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Auf dem Weg zum Euro

Vortrag des Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Dr. Willem F. Duisenberg, anläßlich des Verbandstages des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken am 17. September 1998 in Dresden

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ich freue mich aufrichtig quasi am Vorabend des Starts der Europäischen Währungsunion anläßlich des großen Verbandstages des Bundesverbandes zu Ihnen sprechen zu können.

Am 1. Januar 1999 beginnt die dritte Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion. Ein historischer Schritt, der völlig zu Recht als Meilenstein in der europäischen Integrationspolitik bezeichnet wird.

Seit Jahren arbeiten europäische Institutionen und Gremien, nicht zuletzt das Europäische Währungsinstitut (EWI) und die nationalen Notenbanken, daran das Projekt der Europäischen Währungsunion (EWU) zum Erfolg zu führen. Im Juni dieses Jahres hat die Europäische Zentralbank (EZB) das EWI abgelöst.

Der Euro bringt uns die große Chance, das wichtige Ziel der Preisstabilität in Europa umfassend und dauerhaft zu verwirklichen. Geldwertstabilität ist der beste Beitrag der Geldpolitik zu anhaltendem Wirtschaftswachstum und zum langfristigen Abbau der Arbeitslosigkeit. Stabile Preise tragen zu einem besseren Funktionieren des Binnenmarktes und zur Schaffung einer international anerkannten Währung bei.

Am ersten Maiwochenende dieses Jahres haben die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union entschieden, daß der Euro am 1. Januar 1999 zunächst in elf Mitgliedstaaten eingeführt wird. Am 31. Dezember dieses Jahres wird der Umrechnungskurs zwischen den Währungen der teilnehmenden Länder unwiderruflich fixiert und zwar entsprechend den ebenfalls im Mai vorangekündigten bilateralen Wechselkursen.

Ab diesem Zeitpunkt gibt es für den gesamten Euro-Währungsraum nur noch eine einheitliche Geldpolitik, für die ausschließlich das Europäische System der Zentralbanken (ESZB), d.h. die Europäische Zentralbank (EZB) und die nationalen Zentralbanken der teilnehmenden Länder, zuständig ist. Die geldpolitische Verantwortung geht auf den EZB-Rat über, in dem neben den sechs Mitgliedern des EZB-Direktoriums alle elf Präsidenten der nationalen Zentralbanken vertreten sind.

Natürlich ist eine so weitreichende Entscheidung wie die Einführung einer gemeinsamen europäischen Währung nicht völlig ohne Risiken - dies liegt in der Natur der Sache. Aus diesem Blickwinkel ist Skepsis gegenüber der EWU und der neuen Währung durchaus verständlich. Angesichts neuer Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik wie sie die Globalisierung der Wirtschaftsbeziehungen darstellt, gibt es allerdings keine Alternative zur Weiterentwicklung der europäischen Integration. Die Entscheidung für die Währungsunion ist die beste Anwort auf die veränderten wirtschaftspolitischen Bedingungen.

Die Vorbereitungen für die EWU laufen auf Hochtouren. Da es für dieses Projekt kein Vorbild gibt sind die Arbeiten nicht immer ganz einfach. Niemand kann mit Blick auf Erfahrungen eindeutig sagen: das ist richtig, das ist falsch.

Von Seiten des ESZB, meine Damen und Herren, kann ich Ihnen versichern, daß alles getan wird, daß die Währungsunion ein Erfolg wird. Die Funktionsfähigkeit der einheitlichen europäischen Geldpolitik wird bereits zu Beginn der EWU sicher gestellt sein.

Die Komplexität der Materie und der immense Arbeits- und Zeitdruck stellen sowohl an die Mitarbeiter der EZB und der nationalen Zentralbanken als auch an die private Kreditwirtschaft höchste Anforderungen. Die technischen Vorbereitungen des ESZB auf die Währungsunion sind weitgehend abgeschlossen und wir werden Sie morgen, mit der Veröffentlichung der „Allgemeinen Regelungen" der geldpolitischen Operationen über unseren endgültigen Handlungsrahmen informieren. Lassen Sie mich Ihnen in diesem Zusammenhang kurz das geldpolitische Instrumentarium des ESZB skizzieren.

Die EZB wird hauptsächlich mit Offenmarktinstrumenten in Form von Wertpapierpensionsgeschäften, sogenannten Repos, agieren, woran Sie in Deutschland schon seit Jahrzehnten gewöhnt sind.Sie haben sich mittlerweile bei allen nationalen Zentralbanken als marktgerechtes und effektives Instrument durchgesetzt. Das Hauptgeschäft wird in wöchentlichem Abstand mit einer Laufzeit von jeweils zwei Wochen abgeschlossen werden.

Daneben wird das ESZB längerfristige Repos anbieten. Diese Geschäfte nehmen mit einer Laufzeit von drei Monaten ein wichtiges Element des Diskontkredits auf, der in Deutschland und österreich bisher noch häufig verwendet wurde, den es aber in der einheitlichen Geldpolitik nicht mehr geben wird. Spezifische Bestimmungen werden sicherstellen, daß insbesondere den kleinen Banken der Zugang zu diesem Instrument leicht gemacht wird.

Um unerwarteten Liquiditäts- und damit auch Zinsschwankungen angemessen begegnen zu können, kann das ESZB auch auf ein breites Spektrum von Feinsteuerungsoperationen, wie etwa befristete Transaktionen oder Devisenswaps, zurückgreifen.

Zudem hat das ESZB zwei sogenannte "ständige" Fazilitäten zur Verfügung, deren Inanspruchnahme auf Initiative der Geschäftspartner erfolgt. Es wird eine Spitzenrefinanzierungsfazilität und eine Einlagenfazilität geben. Die Spitzenrefinanzierungsfazilität entspricht dabei weitgehend dem deutschen Lombard. Sie ist in erster Linie ein Sicherheitsventil bei kurzfristigen Liquiditätsengpässen im Bankensystem und begrenzt damit die Ausschläge der Geldmarktsätze nach oben. Gewissermaßen das Gegenstück ist die kurzfristige Einlagenfazilität, die kurzfristige Liquiditätsüberschüsse abfangen soll und die Untergrenze für die Geldmarktsätze bildet.

In der Juli-Sitzung des EZB-Rates wurde die Einführung einer europäischen Mindestreserve definitiv beschlossen. Die Mindestreservepflicht ist für den Durchschnitt eines Monats definiert. Dies bedeutet, daß die Kreditinstitute kurzfristige Liquiditätsschwankungen über ihr Mindestreservekonto ausgleichen können, ohne den Geldmarkt in Anspruch nehmen zu müssen. Die Mindestreserve wird damit wesentlich dazu beitragen, störende Volatilitäten der Geldmarktsätze zu vermeiden, ohne daß das ESZB häufige Feinsteuerungsmaßnahmen ergreifen muß.

Bei der Einführung der Mindestreserve mußte der EZB-Rat eine schwierige Abwägung zwischen zwei konkurrierenden Zielen treffen. Zum einen ging es um die Frage, ob die Mindestreserve zum Zweck der Geldmengenkontrolle eingesetzt werden sollte. Dies hätte es wünschenswert gemacht, die Mindestreserve nicht oder nur gering zu verzinsen. Zum anderen war es dem EZB-Rat auch wichtig, die potentielle Belastung für den privaten Sektor und die möglichen Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation der Kreditinstitute in der Eurozone zu berücksichtigen.

Der EZB-Rat hat sich in dieser Situation dafür entschieden, dem zweiten Erwägungsgrund Vorrang zu geben und die Mindestreserve beim Start der Währungsunion voll, d.h. zum Reposatz des ESZB, zu verzinsen. In diesem Punkt unterscheidet sich das zukünftige europäische Mindestreservesystem grundsätzlich vom bisherigen deutschen. Ich möchte betonen, daß auch andere Aspekte des Mindestreservesystems mit Rücksicht auf die Absicht gesetzt wurden, unnötige Belastungen des Bankensektors zu vermeiden. Der vorläufig festgelegte Mindestreservesatz wird nur etwa 1,5 bis 2,5% betragen. Dieser Satz erscheint - zur Zeit - hoch genug, um Volatilitäten der Geldmarktsätze zu vermeiden und die Nachfrage nach Zentralbankgeld ausreichend zu erhöhen. Zudem wurde ein Freibetrag in einer Größenordnung von 100.000 Euro ins Auge gefaßt. Daher werden sehr kleine Kreditinstitute keine Mindestreserve halten müssen.

Was den Stand der Diskussion über die geldpolitische Strategie angeht, so hat es bereits im EWI-Rat erhebliche Annäherungen gegeben. Die notwendigen Vorbereitungen sind bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Nach intensiver Prüfung hat das EWI verschiedene Strategien wie etwa die Wechselkursorientierung für das Eurogebiet als eindeutig ungeeignet erkannt und bereits ausgeschlossen. In der engeren Auswahl sind zwei Strategien geblieben. Zum einen die Geldmengensteuerung, also jenes Konzept, das von der Deutschen Bundesbank über zwanzig Jahren hinweg angewandt wurde. Zum anderen ein direktes Inflationsziel, wie es derzeit insbesondere die Bank von England anwendet. Aber auch Kombinationen von bestimmten Elementen dieser beiden Strategien sind vorstellbar.

In der praktischen Umsetzung ist der Unterschied zwischen diesen beiden geldpolitischen Konzeptionen nicht sehr groß. Das Beispiel verschiedener Länder zeigt, daß es viele Varianten gibt, die Elemente beider Strategiekonzepte verbinden. Beide Strategien haben Preisstabilität als primäres Ziel, sie sind vorausschauend und bedienen sich einer Reihe von Indikatoren um die Angemessenheit der geldpolitischen Ausrichtung zu beurteilen.

Das EWI hat eine Reihe von Schlüsselelementen für die Strategie der EZB empfohlen. Einigkeit bestand darin, daß die EZB eine quantitative Definition von Preisstabilität vorgeben sollte. Auch gab es keine Zweifel, die geldpolitischen Entscheidungen letztlich auf der sorgfältigen Analyse eines breiten Spektrums von Indikatoren basieren zu lassen. Die endgültige Entscheidungsbefugnis liegt beim EZB-Rat, in dem es zu den wesentlichen Fragen eine breite übereinstimmung gibt.

Ich kann Ihnen versichern, daß es im EZB-Rat über die Ausrichtung unserer monetären Strategie keine fundamentalen Meinungsverschiedenheiten gibt. Es ist jedoch wichtig, eine sorgfältig abgewogene Entscheidung zu treffen, die dem einzigartigen Charakter der Einführung der einheitlichen Währung Rechnung trägt.

Was nun die Umsetzung der Geldpolitik in die Praxis anbelangt, stellen sich für das ESZB auch auf mittlere Sicht besondere Herausforderungen. Eine künftig die gesamte Eurozone umfassende geldpolitische Perspektive erfordert die Entwicklung eines entsprechenden statistischen Rahmens und eine Verschiebung des Schwerpunkts bei den volkswirtschaftlichen Analysen. Das ESZB kann auf besondere Entwicklungen in der monetären und wirtschaftlichen Lage einzelner Länder keine Rücksicht nehmen. Allein das gesamte Euro-Währungsgebiet als Einheit steht künftig im Blickwinkel der Geldpolitiker.

Leistungsfähige und europaweit einheitliche Statistiken, z.B. über die monetäre Entwicklung und die Zahlungsbilanzsituation, wurden in diesen Wochen und Monaten in der EZB zusammengestellt. Sie werden die Basis für geldpolitische Analysen und Entscheidungen.

Ein solches Umdenken und Fokussieren auf das gesamte Euro-Währungsgebiet wird auch von den Mitgliedern des EZB-Rates verlangt. Bislang waren die geldpolitischen Entscheidungsträger gewohnt, sich vornehmlich von nationalen Entwicklungen leiten zu lassen. Die einheitliche europäische Geldpolitik läßt für regionale bzw. länderspezifische Geldpolitiken, wie erwähnt, keinerlei Raum. Es ist das vorrangige Ziel des ESZB, die Preisstabilität im Euro-Währungsgebiet zu gewährleisten.

All dies ist im Vertrag von Maastricht bedacht. Nicht umsonst sehen die Satzungen des ESZB laut Maastricht-Vertrag keine Stimmgewichtung in Abhängigkeit von Größe und wirtschaftlicher Bedeutung der Teilnehmerstaaten vor. Bei geldpolitischen Entscheidungen hat grundsätzlich jedes Mitglied nur eine Stimme. Auch die im Vertrag angelegte Vertraulichkeit der Sitzungen stellt sicher, daß einzelne Mitglieder des EZB-Rates für ihr Verhalten aus rein nationalen Gesichtspunkten nicht unter Druck gesetzt werden könnten.

Die Mitglieder des EZB-Rates sind sich wohl bewußt, daß sie ihr Augenmark weg von regionalen oder nationalen überlegungen auf die Geldwertstabilität im gesamten Euro-Gebiet richten müssen.

Die Analyse und Bewertung der Daten für den EWU-Raum wird all unser Können erfordern. Es dürfte Ihnen nicht unbekannt sein, daß eine vorausschauende Geldpolitik auch Analysen der künftigen Wirtschaftsentwicklung unerläßlich macht. Gerade am Anfang der Währungsunion werden wir diesbezüglich vor große Herausforderungen gestellt. Besonders wichtig scheint mir in diesem Zusammenhang, daß die Einführung der Euro und der Start der Währungsunion zu Verhaltensänderungen der am wirtschaftlichen Leben Beteiligten führen kann. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, daß diese Verhaltensänderungen der Wirtschaftsakteure wiederum eine Veränderung in der Vergangenheit etablierter Wirtschaftsbeziehungen zur Folge haben könnte. Dieses Phänomen, mit einem Fachausdruck als „Regime-Shift" bezeichnet, hat zur Folge, daß in der Vergangenheit empirisch gut abgesicherte wirtschaftliche Zusammenhänge nur bedingt für Aussagen über die Zukunft zu verwenden sind.

Ich hatte bereits erwähnt, daß die Hauptaufgabe des ESZB darin besteht, für interne Geldwertstabilität zu sorgen. Mehr zu verlangen, hieße die Geldpolitik zu überfordern. Der beste Beitrag der Geldpolitik zu Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum bzw. zum langfristigen Abbau von Arbeitslosigkeit, besteht darin, Preisstabilität bei relativ niedrigen Zinsen dauerhaft zu erhalten.

Ohne eine ausgeprägte Stabilitätskultur, ohne die breite Unterstützung der Bevölkerung und ohne eine solide Finanz- und Wirtschaftspolitik ist ein stabiler und international anerkannter Euro allerdings auf Dauer nicht möglich. Das Europäische System der Zentralbanken benötigt daher die tatkräftige Unterstützung der Finanz- und Wirtschaftspolitik in den Teilnehmerstaaten. Die Einhaltung der Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes sind hierbei von höchster Bedeutung. Ebenso wichtig sind weitere strukturelle, marktwirtschaftlich orientierte Reformen. Eine Senkung der Steuer- und Abgabenlast, die Flexibilisierung der Arbeits- und Produktmärkte sowie eine verantwortungsbewußte Lohnpolitik sind entscheidende Ansatzpunkte zur dringend gebotenen nachhaltigen Verbesserung der Beschäftigungssituation. Eine so ausgerichtete Politik würde es dem Europäischen System der Zentralbanken erleichtern, sein Mandat und die daran geknüpften Erwartungen bestmöglich auszufüllen.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einmal den Stabilitäts- und Wachstumspakt, auf den sich der Europäische Rat am 16./17. Juni 1997 in Amsterdam verständigt hat, hervorheben. Dieser Pakt erweitert und präzisiert das im Maastricht-Vertrag (Artikel 103) verankerte Verfahren der multilateralen überwachung der wirtschaftlichen Entwicklungen sowie das (in Artikel 104c geregelte) Verfahren zur Vermeidung übermäßiger Defizite in einem oder mehreren Mitgliedstaaten. Mit diesem Pakt verpflichten sich die Mitgliedstaaten, ihre öffentlichen Haushalte mittelfristig nahezu ausgeglichen oder sogar im überschuß zu halten.

Die Einhaltung des Vertrages macht es möglich, die automatischen Stabilisatoren in der Fiskalpolitik wirken zu lassen, ohne gleichzeitig untragbare Defizite und Schuldenstände zu riskieren, die ohne Zweifel auf Dauer negative Folgen für die Preisstabilität hätten.

Auch wenn gegenwärtig niedrige langfristige Zinsen in den teilnehmenden Staaten von einem gewissen Glaubwürdigkeitvorschuß für die zukünftige Geldpolitik zeugen, ist die fiskalische Konsolidierung in den Mitgliedstaaten energischer voranzutreiben als es zum Teil 1998 erfolgt und für 1999 geplant ist. In einigen Mitgliedsstaaten wird selbst ein ausgeglichenes Budget nicht ausreichen, sondern ein Budgetüberschuss vonnöten sein, um den hohen Schuldenstand gemessen am Bruttoinlandsprodukt zu reduzieren. Ich bin davon überzeugt, daß eine erfolgreiche Umsetzung der Ziele des Stabilitäts- und Wachstumspaktes zum Aufbau der Glaubwürdigkeit der Geldpolitik und zur Stabilität des Euros wesentlich beitragen kann.

Auch im Rahmen der Wechselkurspolitik gilt der Vorrang für die Preisstabilität in der Eurozone. So nimmt das ERM II, das beim Europäischen Gipfel von Amsterdam beschlossen wurde und die Währungen der EU-Länder außerhalb des Euro-Raums fester an den Euro binden soll, Rücksicht auf die Sicherung der internen Geldwertstabilität. Die EZB kann nämlich die Initiative für Leitkursänderungen ergreifen oder Interventionen (und deren Finanzierung) aussetzen, wenn die Interventionsverpflichtungen zur Gefahr für die Preisstabilität zu werden drohen.

In der Sitzung des EZB-Rates am 11. September dieses Jahres wurde ein Abkommen zwischen der EZB und den vier nichtteilnehmenden Notenbanken unterzeichnet, welches die Geschäftsbedingungen des im Juni 1997 beschlossenen ERM II festlegt. Demnach löst das ERM II in Stufe III das gegenwärtige Europäische Währungssystem (EWS) ab. Das ERM II soll sicherstellen, daß die vorerst nicht an der EWU teilnehmenden Staaten eine stabilitätsorientierte Politik betreiben. Weiterhin soll die Teilnahme am Wechselkursmechanismus den Konvergenzprozess dieser Länder unterstützen und die zukünftige Einführung des Euro erleichtern. Mit ihrer Unterschrift, bestätigen die Notenbanken ihr Einverständnis mit den Bedingungen des ERM II, aber nicht automatisch ihre Teilnahme.

Nach Artikel 109 des Maastricht-Vertrages kann der Ministerrat prinzipiell, und zwar einstimmig auf Empfehlung der EZB (oder der Kommission und nach Anhörung der EZB), förmliche Vereinbarungen über ein Wechselkurssystem für den Euro gegenüber Drittlandswährungen treffen. Ein neues internationales, insbesondere auch weltweites Wechselkurssystem ist derzeit allerdings nicht in Sicht. Dazu sind die globalen ökonomischen Bedingungen zu unterschiedlich. Eine allgemeine Orientierung der Wechselkurspolitik gegenüber Drittlandswährungen darf das vorrangige Ziel des ESZB, Preisstabilität zu gewährleisten, keinesfalls beeinträchtigen. Insgesamt scheint der Euro damit auch gegen außenwirtschaftliche Gefährdungen seiner Stabilität durch Interventionsverpflichtungen abgesichert zu sein. Zumal der Europäische Rat auf seiner Tagung in Luxemburg im Dezember 1997 beschlossen hat, daß solche Wechselkursorientierungen nur ausnahmsweise, etwa in Fällen eines eindeutigen Misalignments, formuliert werden sollten.

Zur Sicherung des Geldwertes ist die EZB mit einer umfassenden Unabhängigkeit ausgestattet. Die Mitglieder des EZB-Rates handeln unabhängig von den Weisungen nationaler Regierungen und Institutionen, wie auch unabhängig von europäischen Organen oder Einrichtungen der Gemeinschaft. Die Unabhängigkeit gilt übrigens nicht nur für die EZB, sondern auch für die nationalen Notenbanken der teilnehmenden Staaten.

Zur Erhaltung der Preisstabilität und Verstärkung der Glaubwürdigkeit der Geldpolitik sind daneben auch Transparenz und Rechenschaftspflicht von zentraler Bedeutung.

Empirische Beispiele zeigen, daß ein hohes Maß an Information über die Zielsetzung und die Begründung geldpolitischer Maßnahmen letztlich deren Wirksamkeit erhöhen kann. Insoweit Transparenz die Unsicherheit der Märkte und der öffentlichkeit bezüglich der geldpolitischen Handlungen reduziert, wirkt sie darüber hinaus vertrauensbildend. Transparenz erleichtert folglich den Aufbau von Reputation und Glaubwürdigkeit.

Auch teile ich die Auffassung, daß eine unabhängige währungspolitische Behörde, wie die EZB, ihre Entscheidungen in einer demokratischen Gesellschaft stets rechtfertigen sollte. Der Maastricht-Vertrag enthält genau festgelegte Berichtspflichten gegenüber dem Ministerrat und dem Europäischen Parlament. Diese Verpflichtung zur Rechenschaft wird im angelsächsischen mit dem Stichwort der "democratic accountability" bezeichnet.

In Entsprechung des Transparenzgrundsatzes und Erfüllung der Rechenschaftspflicht hat der EZB-Rat entschieden, der öffentlichkeit die wichtigsten Ergebnisse der Beratungen in Form einer Pressekonferenz und/oder eines schriftlichen Kommuniqués mitzuteilen. Dies ist bereits mehrfach geschehen. Diese Einrichtung stellt, neben Publikationen, Reden, Interviews und Artikeln, einen wichtigen Eckpfeiler der Kommunikationspolitik des ESZB mit der öffentlichkeit dar. Zudem werden wir weitgehende Analysen zu allen Aspekten der Geldpolitik und auch zur allgemeinen Wirtschaftspolitik erstellen. So kann die EZB einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft leisten.

Es wurden Befürchtungen geäußert, daß der EZB-Rat insbesondere zu Beginn der Währungsunion mit überhöhten Zinsen versuchen könnte, den Aufbau von Glaubwürdigkeit der europäischen Geldpolitik zu unterstützen. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang klar feststellen, daß wir die Geldpolitik so ausrichten werden, daß Preisstabilität bestmöglich erhalten werden kann. Es gibt keinen Grund restriktiver zu sein, als es dieses Ziel erfordert. Nicht nur Inflation, auch Deflation ist unvereinbar mit Preisstabilität.

Nach dieser kurzen Tour d’Horizon über den Stand der Vorbereitung des ESZB auf den Start der Währungsunion, gestatten Sie mir nun, sehr verehrte Damen und Herren, zum Ende meiner Ausführungen nochmals zu betonen, daß von seiten der europäischen Geldpolitik alles getan wird, die EWU zum Erfolg zu führen und den Euro zu einer stabilen und weltweit geachteten Währung zu machen. Dies ist keine leichte Aufgabe, da werden Sie mir sicherlich zustimmen. Eine gute Zusammenarbeit mit der privaten Kreditwirtschaft liegt uns hierbei sehr am Herzen.

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