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Document 52005AB0002

Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 4. Februar 2005 auf Ersuchen des Rates der Europäischen Union zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche einschließlich der Finanzierung des Terrorismus (KOM(2004) 448 endgültig) (CON/2005/2)

OJ C 40, 17.2.2005, p. 9–13 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

17.2.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 40/9


STELLUNGNAHME DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 4. Februar 2005

auf Ersuchen des Rates der Europäischen Union zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche einschließlich der Finanzierung des Terrorismus

(KOM(2004) 448 endgültig)

(CON/2005/2)

(2005/C 40/06)

1.

Am 22. Oktober 2004 wurde die Europäische Zentralbank (EZB) vom Rat der Europäischen Union um Stellungnahme zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche einschließlich der Finanzierung des Terrorismus (nachfolgend der „Richtlinienvorschlag“) ersucht.

2.

Die Zuständigkeit der EZB zur Abgabe einer Stellungnahme beruht auf Artikel 105 Absatz 4 erster Gedankenstrich des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, der vorsieht, dass die EZB zu allen Vorschlägen für Rechtsakte der Gemeinschaft in ihrem Zuständigkeitsbereich gehört wird. Die Zuständigkeit der EZB zur Abgabe einer Stellungnahme beruht ferner auf Artikel 105 Absatz 5 des Vertrags, da der Richtlinienvorschlag eine der Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) betrifft, und zwar zur reibungslosen Durchführung der von den zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über die Kreditinstitute und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen beizutragen. Darüber hinaus beruht die Zuständigkeit der EZB zur Abgabe einer Stellungnahme auf Artikel 105 Absatz 2 und 106 Absatz 1 des Vertrags sowie Artikel 16 bis 18 und 21 bis 23 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, da der Richtlinienvorschlag Bestimmungen enthält, die Auswirkungen auf bestimmte Aufgaben des ESZB haben. Diese Stellungnahme wurde gemäß Artikel 17.5 Satz 1 der Geschäftsordnung der Europäischen Zentralbank vom EZB-Rat verabschiedet.

3.

Diese Stellungnahme beruht auf der Fassung des Richtlinienvorschlags vom 13. Oktober 2004, zu dem die EZB um Stellungnahme ersucht wurde. Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass diese Fassung unter der niederländischen Präsidentschaft weiter bearbeitet wurde. Aus Gründen der Klarheit äußert sich die EZB in dieser Stellungnahme jedoch nicht zu späteren Fassungen des Richtlinienvorschlags.

4.

Das vorrangige Ziel des Richtlinienvorschlags ist es, eine koordinierte Umsetzung und Anwendung der überarbeiteten Vierzig Empfehlungen der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahmen gegen die Geldwäsche“ (nachfolgend die „FATF“) in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Das Ergebnis der im Juni 2003 abgeschlossenen Überarbeitung der Vierzig Empfehlungen der FATF ist ein verbesserter und umfassenderer Rahmen internationaler Standards zur Sicherung der Integrität des Finanzsystems. Der Anwendungsbereich der Vierzig Empfehlungen wurde insbesondere dahin gehend erweitert, dass neben der Geldwäsche auch die Terrorismusfinanzierung erfasst wird. Vor diesem Hintergrund erhält der Binnenmarkt durch den Richtlinienvorschlag einen verbesserten und einheitlichen Rechtsrahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Im Einzelnen wird unter anderem Folgendes vorgeschlagen: a) Die Terrorismusfinanzierung in das Konzept der Geldwäsche aufzunehmen; b) die Änderung der Begriffsbestimmung der „schweren Straftat“ der geltenden Richtlinie über Geldwäsche (1) (nachfolgend die „geltende Geldwäsche-Richtlinie“); c) die Erweiterung des Kreises der Personen und Institute, auf die die geltende Geldwäsche-Richtlinie Anwendung findet, um unter anderem Trust- und Unternehmensdienstleister sowie Versicherungsmittler (wenn sie Lebensversicherungen und andere Versicherungen mit Anlagezweck vermitteln) zu erfassen, soweit diese jeweils noch nicht unter die geltende Geldwäsche-Richtlinie fallen; d) die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Verfahren zur Feststellung der Kundenidentität sowie der Pflichten zur Aufbewahrung von Aufzeichnungen und Belegen für in Drittländern ansässige Zweigstellen von Instituten, auf die die geltende Geldwäsche-Richtlinie Anwendung findet, oder für in Drittländern ansässige Tochtergesellschaften dieser Institute, die sich mehrheitlich im Besitz der genannten Institute befinden; e) das ausdrückliche Verbot für Kredit- und Finanzinstitute, anonyme Konten, anonyme Sparbücher oder Konten unter fiktiven Namen zu führen; f) das ausdrückliche Verbot für Kreditinstitute, Korrespondenzbankbeziehungen mit fiktiven Banken („shell banks“) einzugehen; g) die Festlegung detaillierterer „know-your-customer“-Regeln für Institute und Personen, auf die der Richtlinienvorschlag Anwendung findet, insbesondere für Fälle, in denen ein erhöhtes Geldwäscherisiko besteht, wozu grenzübergreifende Korrespondenzbankbeziehungen gehören; h) den Mitgliedstaaten bei einem geringen Geldwäscherisiko zu gestatten, eine vereinfachte Sorgfaltspflicht bei der Feststellung der Kundenidentität anzuwenden (die Kommission kann mit Unterstützung eines Ausschusses zur Verhinderung von Geldwäsche Durchführungsbestimmungen erlassen, in denen die Kriterien zur Bestimmung des Bestehens eines hohen bzw. geringen Geldwäscherisikos festgelegt werden); i) die gegenseitige Anerkennung - vorbehaltlich bestimmter Bedingungen - von Verfahren zur Feststellung der Kundenidentität, die Dritte in anderen Mitgliedstaaten durchführen; j) die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, zentrale Meldestellen zur wirksamen Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einzurichten; k) die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, ein Zulassungs- oder Eintragungssystem für Wechselstuben sowie Trust- und Unternehmensdienstleister einzuführen. Die EZB nimmt ferner zur Kenntnis, dass gemäß dem Richtlinienvorschlag die speziellen Bestimmungen über die Feststellung der Kundenidentität auf Zahlungs- und Überweisungsdienstleistungen Anwendung finden. Diese speziellen Bestimmungen sind in dem noch nicht veröffentlichten Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Auftraggeberdaten bei Überweisungen (2) festgelegt.

5.

Im Allgemeinen erinnert die EZB an die vom Eurosystem eingegangene Verpflichtung, „alles in seiner Macht Stehende zu tun, um zum Beschluss, zur Umsetzung und Durchführung von Maßnahmen gegen die Nutzung des Finanzsystems für terroristische Aktivitäten beizutragen“. Diese Verpflichtung kommt in der öffentlichen Erklärung des EZB-Rats vom 1. Oktober 2001 zum Ausdruck, die den Terroranschlägen in den Vereinigten Staaten vom 11. September 2001 folgte. Vor diesem Hintergrund begrüßt die EZB den Richtlinienvorschlag nachdrücklich. Angesichts der Herausforderungen, die sich aus den Entwicklungen im Bereich der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ergeben, stellt der Richtlinienvorschlag einen wichtigen Schritt zur Verbesserung des Rechtsrahmens der Gemeinschaft zum Schutz der Integrität des Finanzsystems dar. Die EZB begrüßt den Richtlinienvorschlag auch deshalb, weil er die koordinierte Umsetzung und Anwendung der Vierzig Empfehlungen der FATF in den Mitgliedstaaten erleichtert und somit zur Angleichung der Methoden zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung beiträgt. Darüber hinaus trägt eine solche koordinierte Anwendung dazu bei, gleiche Wettbewerbsbedingungen für Kredit- und Finanzinstitute in der EU zu wahren. Die EZB begrüßt ferner die Artikel 37 und 38 des Richtlinienvorschlags. Diese Bestimmungen sehen vor, dass die Kommission mit Unterstützung des oben genannten Ausschusses Durchführungsbestimmungen erlässt, um den technischen Entwicklungen bei der Bekämpfung der Geldwäsche Rechnung zu tragen und eine einheitliche Anwendung des Richtlinienvorschlags zu gewährleisten. Die genannten Artikel sollten gewährleisten, dass der im Richtlinienvorschlag vorgesehene Regelungsrahmen aktuell und damit auch effektiv bleibt. Ferner sollten die Artikel zu einer einheitlichen Anwendung des Richtlinienvorschlags durch die zuständigen Behörden beitragen. So ist gemäß dem zweiten Erwägungsgrund des Richtlinienvorschlags ein gemeinschaftliches Vorgehen in diesem Bereich erforderlich, „um zu vermeiden, dass die Mitgliedstaaten zum Schutz ihres Finanzsystems Maßnahmen ergreifen, die mit der Vollendung des Binnenmarkts unvereinbar sein könnten“.

6.

Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass die Anwendung der Artikel 7 und 30 (diese Bestimmungen haben die Sorgfaltspflicht bei der Feststellung der Kundenidentität und interne Verfahren zum Gegenstand) auf Kredit- und sonstige Finanzinstitute Aufsichtspflichten erheblich beeinflussen wird. Diese Bestimmungen entsprechen den Empfehlungen des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht zur „Sorgfaltspflicht der Banken bei der Feststellung der Kundenidentität“ (3), die dadurch, dass sie auf die Reduzierung des operationellen Risikos und des Reputationsrisikos für Banken abzielen, diese Frage aus einer anderen Perspektive behandeln. Die EZB begrüßt die verstärkten Anforderungen des Richtlinienvorschlags, da diese mit international anerkannten, bewährten Standards („best practice“) im Einklang stehen. Ferner weist die EZB darauf hin, dass es wichtig ist, bei der nationalen Umsetzung des Richtlinienvorschlags die Übereinstimmung zwischen den in den Artikeln 7 und 30 genannten Verfahren und nationalen Umsetzungsmaßnahmen des gemeinschaftlichen Besitzstands im Bereich der Aufsicht über Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute, insbesondere im Hinblick auf Banken- und Finanzgruppen, zu gewährleisten. Zu diesem Zweck ist eine konsistente und koordinierte Anwendung der Sorgfaltspflicht bei der Feststellung der Kundenidentität durch die zuständigen Behörden erstrebenswert und bei Rechtsvorschriften, in denen die Durchsetzung der Einhaltung von Standards bei der Feststellung der Kundenidentität anderen Behörden als der betreffenden Bankenaufsichtsbehörde anvertraut ist, von besonderer Bedeutung. Konsistenz und Koordination würden auch die Belastung verringern, die aufgrund der Verpflichtung zur Einhaltung von Regelungen auf grenzübergreifender Ebene entsteht. Die EZB stellt insbesondere fest, dass die Einhaltung der Sorgfaltspflicht bei der Feststellung der Kundenidentität ebenfalls mit dem operationellen Risiko im Zusammenhang steht. Letzteres wird im Vorschlag für eine Neufassung der Kodifizierten Bankenrichtlinie und der Kapitaladäquanzrichtlinie (4) behandelt. Dieser Zusammenhang beruht darauf, dass unmittelbare Verluste (5), die infolge einer unzureichenden Sorgfalt bei der Feststellung der Kundenidentität entstehen, in den Bereich des operationellen Risikos fallen, das in Artikel 4 der vorgeschlagenen Neufassung der Kodifizierten Bankenrichtlinie definiert wird und das Risiko des Verlustes erfasst, der infolge der Mangelhaftigkeit oder des Versagens von internen Verfahren, von Personen und Systemen eintritt. Daher umfasst das in Anhang V, Ziffer 11 der vorgeschlagenen Neufassung der Kodifizierten Bankenrichtlinie vorgeschriebene Management des operationellen Risikos ebenfalls die in den Artikeln 7 und 30 des Richtlinienvorschlags enthaltenen Prinzipien und Verfahren. Allgemeiner ausgedrückt muss gemäß Artikel 22 der vorgeschlagenen Neufassung der Kodifizierten Bankenrichtlinie Banken die Verpflichtung auferlegt werden, über Verfahren zur Steuerung aller erheblichen aktuellen und künftigen Risiken zu verfügen. Zu diesen Risiken gehört das Reputationsrisiko, das infolge einer unzureichenden Sorgfalt bei der Feststellung der Kundenidentität entsteht. Die EZB gibt zu bedenken, dass dieser Zusammenhang in den Artikeln 7 und 30 des Richtlinienvorschlags konkret behandelt werden sollte. Zumindest müsste die Umsetzung aller damit zusammenhängenden Bestimmungen und die sich daran anschließende Aufsicht durch die zuständigen Behörden konsistent erfolgen, um eine unangemessene Belastung der betroffenen Institute zu vermeiden.

7.

Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass Artikel 11 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags unter anderem in Bezug auf „grenzübergreifende Korrespondenzbankbeziehungen zwischen Kreditinstituten aus anderen Mitgliedstaaten oder Drittländern“ eine verstärkte Sorgfaltspflicht bei der Feststellung der Kundenidentität vorsieht. Diese Bestimmung dient der Umsetzung von Empfehlung 7 der Vierzig Empfehlungen der FATF, in der grenzübergreifende Korrespondenzbankbeziehungen geregelt sind. Gemäß der Begründung des Richtlinienvorschlags ist das Risiko der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bei grenzübergreifenden Korrespondenzbankbeziehungen besonders hoch, und deshalb bedürfen diese besonderer Aufmerksamkeit.

8.

Die EZB nimmt ebenfalls zur Kenntnis, dass die für grenzübergreifende Korrespondenzbankbeziehungen geltende verstärkte Sorgfaltspflicht bei der Feststellung der Kundenidentität keine Anwendung auf Korrespondenzbankbeziehungen zwischen zwei Kreditinstituten innerhalb desselben Mitgliedstaats findet. Allerdings scheint es, als sei das gemäß der Kodifizierten Bankenrichtlinie (6) in der EU geltende Prinzip der gegenseitigen Anerkennung im Wortlaut des Artikels 11 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags nicht berücksichtigt worden. Es ist fraglich, ob Korrespondenzbankbeziehungen zwischen Kreditinstituten in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten - so wie es der Richtlinienvorschlag vorsieht - als Fälle eines hohen Risikos angesehen werden sollten, in denen es erforderlich ist, unter anderem die „Qualität der Aufsicht“ über ein Kreditinstitut in einem anderen Mitgliedstaat oder die „Reputation“ eines in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Kreditinstituts zu beurteilen. Aus diesem Grund schlägt die EZB vor, dass der Richtlinienvorschlag auf der Grundlage des in der EU geltenden Prinzips der gegenseitigen Anerkennung eine Befreiung von den Bestimmungen über die verstärkte Sorgfaltspflicht bei der Feststellung der Kundenidentität für Kreditinstitute aus anderen Mitgliedstaaten in Bezug auf grenzübergreifende Korrespondenzbankbeziehungen vorsehen sollte.

i)   Pflichten der Kreditinstitute gegenüber den Zentralbanken gemäß dem Richtlinienvorschlag

9.

Für die Zentralbanken ist es von besonderem Interesse, ob die im Richtlinienvorschlag in Bezug auf grenzübergreifende Korrespondenzbankbeziehungen vorgesehene verstärkte Sorgfaltspflicht bei der Feststellung der Kundenidentität auch auf Korrespondenzbankbeziehungen Anwendung finden soll, die Zentralbanken außerhalb der EU (sowie innerhalb der EU) mit Kreditinstituten innerhalb der EU unterhalten. Der Euro wird häufig als internationale Reservewährung verwendet, und deshalb unterhalten viele Zentralbanken und Währungsbehörden außerhalb der EU Korrespondenzbankbeziehungen mit Kreditinstituten innerhalb der EU. In den Vereinigten Staaten finden die Bestimmungen des „USA PATRIOT Act“ (7), die eine Zulassung von für ausländische Banken verwaltete, eingerichtete oder geführte Korrespondenzkonten erfordern, keine Anwendung auf ausländische Zentralbanken oder Währungsbehörden, die als Zentralbanken fungieren. Diese Bestimmungen gelten ebenso wenig für aufgrund von Abkommen oder internationalen Vereinbarungen gegründete internationale Finanzinstitute oder regionale Entwicklungsbanken. Die EZB empfiehlt, für grenzübergreifende Korrespondenzbankbeziehungen eine ähnliche Befreiung in die im Richtlinienvorschlag vorgesehenen Bestimmungen über die verstärkte Sorgfaltspflicht bei der Feststellung der Kundenidentität aufzunehmen, da bei Korrespondenzbankbeziehungen mit Zentralbanken, Währungsbehörden und internationalen Finanzinstituten, mit Ausnahme von Instituten aus Ländern, die auf der FATF-Liste der nicht kooperativen Länder und Hoheitsgebiete stehen, im Allgemeinen kein hohes Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung besteht.

10.

In diesem Zusammenhang weist die EZB darauf hin, dass gemäß Artikel 23 der Satzung „die EZB und die nationalen Zentralbanken befugt [sind], mit Zentralbanken und Finanzinstituten in dritten Ländern und, soweit zweckdienlich, mit internationalen Organisationen Beziehungen aufzunehmen … [sowie] alle Arten von Bankgeschäften im Verkehr mit dritten Ländern sowie internationalen Organisationen zu tätigen …“. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Bankgeschäfte für diese Kunden, d. h. Zentralbanken außerhalb und innerhalb der EU sowie internationale Organisationen, vertraulich ausgeführt werden. Es ist nicht klar, ob die Geschäftspartner der nationalen Zentralbanken (NZBen) im Eurosystem - z. B. Kreditinstitute - gemäß dem Richtlinienvorschlag die Verfahren zur Feststellung der Kundenidentität anwenden müssten, wenn sie finanzielle Mittel erhalten, die von den NZBen für Kunden, die Zentralbanken oder internationale Organisationen sind, angelegt werden. Es wäre daher sinnvoll, wenn der Richtlinienvorschlag dahin gehend geändert werden könnte, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, den unter den Richtlinienvorschlag fallenden Instituten und Personen zu gestatten, die Verfahren zur Feststellung der Kundenidentität nicht auf die EZB und die NZBen im ESZB anzuwenden. Dies sollte auch gelten, wenn die EZB und die NZBen im ESZB für Dritte handeln. In der Praxis besteht in Bezug auf Zentralbanken ein sehr geringes Geldwäscherisiko, und eine ausdrücklich Bezugnahme auf Zentralbanken würde zu mehr Rechtsklarheit beitragen.

ii)   Pflichten der Zentralbanken gemäß dem Richtlinienvorschlag

11.

Der Richtlinienvorschlag findet wie die geltende Geldwäsche-Richtlinie auf Kredit- und Finanzinstitute Anwendung (Artikel 2 Absatz 1). Ob Zentralbanken unter den Richtlinienvorschlag fallen, ist jedoch unklar. Aus Gründen der Rechtsklarheit würde es die EZB begrüßen, wenn Artikel 2 des Richtlinienvorschlags dahin gehend geändert wird, dass dem Artikel ein Absatz angefügt wird, gemäß dem Zentralbanken die Höhe des Risikos einschätzen, dass sie zur Geldwäsche benutzt werden, und sie im Falle eines erheblichen Geldwäscherisikos geeignete Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass sie die Ziele des Richtlinienvorschlags erfüllen.

12.

Artikel 7 Absatz 3 des Richtlinienvorschlags sieht vor, dass in Bezug auf Zahlungs- und Überweisungsdienstleistungen die speziellen Bestimmungen auf dem Gebiet der Feststellung der Kundenidentität gelten, die in dem noch nicht veröffentlichten Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Auftraggeberdaten bei Überweisungen (nachfolgend der „Verordnungsentwurf“) festgelegt sind (8). Zweck des Verordnungsentwurfs ist es zu gewährleisten, dass den zuständigen Behörden zu ihrer Unterstützung bei der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung grundlegende Informationen über den Auftraggeber unmittelbar zur Verfügung stehen. Der Verordnungsentwurf gilt für Überweisungen in beliebiger Währung, die von Anbietern von Zahlungsdienstleistungen mit Sitz in der EU getätigt und/oder empfangen werden (9). Darüber hinaus enthält der Verordnungsentwurf für Anbieter von Zahlungsdienstleistungen geltende Bestimmungen über die Speicherung von Auftraggeberdaten bei Überweisungen (10). Die Bestimmungen des Richtlinienvorschlags über Auftraggeberdaten scheinen bei Zahlungs- und Überweisungsdienstleistungen keine Befreiung von sonstigen Verfahren zur Feststellung der Kundenidentität, einschließlich der Identifizierung des wirtschaftlichen Eigentümers, vorzusehen. Daher scheint der Richtlinienvorschlag grundsätzlich auf den Betrieb von Zahlungsverkehrssystemen Anwendung zu finden. Insbesondere ist in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b des Richtlinienvorschlags vorgesehen, dass die Identifizierung des wirtschaftlichen Eigentümers Teil des Verfahrens zur Feststellung der Kundenidentität ist. Artikel 3 Absatz 8 sieht vor, dass unter dem wirtschaftlichen Eigentümer unter anderem die natürliche Person zu verstehen ist, in deren Namen eine Transaktion bzw. Tätigkeit durchgeführt wird. In diesem Zusammenhang ist die besondere Struktur von Zahlungsverkehrssystemen von Bedeutung. Wie bei Postdiensten sind Betreiber von Zahlungsverkehrssystemen nur für die ordnungsgemäße Abholung, Sortierung, Abwicklung, Übermittlung und Zustellung der „Umschläge“, d. h. der Zahlungsnachrichten, zuständig. Grundsätzlich ist es jedoch weder ihre Aufgabe noch sind sie technisch dazu in der Lage, den Inhalt der Umschläge zu lesen oder zu überprüfen. Eine Überprüfung der Identität des Auftraggebers und des Begünstigten, einschließlich ihrer Namen und Adressen, könnte nur durch ihre jeweiligen Finanzdienstleistungsanbieter vorgenommen werden. Dies steht im Einklang mit den in die nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten umgesetzten Bestimmungen der geltenden Geldwäsche-Richtlinie. Da jedoch moderne Zahlungsverkehrssysteme über eine voll automatisierte Datenverarbeitung verfügen, sind sie nicht in der Lage, Qualitätsprüfungen irgendwelcher Art durchzuführen, und sie stehen in der Regel in keiner Geschäftsbeziehung zu dem Auftraggeber oder Endbegünstigten der Zahlung. Betreiber von Zahlungsverkehrssystemen sind lediglich in der Lage zu überprüfen, ob überhaupt Daten in einem Eingabefeld vorhanden sind; sie können jedoch nicht die Qualität, Vollständigkeit, Genauigkeit oder Aussagefähigkeit dieser Daten überprüfen. Die EZB ist daher der Ansicht, dass unbeschadet der Verpflichtung von Betreibern von Zahlungsverkehrssystemen sicherzustellen, dass durch geeignete Feststellung der Identität der Systemteilnehmer die in Zahlungsverkehrssysteme eingegebenen Zahlungsaufträge genau verfolgt werden können, Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b des Richtlinienvorschlags keine Anwendung auf Betreiber von Zahlungsverkehrssystemen finden sollte. Zu diesem Zweck wurden in einigen Fällen Regelungen über entsprechende Überwachungsbefugnisse der Zentralbank erlassen.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 4. Februar 2005.

Der Präsident der EZB

Jean-Claude TRICHET


(1)  Richtlinie 91/308/EWG des Rates vom 10. Juni 1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche (ABl. L 166 vom 28.6.1991, S. 77). Geändert durch die Richtlinie 2001/97/EG (ABl. L 344 vom 28.12.2001, S. 76).

(2)  Der Vorschlag setzt die Sonderempfehlung VII (zu elektronischen Überweisungen) der Sonderempfehlungen der FATF zur Terrorismusfinanzierung um.

(3)  Basler Ausschuss für Bankenaufsicht „Sorgfaltspflicht der Banken bei der Feststellung der Kundenidentität“, Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Oktober 2001.

(4)  Vorschlag der Kommission für Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates zur Neufassung der Richtlinie 2000/12/EG vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute und der Richtlinie 93/6/EWG des Rates vom 15. März 1993 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten, 14.7.2004, KOM(2004) 486 endgültig.

(5)  Mittelbare Verluste aufgrund einer Reputationsschädigung des Instituts werden nicht vom operationellen Risiko erfasst.

(6)  Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABl. L 126 vom 26.5.2000, S. 1). Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/69/EG der Kommission (ABl. L 125 vom 28.4.2004, S. 44).

(7)  „Uniting and Strengthening America by Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism Act of 2001“ (Gesetz von 2001 zur Einigung und Stärkung Amerikas durch die Bereitstellung geeigneter Maßnahmen, um Terrorismus entgegen zu treten und aufzuhalten).

(8)  Die EZB geht davon aus, dass diese Bestimmung geändert wird, wenn die Kommission ihren Vorschlag vor In-Kraft-Treten des Richtlinienvorschlags noch nicht veröffentlicht hat.

(9)  Artikel 1 Absätze 1 und 2 sowie Artikel 3 und 4 des Verordnungsentwurfs.

(10)  Artikel 5 des Verordnungsentwurfs.


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