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Wir haben die Zinssätze angehoben. Was bedeutet das für Sie?

21. Juli 2022 (aktualisiert am 23. September 2022)

Eine Anhebung der Zinssätze hilft uns, die Inflation wieder zu senken

Im Juli 2022 hat der EZB-Rat die Zinssätze erstmals seit 11 Jahren angehoben. Im September folgte der größte Zinsschritt in der Geschichte der EZB. Zudem sind weitere Zinserhöhungen in den kommenden Monaten wahrscheinlich.

Warum haben wir die Zinssätze angehoben?

Wir sind die Zentralbank für den Euro, und es ist unser Auftrag, die Preise stabil zu halten. Wenn die Preise in unserer Wirtschaft zu schnell steigen, also bei zu hoher Inflation, hilft uns eine Anhebung der Zinssätze dabei, die Inflation wieder auf unser mittelfristiges Ziel von 2 % zurückzuführen.

Die Inflation belastet die Menschen. Viele machen sich Sorgen, dass sie dauerhaft bestehen bleibt. Wir behalten diese sogenannten Inflationserwartungen im Blick. Wir haben die Zinssätze angehoben, um deutlich zu machen: Wir werden nicht zulassen, dass die Inflation auf Dauer über 2 % verharrt. Dies wird dazu beitragen, die Inflationserwartungen im Zaum zu halten.

Was sind Zinssätze?

Zinssätze sind die Kosten für die Aufnahme eines Kredits (manchmal werden sie auch als „der Preis des Geldes“ bezeichnet). Wenn Sie bei einer Bank einen Kredit aufnehmen wollen, müssen Sie sich zunächst auf einen bestimmten Zinssatz einigen. In der Regel handelt es sich um einen jährlichen Zinssatz. Nehmen wir an, Sie leihen sich 10 000 € zu einem jährlichen Zinssatz von 3 %. Das bedeutet, dass Sie Ihrer Bank zusätzlich zur Rückzahlung des Kredits 300 € pro Jahr bezahlen müssen. Der Zinssatz ist also im Grunde das, was die Bank dafür verlangt, dass Sie Ihnen Geld leiht.

Aber es funktioniert auch umgekehrt. Zinsen sind das Geld, das die Bank Ihnen für Ihre Spareinlagen zahlt, d. h. wenn die Bank sich Geld von Ihnen „leiht“. Wenn Sie beispielsweise 1 000 € auf Ihr Sparkonto einzahlen, und diese Einlage mit jährlich 2 % verzinst wird, erhalten Sie nach Ablauf eines Jahres 20 € an Zinsen.

Was führt dazu, dass sich Zinssätze verändern?

Die Zinssätze, die Banken Privatpersonen und Unternehmen anbieten, entwickeln sich in der Regel parallel zu den von der EZB festgelegten Zinssätzen. Sie werden aber auch von anderen Faktoren beeinflusst. In einer freien Marktwirtschaft wie dem Euroraum werden sie auch von der Kreditnachfrage und vom Kreditangebot bestimmt. Also davon, wie viel Unternehmen und Privatpersonen ausgeben und investieren wollen und welches Kreditvolumen zur Verfügung steht.

Wissenswertes: Was ist Geld?

Mit Geld verhält es sich ähnlich wie mit anderen Produkten oder Dienstleistungen. Wenn beispielsweise viele Menschen Brot kaufen wollen, aber nicht genügend Brot vorhanden ist, steigt der Preis.

Das Gleiche gilt für Zinssätze: Wenn Unternehmen und Privatpersonen Geld ausgeben und investieren wollen, sich aber nicht ohne Weiteres ausreichend Geld dafür leihen können, steigen in der Regel die Zinssätze, weil das Kreditangebot geringer ist. Anders ausgedrückt: Sich Geld zu leihen wird teurer. Im umgekehrten Fall, also wenn die Menschen viel Geld in Form von Spareinlagen bei ihrer Bank deponieren, befindet sich sehr viel Geld – oft als Liquidität bezeichnet – in der Wirtschaft. Dann sind die Zinsen in der Regel niedrig.

Welche Rolle spielt die EZB?

Die EZB ist die Zentralbank für den Euro. Wir legen nicht die Zinssätze fest, die Sie für Ihren Kredit zahlen oder für Ihre Einlagen erhalten. Wir beeinflussen sie aber.

Wir legen die sogenannten Leitzinssätze oder „geldpolitischen“ Zinssätze fest. Dabei handelt es sich sowohl um die Zinssätze, die wir Banken anbieten, die sich Geld bei uns leihen wollen, als auch um die Zinsen für das elektronische Geld, das sie über Nacht bei uns deponieren.

Wenn wir die Leitzinsen ändern, schlägt sich dies mehr oder weniger in der gesamten Volkswirtschaft nieder, etwa bei Bankkrediten, Marktkrediten, Hypotheken, Zinsen für Bankeinlagen und anderen Anlageinstrumenten.

Der EZB-Rat fasst etwa alle sechs Wochen Beschlüsse zu diesen Leitzinsen.

Wie wirken sich die Leitzinsen auf die Inflation aus?

Ist die Inflation zu hoch, da zu wenigen Waren und Dienstleistungen eine zu starke Nachfrage gegenübersteht, können wir in normalen Zeiten die Zinssätze erhöhen, um Kredite zu verteuern. Dies kühlt die Konjunktur ab, beruhigt die Inflationserwartungen und lässt die Inflation sinken.

Ist die Inflation zu niedrig, was lange Zeit der Fall war, können wir die Zinsen senken und Kredite verbilligen, um Investitionen und die Nachfrage anzukurbeln.

Wissenswertes: Warum sind stabile Preise wichtig?

Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine sehen wir uns einer Situation gegenüber, in der die Inflation zu hoch ist, die Konjunktur sich jedoch abschwächt. Die Preise sind aufgrund des Krieges deutlich gestiegen, vor allem bei Energie und Nahrungsmitteln. Für viele Unternehmen ist es zudem schwieriger, die Materialien und Ersatzteile zu beschaffen und die Arbeitnehmer zu finden, die sie für ihre Produktion benötigen. Dadurch verschärfen sich die bereits bestehenden pandemiebedingten Probleme.

Eine Zinserhöhung allein wird all diese Probleme nicht lösen. Höhere Zinssätze werden nicht zu einer Verbilligung von Energieimporten führen, leere Regale in den Supermärkten füllen oder Halbleiterlieferungen für Automobilhersteller bewirken.

Höhere Zinssätze halten Inflationserwartungen in Schach

Höhere Zinsen sorgen jedoch dafür, dass die Inflationserwartungen unter Kontrolle bleiben. Wenn Privatpersonen und Unternehmen von einer dauerhaft hohen Inflation ausgehen, werden die Arbeitnehmer wahrscheinlich höhere Löhne fordern und die Arbeitgeber wiederum ihre Preise erhöhen. Diese Entwicklung wird häufig als Lohn-Preis-Spirale bezeichnet. Um einer solchen Spirale entgegenzuwirken, werden wir die Zinssätze weiter anheben. Dadurch verteuern sich Kredite und Spareinlagen verzinsen sich besser. Wir werden dafür sorgen, dass Unternehmen, Arbeitnehmer und Anleger darauf vertrauen können, dass die Inflation mittelfristig auf 2 % zurückgehen wird. Wir werden nicht zulassen, dass sich die Erwartungen hinsichtlich einer höheren Inflation verfestigen.