu vereinfachen, insbesondere die grenzüberschreitende Mobilisierung von Sicherheiten. Und wir bemühen uns sicherzustellen, dass die TARGET-Dienstleistungen Cyberbedrohungen weiterhin standhalten.

Mit Blick auf die Zukunft untersuchen wir, wie sich die Bedürfnisse der Nutzer unserer Wholesale-Abwicklungsdienste verändern könnten und ob neue Technologien die Abwicklung in digitalem Zentralbankgeld im Wholesale-Bereich effizienter und sicherer machen könnten.

Insbesondere prüfen wir das Potenzial der DLT und inwieweit sie unsere Dienste verbessern könnte.

Marktteilnehmer wie Banken und Finanzmarktinfrastrukturen, die im Bereich Zahlungsverkehr und Wertpapierabwicklung tätig sind, experimentieren bereits mit der DLT. Wie sich aus unserem laufenden Kontakt mit diesen Akteuren ergeben hat, gehen viele von ihnen davon aus, dass die DLT im Finanzsektor in erheblichem Umfang angenommen werden wird. Dies würde dazu führen, dass anstelle von zentralisierten Datenbanken dezentrale Netzwerke für die Übertragung von Barmitteln und Vermögenswerten genutzt würden.

Befürworter der DLT heben eine Reihe von Vorteilen hervor. Hierzu zählt die Möglichkeit, Transaktionen in Echtzeit, rund um die Uhr, über eine breitere Palette von Vermögenswerten und mit einem größeren Spektrum von Teilnehmern abzuwickeln, darunter potenziell auch nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften. Nutzer von DLT-Plattformen können Transaktionen auch so programmieren, dass diese auf Basis vordefinierter Bedingungen automatisch abgewickelt werden.

Interessenträger erwarten, dass die DLT im Rahmen von Nachhandelsprozessen bei Wertpapieren eine wichtige Rolle spielen wird. Dort könnte sie dazu beitragen, Kosten, Verarbeitungszeiten und Abstimmungsbedarf zu reduzieren. Einige Marktteilnehmer sehen Potenzial für Effizienzsteigerungen, wenn die DLT über den gesamten Lebenszyklus eines Wertpapiers hinweg genutzt wird.

Und im Bereich der Wholesale-Zahlungen sehen Marktakteure die Möglichkeit, dass die DLT grenzüberschreitende Transaktionen und Währungstransaktionen verbessern könnte, da sie einige Friktionen im Korrespondenzbankgeschäft reduzieren würde.

Doch die von Privatunternehmen und Zentralbanken durchgeführten Experimente müssen noch unter Beweis stellen, dass die DLT mehr Vorteile bietet als bestehende Technologien.

Tatsächlich können die potenziellen Vorteile der DLT auch auf anderem Wege erzielt werden. Schnelle Zahlungssysteme – wie das vom Eurosystem bereitgestellte TIPS – belegen, dass die DLT für rund um die Uhr verfügbare Sofortzahlungen nicht erforderlich ist. Und die Frage, wer Zugang zu Zentralbankgeld für Wholesale-Transaktionen hat oder welche Arten von Vermögenswerten gegen Zentralbankgeld abgewickelt werden sollten, steht in keinem Zusammenhang mit der genutzten Technologie. Darüber hinaus können automatisierte und bedingte Zahlungen auch durch Programmierschnittstellen (Application Programming Interfaces – APIs) initiiert werden.[7]

Insbesondere gibt es Initiativen, deren Ziel die Verbesserung von Wholesale-Transaktionen mithilfe konventioneller Technologien ist. So könnte beispielsweise die Vernetzung bestehender Systeme die Effizienz von Währungstransaktionen steigern.[8]

Wenn ähnliche Ziele mit oder ohne die DLT erreicht werden könnten, sollten die Kosten und der Nutzen der einzelnen Optionen verglichen werden, bevor eine Entscheidung getroffen wird.

Zudem müssen wir die potenziellen Nachteile der DLT berücksichtigen.

So sind beispielsweise die Konsensmechanismen, die manche DLT-Netzwerke zur Validierung von Transaktionen verwenden, ineffizient, sowohl aus ökologischer Sicht – da sie sehr viel Energie verbrauchen – als auch im Hinblick auf Transaktionsgeschwindigkeit und Skalierbarkeit. Diese Nachteile sind bei sogenannten permissionless[9] DLTs (z. B. Bitcoin) am offenkundigsten. Einige permissioned DLTs sind zwar weniger energieintensiv, allerdings schneiden sie im Vergleich zu zentralisierten Infrastrukturen womöglich dennoch schlechter ab. Nicht zu unterschätzen ist der Umstand, dass die Governance in Bezug auf wichtige DLT-Anwendungen und Netzwerke von Akteuren bestimmt wird, die entweder unbekannt oder außerhalb Europas angesiedelt sind. Dieser lässt Bedenken bezüglich der strategischen Autonomie aufkommen.

Doch trotz der Unsicherheiten hinsichtlich des Potenzials der DLT möchten wir auf ein Szenario vorbereitet sein, in dem Marktteilnehmer die DLT für Wholesale-Zahlungen und Wertpapierabwicklung einführen. Wir müssen sicherstellen, dass Zentralbankgeld in einem solchen Szenario weiterhin seine Rolle als der für die Abwicklung von Wholesale-Transaktionen verwendete Vermögenswert behalten würde.

Wenn Marktteilnehmer beispielsweise beginnen, die DLT für Wertpapierabwicklungen zu nutzen, aber Probleme bei der Nutzung von TARGET-Diensten haben[10], könnte es passieren, dass sie sich Alternativen wie Geschäftsbankengeld oder Stablecoins zuwenden.

Dies brächte eine Reihe von Risiken mit sich: So könnte Zentralbankgeld z. B. bei Abwicklungsprozessen eine geringere Rolle spielen. Zudem könnte eine Fragmentierung beim Handel und bei der Liquidität eintreten. Das Ergebnis wäre, dass Zahlungsverkehr und Wertpapierabwicklung unsicherer und weniger effizient würden, was die Finanzstabilität untergraben würde.

Die Nutzung von Stablecoins würde diese Risiken verstärken. Wie in den vergangenen Monaten zu beobachten war, sind Stablecoins anfällig für Panikreaktionen. Anders ausgedrückt: Sie sind nur dem Namen nach stabil. Und würde man ihre vollständige Unterlegung mit Zentralbankgeld gestatten, hätte dies zur Folge, dass die Bereitstellung von Zentralbankgeld effektiv auf private Stellen ausgelagert würde. Dadurch wäre die Währungssouveränität gefährdet.[11]

Eine Loslösung von Zentralbank-Abwicklungssystemen würde auch bedeuten, dass Behörden den direkten Zugang zu Abwicklungsdaten verlieren würden. Dies könnte dafür sorgen, dass sich Interventionen bei Abwicklungsengpässen verlangsamen. Es könnte zudem die Analyse der Finanzstabilität beeinträchtigen.

Das Eurosystem lotet daher aus, wie Marktteilnehmer, die die DLT einführen, mit den TARGET-Diensten interagieren könnten, um die Euro-Geldseite ihrer Transaktionen in Zentralbankgeld abzuwickeln.

Wir analysieren zwei Optionen:

Die erste bestünde darin, eine Verbindung zwischen DLT-Plattformen des Marktes und Zentralbankinfrastrukturen zu schaffen.[12] Dadurch wäre es möglich, die Abwicklung in Zentralbankgeld durch eine Übertragung von Sicherheiten auf einer DLT-Plattform auszulösen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass eine Lösung, die auf den bestehenden TARGET-Diensten aufbaut, rascher umgesetzt werden könnte als eine vollständig auf der DLT basierende Lösung.

Eine andere Möglichkeit wäre die Schaffung eines neuen DLT-basierten Wholesale-Abwicklungsdienstes mit DLT-basiertem Zentralbankgeld.[13] Das Eurosystem könnte beispielsweise seine eigene DLT-Plattform für die Abwicklung in Zentralbankgeld einführen.[14] Alternativ könnten wir Zentralbankgeld auf DLT-Plattformen bereitstellen, die von Marktakteuren betrieben werden. So könnten dort Barmittel und Vermögenswerte transferiert werden.

Implikationen für Governance, Abwicklungseffizienz und Liquiditätsmanagement müssen in jedem Fall sorgfältig geprüft werden. Die Eignung all dieser Optionen würde davon abhängen, welche Anwendungsfälle auf dem Markt vorherrschen und ob eine Konsolidierung des Marktes stattfindet, die auf eine begrenzte Anzahl von DLT-Plattformen ausgerichtet ist.

Schlussbemerkungen

Das Eurosystem ist entschlossen, mithilfe zweckmäßiger Infrastrukturen die Abwicklung in Zentralbankgeld für Wholesale-Transaktionen zu gewährleisten.

Unsere Aufgabe ist es, modernste Infrastrukturen bereitzustellen, auf deren Basis private Akteure ihre innovativen Dienstleistungen entwickeln können. Diese Infrastrukturen können innerhalb Europas und darüber hinaus als Katalysator für Innovation dienen.

Wir prüfen, ob neue Technologien für die Abwicklung von Wholesale-Transaktionen uns dabei helfen könnten, diese Aufgabe weiterhin effektiv zu erfüllen.

Doch unabhängig von der Technologie, die die Marktteilnehmer für ihre Wholesale-Zahlungen und - Wertpapiergeschäfte nutzen: Unser Ziel wird stets dasselbe sein, nämlich sicherzustellen, dass Zentralbankgeld der Stabilitätsanker des Währungssystems bleibt.

  1. Distributed-Ledger-Technologie (DLT) bezeichnet Technologien, die darauf gerichtet sind, das Problem der für die Datenvalidierung und Aktualisierung des Distributed Ledgers erforderlichen Konsensfindung zwischen Teilnehmern zu lösen, ohne auf eine zentrale koordinierende Stelle zurückzugreifen.

  2. Zentralbankreserven sind Guthaben der Geschäftsbanken bei der Zentralbank. Dabei handelt es sich um die liquidesten und risikofreisten Aktiva im Finanzsystem.

  3. Die von der EZB und den nationalen Zentralbanken angebotenen TARGET-Dienste beinhalten TARGET2 für Wholesale-Zahlungen, TARGET2-Securities (T2S) für die Wertpapierabwicklung und TARGET Instant Payment Settlement (TIPS) für Sofortzahlungen.

  4. Siehe F. Panetta, Central bank digital currencies: a monetary anchor for digital innovation, Rede beim Elcano Royal Institute, Madrid, 5. November 2021.

  5. Prinzip 9 der Prinzipien für Finanzmarktinfrastrukturen, die vom Ausschuss für Zahlungsverkehr und Marktinfrastrukturen sowie dem Technischen Ausschuss der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden ausgegeben wurden, besagt, dass „eine Finanzmarktinfrastruktur ihre geldlichen Abwicklungen in Zentralbankgeld durchführen sollte, sofern dies praktikabel und durchführbar ist“.

  6. Nachhandelsdienstleistungen sind die Vorgänge (Clearing, Abwicklung, Verwahrung, Asset Servicing/Reporting), die nach der Durchführung eines Handelsgeschäfts stattfinden, um gegen Zahlung des Kaufpreises das Eigentum am Wertpapier vom Verkäufer auf den Käufer zu übertragen.

  7. APIs ermöglichen eine standardisierte Kommunikation zwischen verschiedenen Softwarediensten.

  8. Der Ausschuss für Zahlungsverkehrs- und Abrechnungssysteme der BIZ hat im Rahmen des G20-Programms für grenzüberschreitende Zahlungen Rahmenkonzepte für die Vernetzung von Zahlungsverkehrssystemen erarbeitet. Diese Konzepte umfassen Verbindungen zwischen Wholesale-Zahlungssystemen sowie zwischen schnellen Retail-Zahlungssystemen. Was Letzteres angeht, so hat im Eurosystem die Banca d’Italia mit währungsübergreifenden Abwicklungen experimentiert, bei denen TIPS mit Systemen zur Abwicklung von Fremdwährungen vernetzt wurde.

  9. Bei permissionless DLTs werden Transaktionen zwischen Teilnehmern des Systems durch die Lösung kryptografischer Algorithmen validiert, ohne Intervention einer zentralen, für die Steuerung des Systems verantwortlichen Stelle.

  10. Wenn sie etwa den entsprechenden Barmitteltransfer nicht reibungslos in den TARGET-Diensten initiieren können und die Abwicklung nach dem Prinzip Lieferung gegen Zahlung erfolgt (ein Wertpapierabwicklungsmechanismus, bei dem eine Wertpapierübertragung und ein Mitteltransfer so miteinander verknüpft werden, dass sichergestellt ist, dass die Lieferung nur dann erfolgt, wenn die entsprechende Zahlung getätigt wird).

  11. F. Panetta, The two sides of the (stable)coin, Rede anlässlich des Salone dei Pagamenti, 4. November 2020.

  12. Die Deutsche Bundesbank (Trigger Solution) und die Banca d’Italia (TIPS Hash-Link) haben mit diesem Ansatz experimentiert.

  13. Die Banque de France hat eine Reihe von Experimenten auf der Grundlage dieses Ansatzes durchgeführt.

  14. Diese Plattform könnte mit anderen DLT-Plattformen auf dem Markt verbunden sein, über die Wertpapiere oder andere Vermögenswerte erfasst und transferiert werden, oder es könnte sich um eine Plattform sowohl für Barmittel als auch für Wertpapiere handeln – also ein DLT-Pendant zu T2S.

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