Der einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum (SEPA): Wo stehen wir und was bringt er uns?
Rede von Gertrude Tumpel-Gugerell, Mitglied des Direktoriums der EZB, Deutsche Bundesbank Stuttgart, 15. März 2011
Sehr verehrte Damen und Herren,
angesichts der traurigen Nachrichten, die uns aus Japan erreicht haben und kontinuierlich erreichen, fällt es uns allen schwer, einfach zur Tagesordnung überzugehen. Bevor ich meine Ausführungen zum heutigen Thema beginne, möchte ich auch im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen unsere Betroffenheit und unser Mitgefühl mit den Betroffenen der Katastrophe in Japan zum Ausdruck bringen.
Der heutige Tag ist ein Meilenstein in der Geschichte Deutschlands: Am 12. September 1990 wurde in Moskau der Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland unterzeichnet, der den Weg für die deutsche Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 ebnete. Gemäß diesem Vertrag verzichteten die vier Siegermächte auf ihr bis dato in Zusammenhang mit Deutschland geltendes Vorbehaltsrecht. Dadurch erlangte das vereinte Deutschland auf den Tag genau vor 20 Jahren, also am 15. März 1991, die volle Souveränität.
Unmittelbar nach der Wiedervereinigung stellte sich heraus, dass die Postleitzahlen sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland veraltet und für eine Übernahme oder Aktualisierung nicht flexibel genug bzw. ungeeignet waren. Bereits wenige Tage nach dem Mauerfall war angesichts der über 800 doppelt vorhandenen Postleitzahlen und des nach der Grenzöffnung kräftig zunehmenden Postverkehrs klar, dass die Harmonisierung der beiden Systeme zwingend erforderlich war. Am 1. Juli 1993, rund drei Jahre nach der Wiedervereinigung, wurde mit einer neuen fünfstelligen Postleitzahl ein neues, einheitliches und harmonisiertes Postleitzahlensystem in Deutschland eingeführt.
Ganz wie im Fall des einheitlichen Postleitzahlensystems geht es beim einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum (Single Euro Payments Area, SEPA) darum, bestehende gewohnte Systeme auf ein neues gemeinsames System umzustellen. Und diesmal nicht nur in einem Land, sondern in allen Ländern, die den Euro eingeführt haben. SEPA soll Zahlungen einfacher und effizienter machen. Das gilt für Instrumente wie Überweisungen, Lastschriften und Kartenzahlungen. Die Umstellung ist nicht leicht, aber sie lohnt sich.
Die einheitlichen SEPA-Zahlungsinstrumente werden im gesamten Eurogebiet verfügbar sein. Dies wird Unternehmen und Verbrauchern viele Vorteile bringen: So wird nur ein einziges Bankkonto benötigt, von dem aus überall im Euroraum Überweisungen und Lastschriften durchgeführt werden können. Beispielsweise für die Miete im Ausland studierender Kinder, für ein Feriendomizil oder für Rechnungen europäischer Unternehmen. Auch sollen Verbraucher in Zukunft dieselbe Karte für alle Euro-Zahlungen einsetzen können.
Seit dem offiziellen Beginn des SEPA-Projektes vor ungefähr 10 Jahren haben wir einige wichtige Meilensteine erreicht. Erstens wurden im Januar 2008 die SEPA-Überweisungen eingeführt, mit denen man innerhalb des gesamten Euroraums Überweisungen durchführen kann. Zweitens wurde im November 2009 die SEPA-Lastschrift eingeführt, mit der erstmals auch Lastschriften grenzüberschreitend getätigt werden. Und drittens wurde mit der Schaffung des SEPA-Rats die Lenkungsstruktur von SEPA verbessert. Der SEPA-Rat sorgt für eine stärker formalisierte Einbindung hochrangiger Vertreter von Verbrauchern, Händlern und großen wie auch kleinen Unternehmen in den SEPA‑Dialog auf europäischer Ebene.
Allerdings gibt es auch Bereiche, in denen die Entwicklung bislang nicht zufriedenstellend ist und größere Anstrengungen erforderlich sind. Handlungsbedarf besteht dabei vor allem in Bezug auf die weitere Integration des Massenzahlungsmarkts im Eurogebiet.
Was brauchen wir also, um SEPA zum Erfolg zu führen? Ich sehe drei Elemente, die von entscheidender Bedeutung sind: ein Enddatum zur Umstellung auf SEPA, eine gute Kommunikation des Vorhabens und die Gewährleistung von Sicherheit der neuen Zahlungsmittel.
Lassen Sie mich zum ersten Punkt, das Enddatum für die Umstellung auf SEPA, kommen.
Festlegung eines Endtermins für die Umstellung auf SEPA
Was das Postleitzahlensystem für das vereinte Deutschland anbelangt, wurde damals mit der Festlegung auf den 1. Juli 1993 eine angemessene und hinreichend lange Übergangsphase für die Vorbereitung und Erstellung des neuen Systems gewählt. Wie bei anderen Großprojekten muss auch bei der Umstellung auf die SEPA-Überweisung und SEPA‑Lastschrift ein realistischer und dennoch ehrgeiziger Endtermin bestimmt werden, um alle Vorzüge des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums nutzen zu können. Warum ist ein solcher Endtermin nötig? Nun, obgleich die potenziellen Vorteile des Projekts immens sind, kann die Umstellung auf SEPA bislang noch nicht als voller Erfolg bezeichnet werden.
Im Dezember 2010, also fast drei Jahre nach der Einführung der SEPA-Überweisung, entfielen auf dieses Zahlungsinstrument lediglich 13,9 % aller Überweisungen im Euroraum, und bei der SEPA‑Lastschrift lag der Anteil sogar deutlich unter 1 %.
Seit November 2010 ist auch die Erreichbarkeit für das SEPA-Lastschriftverfahren rechtlich verbindlich und damit sichergestellt. Außerdem haben sich eine Reihe öffentlicher Verwaltungen dazu verpflichtet, ihre Zahlungen zügig auf SEPA-Instrumente umzustellen. Dies wird jedoch noch nicht ausreichen, um im Hinblick auf die Umstellung auf SEPA eine kritische Masse zu erreichen, und daher auch zu keinem deutlichen Anstieg der Umstellungsquote führen.
Es gibt verschiedene Gründe dafür, warum die Umstellung auf SEPA bislang schleppend vorangegangen ist – die Unsicherheit an den Märkten, das schwierige wirtschaftliche Umfeld, die potenziellen Nachteile für Vorreiter in einer netzwerkbasierten Branche sowie der Widerstand gegen die vollständige Umstellung von den alten auf die neuen Zahlungsinstrumente, solange es keinen verbindlichen und konkreten Endtermin gibt.
Daher ist es unumstritten, dass es einen Endtermin für die Umstellung auf die beiden SEPA‑Zahlungsinstrumente geben muss. Im Jahr 2010 haben Vertreter nahezu aller Interessengruppen ein solches Enddatum gefordert, und erst kürzlich kam eine von BearingPoint durchgeführte Studie zu dem Ergebnis, dass mehr als 80 % der befragten Banken einen verbindlichen Endtermin als notwendig erachten. Die Mehrheit spricht sich sogar für die Festlegung per EU-Verordnung aus. [1] Es ist allerdings ein offenes Geheimnis, dass trotz dieser allgemeinen Befürwortung die Details einer solchen Verordnung ausgiebig diskutiert werden.
Das Eurosystem hat zu diesem Thema ganz klar Stellung bezogen und eine Verordnung gefordert, durch welche ein Endtermin für die Umstellung auf die SCT und die SDD festgelegt wird. Durch die Bekanntgabe der von uns bevorzugten Daten – Ende 2012 für die SEPA-Überweisung bzw. Ende 2013 für die SEPA-Lastschrift – sind wir sogar noch einen Schritt weiter gegangen. Das Ziel muss sein, dass künftig SEPA-Überweisungen und SEPA-Lastschriften für auf Euro lautende Überweisungen und Lastschriften verwendet werden. Dies haben wir in unserem 7. SEPA‑Fortschrittsbericht klar kommuniziert.
Ich begrüße ausdrücklich den Vorschlag der Europäischen Kommission vom 16. Dezember 2010 für eine EU-Verordnung zur Festlegung eines Endtermins für die Umstellung auf SEPA. Dadurch werden die Vorteile von SEPA zum Tragen kommen, indem Zahlungsdienstleistungen für nationale und grenzüberschreitende Transaktionen effizienter werden, was Unternehmen wie auch privaten Haushalten zugutekommt. Da seit der Einführung der Euro‑Banknoten und -Münzen mittlerweile schon fast ein Jahrzehnt vergangen ist, wäre die Nutzung einheitlicher Zahlungsinstrumente ein weiterer wichtiger Schritt zur Integration der Finanzdienstleistungen in Europa und zur Vollendung des Binnenmarkts für Waren und Dienstleistungen.
Lassen Sie mich zum zweiten Aspekt kommen: Kommunikation.
Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg
Die Erfahrung mit den deutschen Postleitzahlen lehrt uns auch, wie wichtig eine angemessene Kommunikation ist. Die Einführung der neuen fünfstelligen Postleitzahlen im Jahr 1993 löste ein kritisches Medienecho aus. Dabei standen insbesondere die Kosten für die Umstellung vom alten auf das neue System im Kreuzfeuer der Kritik. Die negative Einstellung gegenüber dem neuen System kehrte sich schließlich nach dessen Einführung ins Gegenteil um, da die Notwendigkeit eines neuen Systems immer mehr erkannt und dieses zunehmend akzeptiert wurde.
Für SEPA brauchen wir eine gute Kommunikation, eine gezielte Informationspolitik und Maßnahmen zur Erleichterung des Übergangs.
Konsumenten werden auf jeden Fall von den einheitlichen Zahlungsinstrumenten profitieren. Ein einheitlicher europäischer Markt für Waren und Dienstleistungen benötigt auch einen einheitlichen Markt für Zahlungen. Wir müssen die Vorteile von SEPA der breiten Öffentlichkeit erklären. Und wir müssen Aufklärung darüber betreiben, was die Umstellung tatsächlich für Banken, Unternehmen und Konsumenten bedeutet.
So ist es hinsichtlich der einheitlichen europäischen Kontonummer – die in Deutschland viel diskutierte IBAN (International Bank Account Number) – wichtig, Folgendes immer wieder zu betonen: Die IBAN ist in der Tat länger als eine herkömmliche Kontonummer, allerdings ist sie nicht so kompliziert aufgebaut wie häufig angenommen: Sie besteht ganz einfach aus der Kontonummer des Kunden, der Bankleitzahl, einer zweistelligen Prüfziffer und einem Ländercode (also „DE“ für Deutschland). Das heißt, letztlich muss sich der Kunde lediglich eine zweistellige Prüfziffer neu einprägen, gewinnt aber durch diese Prüfziffer aufgrund ihrer Einzigartigkeit eine höhere Sicherheit.
Das bringt mich zum dritten Aspekt: die Sicherheit
Gewährleistung von Sicherheit
Für das Vertrauen von Verbrauchern und Unternehmen in den einheitlichen Euro‑Zahlungsverkehrsraum ist die Sicherheit von Massenzahlungen äußerst wichtig. Der risikobasierte Ansatz einzelner Banken reicht unter Umständen zur Erreichung eines auf der unternehmensübergreifenden Ebene notwendigen Sicherheitsniveaus nicht aus. Dies liegt darin begründet, dass sich die kommerzielle Risikotoleranz nicht zwangsläufig mit der gesamtgesellschaftlichen Risikotoleranz deckt. Im aktuellen SEPA-Bericht haben wir dem Thema Sicherheit ein eigenes Kapitel gewidmet. Wir haben einige ambitionierte Aussagen formuliert, um zu gewährleisten, dass diesem Thema die gebotene Aufmerksamkeit geschenkt wird. Unter anderem haben wir die Erwartung geäußert, dass die europäische Kartenindustrie ab 2012 ausschließlich mit einem Chip versehene Karten ausgibt, was auch von Europol befürwortet wird. Entscheidet sich die Branche aus praktischen Gründen für die Beibehaltung des Magnetstreifens, würden wir sie dazu auffordern, alle Daten zu löschen, welche die Bearbeitung magnetstreifenbezogener Transaktionen ermöglichen. So dürfte sichergestellt werden, dass sensible Kontodaten nicht mehr kopiert werden können. Die derzeitige Anzahl von Betrugsfällen belegt eindeutig, dass in diesem Bereich dringender Handlungsbedarf besteht.
Bei Transaktionen im Internet, bei denen die Karte nicht vorliegt, häufen sich die Betrugsfälle. Dem kann durch die Einführung sicherer Zahlungsprotokolle (z. B. 3D Secure oder virtuelle Karten) entgegengewirkt werden. Der Einsatz solcher Sicherheitsmaßnahmen könnte durch eine Haftungsumkehr gefördert werden. Diese wurde in der Vergangenheit beispielsweise als Anreiz für die Umstellung auf EMV – eine Spezifikation für Zahlungskarten, die mit einem Chip ausgestattet sind – eingesetzt.
Die Sicherheit von Massenzahlungen ist von entscheidender Bedeutung für das Vertrauen, welches Verbraucher und Unternehmen dem einheitlichen Euro‑Zahlungsverkehrsraum entgegenbringen. Derzeit wird das Thema Standardisierung in der Kartenindustrie noch etwas stiefmütterlich behandelt, was dazu führt, dass die Betrugszahlen bei Fernzahlungen – insbesondere bei Internetbanking, e-Payments und Kartenzahlungen im Internet – nach wie vor erhöht sind. Dies bereitet dem Eurosystem natürlich Sorgen, weshalb wir die Einrichtung eines europäischen Forums für die Sicherheit von Massenzahlungen angeregt haben, was im neuesten SEPA-Fortschrittsbericht nachzulesen ist. Mit diesem Forum soll erreicht werden, dass insbesondere die Instanzen für die Bankenaufsicht und ‑überwachung über denselben Wissensstand und vor allem ein gemeinsames Verständnis bezüglich der Themen verfügen, die bei der Sicherheit von Massenzahlungen relevant sind. Priorität wird zunächst die Harmonisierung der Erwartungen hinsichtlich der Sicherheitsanforderungen für Fernzahlungen per Karte und Online-Zahlungen haben.
Lassen Sie mich noch auf zwei Aspekte von SEPA kommen, die weiterer Anstrengung bedürfen: Der Markt für Zahlungskarten und Online-Zahlungen.
Der Weg hin zu einem modernen und wettbewerbsorientierten europäischen Markt für Zahlungskarten
Das SEPA-Projekt wäre unvollständig, wenn nicht auch eine Vereinheitlichung und Harmonisierung im Bereich der Zahlungskarten erzielt würde.
Generell sollten Märkte für Zahlungskarten einige Anforderungen erfüllen, um Wettbewerb und Effizienz zu begünstigen. Der Grundsatz der Trennung von Systemmanagement und Prozessor ist eines der zentralen Elemente von SEPA; hierdurch wird der offene Systemzugang gewährleistet. Die Verfahren der SEPA-Überweisungen und der SEPA-Lastschriften beruhen auf diesem Prinzip, das daher auch Anwendung auf Kartenmärkte finden sollte. Dadurch stünden Banken bei der Bearbeitung von Kartenzahlungen verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl.
Der Standardisierung von Karten kommt eine wichtige Rolle zu, da sie eine größere Auswahl fördert und für die Interoperabilität und harmonisierte Verwendung von Karten in ganz Europa unabdingbar ist. In diesem Bereich sind die Verantwortlichkeiten klar verteilt: Während der European Payments Council (EPC) für die strategische Vision und die Geschäftsregeln für Karten zuständig ist, ist das Forum für Akteure im Kartengeschäft (Cards Stakeholders Group) mit der Festlegung von funktionalen Anforderungen sowie von Sicherheits- und Verfahrensanforderungen betraut. Zudem haben verschiedene Marktinitiativen Umsetzungsstandards und Spezifikationen für die verschiedenen Aspekte von Kartenzahlungen erarbeitet. Zwar wird diese Arbeit begrüßt, doch sollte die Umsetzung dieser Spezifikationen beschleunigt werden, da sie hinter dem Zeitplan zurückliegt.
Damit Kartenzahlungen im einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum effizient bearbeitet werden können, sollten bei ihnen dieselben Nachrichtenstandards verwendet werden wie bei der SEPA-Überweisung und der SEPA-Lastschrift, d. h. ISO 20022. Um die Lücke zwischen dieser strategischen Vision und der Realität zu schließen, sollte ein Rahmenwerk für die Abwicklung von Kartentransaktionen entwickelt werden. Weiterhin sind die Infrastrukturen dazu aufgefordert, Regeln und Standards zu erarbeiten, die für die Gewährleistung der technischen Interoperabilität bei Kartenzahlungen notwendig sind.
Ferner möchte ich hervorheben, dass es aus europäischer Sicht von strategischer Bedeutung ist, im Hinblick auf Gremien zur Festlegung globaler Standards – beispielsweise ISO und EMV – einen stärker koordinierten Ansatz zu verfolgen.
Zum Zwecke der Förderung eines wettbewerbsorientierten und effizienten europäischen Kartenmarkts spielen neben den eben erwähnten, eher technischen Voraussetzungen auch Anforderungen anderer Art eine Rolle. Was das Thema Auswahlfreiheit betrifft, so möchte ich eine bereits in der Vergangenheit geäußerte Haltung bekräftigen, nämlich, dass innerhalb des Euroraums alle gebührenbezogenen Hindernisse für grenzüberschreitendes Acquiring und alle Regelungen, durch welche die Vorteile – und somit auch die Anreize – eines grenzüberschreitenden Acquiring gemindert werden, beseitigt werden müssen.
Diese Anforderungen technischer und nicht technischer Art sollten die Grundlage für einen modernen und wettbewerbsorientierten europäischen Kartenmarkt bilden. Ich persönlich bin der Auffassung, dass der europäische Kartenmarkt auch von Auswahlfreiheit profitieren würde, weshalb ein europäischer Markt mit nur zwei Kartensystemen in meinen Augen kein wünschenswertes Ergebnis für das SEPA‑Projekt ist.
Schaffung eines zusätzlichen europäischen Kartensystems
Seit vier Jahren fordert das Eurosystem bereits ein zusätzliches europäisches Kartensystem. Deshalb verfolgen wir die diesbezügliche Arbeit der drei ins Leben gerufenen Initiativen genau. In diesem Zusammenhang gilt es zu betonen, dass wir keines der drei Projekte bevorzugen, sondern alle gleich behandeln. Sie alle stehen vor denselben Herausforderungen, wobei die größte mit Sicherheit die Frage nach der Wirtschaftlichkeit des Projekts ist. Dank der Vereinbarungen zwischen der Europäischen Kommission und Visa sowie MasterCard herrscht nun mehr Klarheit hinsichtlich des heiklen Themas der multilateralen Interbankenentgelte (MIF). Die Märkte fordern hier jedoch mehr Gewissheit, was sich unter Umständen nur mit einer Verordnung erzielen lässt. Ich möchte die zuständigen Stellen daher dringend darum ersuchen, sich mit diesem Thema zu befassen, damit die auf europäischer Ebene erforderlichen konkreten Fakten geschaffen werden. Eine Studie der EZB gelangt zu dem Schluss, dass ein zusätzliches europäisches Kartensystem – welches in punkto Sicherheit und Effizienz mit den besten derzeit vorhandenen Systemen mithalten kann – ein notwendiges Element eines integrierten und wettbewerbsorientierten Kartenmarkts ist. [2]
Innovationen sind von zentraler Bedeutung
Ich möchte nun noch einmal auf die Postleitzahlen zu sprechen kommen. In modernen Märkten stellen sich auch im Bereich Postdienstleistungen einige Herausforderungen, die tief greifende Innovationen erfordern, um Kundenanforderungen zu erfüllen und wettbewerbsfähig zu bleiben. Ein Beispiel für Neuerungen im Postdienstleistungsbereich ist der sogenannte „E-Postbrief“, der die Vorteile des traditionellen Briefs mit denen des Internets verknüpft und somit in der elektronischen Welt ein verlässliches, sicheres und effizientes Medium für die Korrespondenz darstellt.
Europa besteht nach wie vor aus verschiedenen nationalen Online-Märkten, was dazu führt, dass den Europäern bislang die Vorteile eines digitalen Binnenmarkts verwehrt bleiben. Im e-Commerce dominieren nach wie vor traditionelle Zahlungsinstrumente wie Zahlung per Nachnahme, Überweisung nach Rechnungserhalt und die Übermittlung von Kartendaten an Händler. Allerdings sind diese Zahlungsarten nicht auf die Anforderungen der Online-Welt ausgerichtet und können bei grenzüberschreitenden Transaktionen häufig nicht eingesetzt werden.
In nahezu allen Ländern fristen Kartentransaktionen, die auf sicheren Zahlungsprotokollen beruhen, sowie auf Internetbanking basierende e-Payments nach wie vor ein Schattendasein oder kommen nur bei Inlandsgeschäften zum Einsatz. Wir müssen sicherstellen, dass Europa beim e-Commerce und in Bezug auf Online-Märkte nicht den Anschluss verpasst. Somit besteht eindeutig Bedarf an effizienten, kostengünstigen, sicheren und leicht verfügbaren Online-Zahlungslösungen in ganz Europa und idealerweise auch über dessen Grenzen hinaus. Das Potenzial für internetbasierte Zahlungslösungen ist so groß, dass es sowohl sicheren Kartenzahlungen als auch auf Internetbanking basierenden e-Payments Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Die EZB unterstützt nachdrücklich die Erarbeitung von (online) e‑Payment-Lösungen, die den gesamten einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum abdecken; auf nationaler Ebene, z. B. in Deutschland, Österreich und den Niederlanden, bestehen derartige Lösungen bereits. Meiner Meinung nach ist die europaweite Umsetzung dieser innovativen Ideen dringend erforderlich.
Durch die höhere Sicherheit von Transaktionen, bei denen die Karte nicht vorliegt, und die europaweite Einführung von auf Internetbanking basierenden e-Payments können die Nutzer künftig zwischen einer größeren Anzahl an Zahlungsarten wählen. Diese Entwicklungen werden auch ein Problem an der Wurzel packen, das Zentralbanken große Sorge bereitet: die Sicherheit von Zahlungen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Zahlungsverkehrsbranche für den Einkauf im Internet eine Lösung bereitstellen muss, die den Kunden bei der Bezahlung von Interneteinkäufen Sicherheit bietet.
Schlussfolgerung
Als der Tag der Umstellung von den alten auf die neuen Postleitzahlen in Deutschland näher rückte, wurde aus der ursprünglich emotional aufgeladenen öffentlichen und politischen Debatte ein sachlicher Dialog, da der Wechsel nun in weiten Kreisen akzeptiert und seine Notwendigkeit anerkannt wurde.
Was die Umstellung auf die neuen SEPA-Zahlungsinstrumente angeht, ist es die Aufgabe der EZB, als Katalysator zu fungieren: die Vorteile von SEPA aufzuzeigen und zu erklären und die Punkte zu nennen, an denen noch gearbeitet werden muss. Und eben dies haben wir im neuen SEPA-Fortschrittsbericht gemacht.
Ich begrüße nachdrücklich den Vorschlag der Europäischen Kommission vom 16. Dezember 2010 für eine EU-Verordnung zur Festlegung eines Endtermins für die Umstellung auf SEPA. Dadurch werden die Vorteile von SEPA zum Tragen kommen, indem die Zahlungsdienstleistungen für nationale und grenzüberschreitende Transaktionen effizienter werden, was Unternehmen wie auch privaten Haushalten zugutekommt. Der europäische einheitliche und integrierte Markt für Waren und Dienstleistungen braucht einen ebensolchen Markt für die diesbezüglichen Zahlungen!
In der Diskussion um SEPA sollte eines besonders betont werden: Ein einheitliches und vollends eingeführtes Zahlungsmittel haben wir schon – den Euro. Bei dessen Einführung gab es zum Teil Kritik und Skepsis. Heute ist er eine solide Währung, der wir vertrauen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir in naher Zukunft dasselbe über den einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum werden sagen können.
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[1]An dieser Umfrage nahmen 42 europäische Banken in neun Ländern teil. Weitere Informationen können der Pressemitteilung entnommen werden, die unter http://www.bearingpoint.de abrufbar ist.
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[2]Bolt und Schmiedel (2011): „Pricing of Payment Cards, Competition, and Efficiency: A Possible Guide for SEPA“, in: Annals of Finance; in Kürze erscheinend.
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