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Document 52003AB0021

Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 30. September 2003 auf Ersuchen des Rates der Europäischen Union zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (KOM(2003) 138 endg.) (CON/2003/21)

OJ C 242, 9.10.2003, p. 6–10 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52003AB0021

Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 30. September 2003 auf Ersuchen des Rates der Europäischen Union zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (KOM(2003) 138 endg.) (CON/2003/21)

Amtsblatt Nr. C 242 vom 09/10/2003 S. 0006 - 0010


Stellungnahme der Europäischen Zentralbank

vom 30. September 2003

auf Ersuchen des Rates der Europäischen Union zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (KOM(2003) 138 endg.)

(CON/2003/21)

(2003/C 242/06)

Einleitung

1. Am 28. April 2003 wurde die Europäische Zentralbank (EZB) vom Rat der Europäischen Union um Stellungnahme zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (nachfolgend als "Richtlinienvorschlag" bezeichnet) ersucht.

2. Die Zuständigkeit der EZB zur Abgabe einer Stellungnahme beruht auf Artikel 105 Absatz 4 erster Gedankenstrich des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, da der Richtlinienvorschlag von grundlegender Bedeutung ist, um die Integrität der Finanzmärkte in der Gemeinschaft zu gewährleisten und das Vertrauen der Anleger und die Stabilität des Finanzsystems zu stärken. Diese Stellungnahme wurde gemäß Artikel 17.5 Satz 1 der Geschäftsordnung der Europäischen Zentralbank vom EZB-Rat verabschiedet.

3. Vorrangiges Ziel des Richtlinienvorschlags ist es, den Anlegerschutz und die Markteffizienz zu verbessern, indem die Transparenz der Informationen erhöht wird, die Emittenten von zum Handel auf geregelten europäischen Märkten zugelassen Aktien und Schuldtiteln liefern. Im Einzelnen verbessert der Richtlinienvorschlag die Jahresberichterstattung der Emittenten, insbesondere durch die Harmonisierung der Vorlagefristen der Jahresberichte. Dadurch, dass der Richtlinienvorschlag die internationalen Rechnungslegungsstandards (IAS) berücksichtigt, ändert er die bestehenden Regeln über die Halbjahresberichterstattung. Darüber hinaus verpflichtet er auch die Emittenten von Schuldtiteln zur Halbjahresberichterstattung. Der Richtlinienvorschlag führt das Erfordernis der Quartalsberichte neu ein. Er verbessert ferner den bestehenden harmonisierten Rahmen für die Offenlegung von Änderungen bei bedeutenden Wertpapier-Beteiligungen und modernisiert die bestehenden Gemeinschaftsvorschriften über die von Emittenten gelieferten Informationen.

Allgemeine Beurteilung

4. Grundsätzlich begrüßt und unterstützt die EZB den Richtlinienvorschlag, da dieser ein wirksames Mittel darstellt, um die Effizienz der europäischen Finanzmärkte zu verbessern, ihre Integration zu fördern und die Stabilität des Finanzsystems zu stärken. Darüber hinaus erhöht die Entwicklung effizienter und wettbewerbsfähiger Finanzmärkte in Europa das Wachstumspotential der Wirtschaft. Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass der Richtlinienvorschlag - wie im Aktionsplan für Finanzdienstleistungen vorgesehen(1) - ein wesentlicher Bestandteil eines komplexen Projekts zur Modernisierung der Rechtsvorschriften für Wertpapiermärkte in Europa ist. Die Verordnung betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards(2), die Richtlinie über Marktmissbrauch(3) und die künftige Prospektrichtlinie(4) bilden die Grundlage für die grundlegende Verbesserung der Gesamteffizienz der europäischen Finanzmärkte. Der Richtlinienvorschlag ergänzt das genannte Projekt, indem er die europäischen Rahmenvorschriften für die Finanzberichterstattung und die Offenlegung gegenüber Aktionären modernisiert.

5. Die Einführung harmonisierter und verbesserter Offenlegungsnormen wird sich positiv auf die europäische Wirtschaft auswirken, da sie die Markteffizienz verbessern, die Integration der europäischen Finanzmärkte fördern und zur Stabilität des Finanzsystems im Euro-Währungsgebiet beitragen wird. Die Markteffizienz wird verbessert, da die Offenlegung rechtzeitiger, vollständiger und genauer Informationen seitens der Emittenten eine bessere Preisfestlegung gewährleistet. Dies wiederum vermindert versteckte Verzerrungen, weil dadurch Märkte, Emittenten und Anleger ähnliche Anlagemöglichkeiten in Europa miteinander vergleichen können, der Wettbewerb gestärkt und die Unsicherheit verringert wird. Ein zusammenhängender Rahmen der Europäischen Union (EU) für die Finanzberichterstattung, der ordnungsgemäß und einheitlich umgesetzt wird, stärkt auch das Vertrauen der Anleger in die Integrität des europäischen Finanzsystems sowie in Investitionen in ein breiteres Spektrum europäischer Unternehmen. Dies führt zu einer effizienteren Allokation von Ressourcen an die Unternehmen, die diese am besten nutzen können.

6. Darüber hinaus werden verbesserte Offenlegungspflichten wahrscheinlich die Kapitalkosten von Unternehmen verringern. In dieser Hinsicht sind die vorgeschlagenen strengeren Normen über die Zwischenberichterstattung und die vorgeschlagene periodische Lieferung verlässlicher Finanzinformationen von großer Bedeutung. Eine verstärkte Offenlegung verringert den Grad der Unsicherheit, der mit der gegenwärtigen und zukünftigen Geschäftstätigkeit von Unternehmen verbunden ist. Dadurch werden das Vertrauen der Anleger in Bekanntmachungen von Unternehmen über ihre Ergebnisse gestärkt und in der Regel die Kapitalkosten von Unternehmen gesenkt. Der Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit von Kapital und dem Grad der Offenlegung lässt sich mit der Theorie der Vertretung begründen. In einem Umfeld, in dem eine Informationsasymmetrie zwischen Unternehmensleitung, Aktionären und Anleihegläubigern besteht, hilft die Offenlegung zusätzlicher Informationen, die Probleme der adversen Selektion und des Moral Hazard zu verringern, was durch niedrigere Kapitalkosten belohnt wird. Darüber hinaus haben Offenlegungspflichten eine positive Auswirkung auf Emittenten, indem sie disziplinierend auf Mitglieder der Unternehmensleitung wirken.

7. Der Richtlinienvorschlag fördert zudem die Integration der europäischen Finanzmärkte und ermöglicht damit die Nutzung sämtlicher potentieller Vorteile des Euro. Die Harmonisierung der Transparenzanforderungen in der EU fördert die vermehrte grenzüberschreitende Marktteilnahme, insbesondere an den Märkten für von Unternehmen begebene Wertpapiere. Anleger, die eine zuverlässige Orientierungshilfe für ihre Entscheidungen suchen, werden durch harmonisierte Regelungen bezüglich Transparenz, Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse börsennotierter Unternehmen geschützt.

8. Die EZB erwartet auch, dass der Richtlinienvorschlag sich auch positiv auf die Stabilität des Finanzsystems auswirken wird. Erstens sind Anleger besser in der Lage, Emittenten eingehend zu beobachten und bei finanziellen Ungleichgewichten Korrekturen vorzunehmen, wenn der Kurs von Wertpapieren die Gewinnaussichten und die Risiken der Emittenten genauer widerspiegelt. Auf diese Weise werden die Risiken für die Stabilität des Finanzsystems verringert. Zweitens wird aufgrund der verbesserten Aktualität, Genauigkeit und Einheitlichkeit der Informationen, die Anlegern zur Verfügung gestellt werden, eine verspätete Entdeckung bedeutender Kapitalfehlleitungen unwahrscheinlicher, so dass scharfe Preiskorrekturen seltener erforderlich werden. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass häufigere und ausführlichere Finanzinformationen möglicherweise zu vermehrten kurzfristigen Kursschwankungen führen können. Mittelfristig sollten Kursschwankungen, die im Zusammenhang mit scharfen Korrekturen von Erwartungen stehen, jedoch seltener vorkommen. Insgesamt sollte dies positive Auswirkungen auf die Volatilität der Märkte haben. Drittens wird die erwartete Verbesserung der Markteffizienz auch die Marktliquidität erhöhen, wodurch die Märkte Schocks effektiver absorbieren können. Schließlich trägt die erhöhte grenzüberschreitende Diversifikation der Wertpapierportfolios dazu bei, dass Anleger einheimische Wertpapiere bei ihren Anlageentscheidungen in geringerem Maße bevorzugen. Dies stärkt wiederum die Widerstandsfähigkeit des gesamten europäischen Finanzsystems gegenüber Schocks, die von einzelnen Finanzmärkten ausgehen.

9. Wie im Nachstehenden ausgeführt, ist die EZB jedoch der Auffassung, dass bestimmte Fragen näher erörtert werden sollten. Dies betrifft insbesondere die Anwendung bestimmter Vorschriften des Richtlinienvorschlags auf die EZB und die nationalen Zentralbanken (NZBen), die Regeln über die Halbjahresfinanzberichte, die Übereinstimmung mit aufsichtsrechtlichen Berichtsanforderungen, die Bestimmungen über die zuständigen Behörden sowie die Notwendigkeit, europäische Statistikstandards heranzuziehen.

Die Anwendung des Richtlinienvorschlags auf die EZB und die NZBen

10. Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass Artikel 8 des Richtlinienvorschlags die EZB und die NZBen als hoheitliche Schuldtitelemittenten von den Regelungen über periodische Informationen (Artikel 4 bis 6), nicht jedoch von sonstigen Offenlegungsvorschriften, ausnimmt. Somit lässt der Richtlinienvorschlag die besonderen Aufgaben der EZB außer Acht, insbesondere ihre Zuständigkeit für die Geldpolitik im Euro-Währungsgebiet. Die Anwendung des Richtlinienvorschlags auf die EZB könnte sich negativ auf die Erfuellung ihrer Aufgaben auswirken. Die Durchführung der einheitlichen Geldpolitik kann in bestimmten Fällen durchaus die Emission von Schuldtiteln als geldpolitisches Instrument erfordern. Dies kann mit dem Ziel geschehen, die strukturelle Liquiditätsposition des Eurosystems gegenüber dem Bankensystem so zu beeinflussen, dass im Bankensystem ein Liquiditätsdefizit herbeigeführt (oder vergrößert) wird. Nach den Allgemeinen Regelungen für die geldpolitischen Instrumente und Verfahren des Eurosystems(5) kann die EZB Schuldtitel emittieren. Die EZB ist der Auffassung, dass es aufgrund des besonderen Charakters der Emission von Schuldtiteln als geldpolitisches Instrument gerechtfertigt ist, einige Vorschriften des Richtlinienvorschlags nicht auf die EZB anzuwenden.

11. Die Anwendung einiger Vorschriften des Richtlinienvorschlags auf die EZB und die NZBen kann ferner die Erfuellung der spezifischen geldpolitischen Aufgaben der EZB und NZBen beeinträchtigen. Beispielsweise sind die NZBen gemäß den Artikeln 9 bis 12 zur Offenlegung von Informationen über bedeutende Beteiligungen verpflichtet. In diesem Zusammenhang weist die EZB darauf hin, dass Zentralbanken aufgrund der genannten Vorschriften möglicherweise zur Offenlegung von Informationen im Hinblick auf Wertpapiere verpflichtet werden, die ihnen im Rahmen der Erfuellung ihrer geldpolitischen Aufgaben als Sicherheiten übertragen worden sind. Dies könnte sich negativ auf die Reibungslosigkeit und Effizienz von Zentralbankgeschäften auswirken. Die Anwendung von Offenlegungsvorschriften in Bezug auf Wertpapiere, die als Sicherheiten bestellt wurden, kann sich auch auf das reibungslose Funktionieren des europäischen Repomarktes auswirken. Letzteres könnte als im Widerspruch zu dem in der Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten(6) verfolgten Ziel stehend angesehen werden, die Bestellung von Finanzsicherheiten durch Verringerung des Verwaltungsaufwands zu vereinfachen. Aus diesem Grund ist die EZB der Ansicht, dass in diesem Punkt noch weitere Überlegungen angestellt werden sollten.

12. In einem allgemeineren Zusammenhang weist die EZB darauf hin, dass ihr und den NZBen entweder durch den Vertrag oder die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank oder - im Fall der nicht teilnehmenden NZBen - durch deren Satzungen spezifische geldpolitische Aufgaben zugewiesen wurden, die möglicherweise schwer mit der Anwendung des Richtlinienvorschlags auf Zentralbanktätigkeiten zu vereinbaren sind, die mit der Durchführung der Geldpolitik zusammenhängen. Die EZB stellt fest, dass die besonderen Eigenschaften von Zentralbanken bereits in den Richtlinien über die Wertpapierregulierung anerkannt wurden. Insbesondere von der EZB und den NZBen begebene Wertpapiere werden von der obengenannten künftigen Prospektrichtlinie(7) ausgenommen. Wenn die Anwendung harmonisierter Offenlegungsregeln auf von der EZB und den NZBen begebene Wertpapiere beim öffentlichen Angebot nicht erforderlich ist, sollten aus Gründen der Einheitlichkeit die im Richtlinienvorschlag vorgesehenen Bestimmungen über die laufende Offenlegung ebenso wenig auf die genannten Wertpapiere Anwendung finden. Dies schließt nicht aus, dass die NZBen in bestimmten Fällen Informationen gegenüber Anlegern offen legen müssen, da die von ihnen begebenen Wertpapiere in einigen Fällen zum Handel auf regulierten Märkten zugelassen werden. In diesen Fällen sollten nationale Rechtsvorschriften die Offenlegung durch die NZBen vorsehen, und diese Vorschriften sollten der besonderen Situation der NZBen Rechnung tragen. Gemäß dem Vertrag müsste die EZB zu diesen Vorschriften angehört werden, damit sie die Möglichkeit hat, die Vereinbarkeit solcher Vorschriften mit dem Vertrag und der Satzung zu prüfen. Im Hinblick auf das Vorstehende ist die EZB der Auffassung, dass der Richtlinienvorschlag keine Anwendung auf die Mitglieder des ESZB finden sollte.

Halbjahresfinanzberichte (Artikel 5)

13. Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass Emittenten gemäß Artikel 5 des Richtlinienvorschlags Halbjahresfinanzberichte offen legen müssen, die einen verkürzten Abschluss und eine Aktualisierung der letzten Fassung des Lageberichts enthalten. Grundsätzlich begrüßt die EZB diesen Artikel, der die Preisfestlegung in der EU verbessert und harmonisiert sowie die IAS berücksichtigt. Die Bezugnahme auf die IAS ist zu begrüßen, da dadurch die statistischen Aufgaben der EZB unterstützt werden. Die IAS stehen weitgehend mit europäischen und internationalen Statistikstandards im Einklang. In diesem Zusammenhang hebt die EZB hervor, dass es vorteilhaft wäre, sicherzustellen, dass europäische und internationale Statistik- und Rechnungslegungsstandards so einheitlich wie möglich sind. Mit dieser Harmonisierung kann dieselbe Datenquelle für verschiedene Zwecke genutzt werden. Dadurch wird wiederum die Zuverlässigkeit von Statistiken verbessert und die Berichtslast der Emittenten verringert. Die EZB stellt jedoch fest, dass gemäß dem Richtlinienvorschlag für Halbjahresfinanzberichte eine eingeschränkte Prüfung durch einen Abschlussprüfer nicht verbindlich vorgeschrieben ist. Gemäß Artikel 5 Absatz 5 Buchstabe c) erlässt die Kommission Durchführungsmaßnahmen nach dem Komitologieverfahren. Die Durchführungsmaßnahmen können diese eingeschränkte Prüfung durch einen Abschlussprüfer "in Fällen, in denen ganz offensichtlich die dringende Notwendigkeit besteht, den Anlegerschutz gemeinschaftsweit zu verbessern", verbindlich vorschreiben. Da Halbjahresfinanzberichte in einigen Mitgliedstaaten bereits einer eingeschränkten Prüfung durch einen Abschlussprüfer unterliegen, befürwortet die EZB eine EU-weite verbindliche eingeschränkte Prüfung durch einen Abschlussprüfer, um Unterschiede auf nationaler Ebene zu vermeiden, die zu einem uneinheitlichen Qualitätsniveau von Finanz- und Statistikdaten und der Meldung dieser Daten führen könnten.

Quartalsangaben (Artikel 6)

14. Die EZB stellt fest, dass Artikel 6 Emittenten, deren Aktien zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, die Verpflichtung auferlegt, Quartalsangaben offen zu legen. Wie bereits vorstehend festgestellt, begrüßt die EZB grundsätzlich für Emittenten finanzieller Vermögenswerte jeden Schritt hin zu einem höheren Grad der Offenlegung, was sowohl die Häufigkeit als auch die Qualität der Offenlegung angeht. Wie von der Kommission hervorgehoben(8), legen bereits viele börsennotierte europäische Unternehmen vierteljährliche Finanzinformationen offen. Die EZB begrüßt die vorgeschlagene Regelung, durch die Standards für diese Berichte harmonisiert werden. In der Praxis ist dies für Anleger, die Unternehmen am Markt beobachten, bereits zu einer wichtigen Informationsquelle geworden. Die rechtzeitige Offenlegung periodischer Informationen gewährleistet, dass alle Teilnehmer am Finanzmarkt Zugang zu den maßgeblichen Finanzinformationen haben, wodurch die effiziente Festlegung des Preises finanzieller Vermögenswerte begünstigt wird. Die vierteljährlichen Berichte sollten jedoch nur Informationen enthalten, die als äußerst wichtig für Anleger angesehen werden. Dadurch wird die den Emittenten auferlegte Berichtslast auf ein Mindestmaß beschränkt.

Übereinstimmung mit aufsichtsrechtlichen Berichtsanforderungen

15. Die EZB stellt fest, dass Emittenten von Wertpapieren, insbesondere aufsichtspflichtige Rechtssubjekte, nicht nur den im Richtlinienvorschlag enthaltenen Offenlegungsvorschriften unterliegen werden, sondern ebenso den in anderen Richtlinien der EU enthaltenen Berichtspflichten. So müssen beispielsweise börsennotierte Kreditinstitute die Offenlegungspflichten beachten, die in der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute(9) vorgesehen sind. Außerdem werden sowohl Kreditinstitute als auch Wertpapierfirmen den Offenlegungsvorschriften unterliegen, die in Säule III der Kapitaladäquanzrichtlinie(10) nach deren Überarbeitung enthalten sein werden. Um sicherzustellen, dass die Gesamtberichtslast für börsennotierte Finanzinstitute nicht übermäßig groß ist, könnte die Kommission erwägen, zu prüfen, ob eine bessere Kohärenz zwischen den verschiedenen Zwecken dienenden Berichtsanforderungen der EU erreicht werden kann. Gemäß Artikel 9 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags muss beispielsweise ein Emittent informiert werden, wenn ein Wertpapierinhaber als Folge eines Erwerbs oder einer Veräußerung 5 % oder mehr der Stimmrechte oder des Kapitals hält. Gemäß Artikel 1 Absatz 10 und Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 2000/12/EG muss die Aufsichtbehörde von der Absicht unterrichtet werden, bedeutende Beteiligungen zu halten, wenn dadurch ein Anteil an Stimmrechten oder Kapital von 10 % oder mehr erreicht wird. In gleicher Weise könnte die Kommission auch erwägen, ob nicht eine größere Einheitlichkeit der im Richtlinienvorschlag vorgesehenen Offenlegungspflichten für börsennotierte Unternehmen und der Offenlegungspflichten für Finanzinstitute, die derzeit im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Kapitaladäquanzrichtlinie entwickelt werden, angestrebt werden sollte.

Die Bestimmungen über die zuständigen Behörden (Artikel 20 und 21)

16. In Bezug auf die Bestimmungen über die zuständigen Behörden möchte die EZB zwei Anmerkungen machen. Erstens sind die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 20 Absatz 1 verpflichtet, eine einzige zuständige Verwaltungsbehörde zu bestimmen. Gemäß Artikel 20 Absatz 2 können Mitgliedstaaten dieser zuständigen Behörde gestatten, Aufgaben an andere Rechtssubjekte wie z. B. Betreiber geregelter Märkte zu delegieren. Jede Übertragung von Aufgaben unterliegt bestimmten Bedingungen. Insbesondere müssen die betroffenen Rechtssubjekte so organisiert sein, dass mögliche Interessenkonflikte vermieden werden. Wie in der Stellungnahme der EZB zur Prospektrichtlinie(11) dargelegt, ist die EZB der Auffassung, dass wirksame Maßnahmen gegen mögliche Interessenkonflikte an Bedeutung gewinnen werden, da immer mehr Börsen in gewinnorientierte Rechtssubjekte umgewandelt werden, obwohl sie weiterhin mit Börsenzulassungen und anderen "hoheitlichen Funktionen" betraut bleiben. Demnach besteht die Notwendigkeit, angemessene aufsichtsrechtliche Instrumente zu entwickeln, um potentielle Interessenkonflikte aufzugreifen und zu lösen, die sich aus dem sich ändernden Charakter von Börsen ergeben. Die EZB würde es daher begrüßen, wenn die Kommission die Maßnahmen zur möglichen Verringerung des Risikos solcher Interessenkonflikte besser klarstellen würde. Darüber hinaus könnten zusätzliche Vorkehrungen gegen Interessenkonflikte getroffen werden, indem von Rechtssubjekten nicht nur verlangt wird, so organisiert zu sein, dass mögliche Interessenkonflikte vermieden werden, sondern auch Mechanismen zum Umgang mit solchen Konflikten einzuführen, für den Fall, dass diese Konflikte auftreten.

17. Darüber hinaus vertritt die EZB die Ansicht, dass der Richtlinienvorschlag einen breiteren Spielraum für die Zusammenarbeit der betreffenden Behörden vorsehen könnte. Im Richtlinienvorschlag wird lediglich die Zusammenarbeit zwischen den "zuständigen Behörden" der Herkunfts- und Aufnahmemitgliedstaaten genannt, die für die Überprüfung der Einhaltung der Anforderungen des Richtlinienvorschlags verantwortlich sind. Eine Zusammenarbeit mit nationalen Behörden, die für die Aufsicht über aufsichtspflichtige Rechtssubjekte, wie z. B. Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, deren Wertpapiere zum Handel auf regulierten Märkten zugelassen sind, und über die Einhaltung der Wohlverhaltensregeln durch diese Rechtssubjekte zuständig sind, könnte jedoch ebenfalls geboten sein. In Anbetracht der Tatsache, dass einige Informationen über börsennotierte Finanzinstitute sowohl gegenüber der Öffentlichkeit als auch gegenüber den betreffenden Aufsichtsbehörden offen gelegt werden müssen, wäre dies besonders angebracht. Daher könnte die Kommission erwägen, die Möglichkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsbehörden im Sinne des Richtlinienvorschlags und den für die Aufsicht über aufsichtspflichtige Rechtssubjekte und die Einhaltung der Wohlverhaltensregeln durch diese Rechtssubjekte zuständigen Aufsichtsbehörden im Richtlinienvorschlag vorzusehen, solange dies mit der Geheimhaltungspflicht vereinbar ist.

Die Notwendigkeit, europäische Statistikstandards heranzuziehen

18. In Bezug auf Artikel 9 über die Mitteilung des Erwerbs oder der Veräußerung bedeutender Beteiligungen würde die EZB es begrüßen, wenn der Richtlinienvorschlag vorsehen würde, dass die Informationen über den Erwerb oder die Veräußerung bedeutender Beteiligungen gemäß den europäischen Statistikstandards im Sinne des ESVG 95(12) zur Verfügung gestellt werden müssen. Dies würde die Transparenz und Qualität der Informationen erhöhen, da diese dann auf harmonisierten Definitionen und Konzepten beruhen würden. Darüber hinaus würde sich die getrennte Erhebung dieser Daten durch die EZB und die teilnehmenden NZBen im Rahmen der statistischen Berichtsanforderungen der EZB erübrigen.

19. Die EZB würde auch die Einrichtung eines einzigen elektronischen Netzes oder einer Plattform elektronischer Netze zwischen den Mitgliedstaaten begrüßen, um - wie in Artikel 18 des Richtlinienvorschlags vorgesehen - den öffentlichen Zugang zu den Informationen zu erleichtern, die gemäß der künftigen Prospektrichtlinie und dem Richtlinienvorschlag offenzulegen sind. Die EZB würde jedoch die Einbeziehung von Informationen über die Sektorklassifizierung des Emittenten und die Instrumentenklassifizierung der begebenen Wertpapiere befürworten, die ansonsten im Rahmen der statistischen Berichtsanforderungen der EZB zusätzlich durch die EZB und die NZBen der teilnehmenden Mitgliedstaaten erhoben werden müssten.

20. Diese Stellungnahme wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 30. September 2003.

Der Präsident der EZB

Willem F. Duisenberg

(1) Der Aktionsplan für Finanzdienstleistungen wurde von den Staats- und Regierungschefs im März 2000 im Rahmen des Europäischen Rats von Lissabon verabschiedet.

(2) Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (ABl. L 243 vom 11.9.2002, S. 1).

(3) Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) (ABl. L 96 vom 12.4.2003, S. 16).

(4) Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 25/2003 vom 24. März 2003, vom Rat festgelegt gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. C 125 E vom 27.5.2003, S. 21).

(5) Anhang I der Leitlinie EZB/2000/7 vom 31. August 2000 über geldpolitische Instrumente und Verfahren des Eurosystems, ABl. L 310 vom 11.12.2000, S. 1. Geändert durch die Leitlinie EZB/2002/2 (ABl. L 185 vom 15.7.2002, S. 1).

(6) ABl. L 168 vom 27.6.2002, S. 43. Vgl. Erwägungsgrund 9.

(7) Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben a) und b) des gemeinsamen Standpunktes (EG) Nr. 25/2003.

(8) Begründung, Seite 16.

(9) ABl. L 126 vom 26.5.2000, S. 1. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2002/87/EG (ABl. L 35 vom 11.2.2003, S. 1).

(10) Richtlinie 93/6/EWG des Rates vom 15. März 1993 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten, ABl. L 141 vom 11.6.1993, S. 1. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 35 vom 11.2.2003, S. 1).

(11) CON/2001/36.

(12) Das ESVG 95 ist in Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 des Rates vom 25. Juni 1996 zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Gemeinschaft, ABl. L 310 vom 30.11.1996, S. 1 enthalten. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1267/2003 (ABl. L 180 vom 18.7.2003, S. 1).

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