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Document 52018AB0019

Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 11. April 2018 zu einem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) und damit in Zusammenhang stehender Rechtsakte (CON/2018/19)

OJ C 255, 20.7.2018, p. 2–7 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

20.7.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 255/2


STELLUNGNAHME DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 11. April 2018

zu einem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) und damit in Zusammenhang stehender Rechtsakte

(CON/2018/19)

(2018/C 255/02)

Einleitung und Rechtsgrundlage

Am 23. November 2017 ersuchten der Rat der Europäischen Union bzw. das Europäische Parlament die Europäische Zentralbank (EZB) um eine Stellungnahme zu einem Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde, der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 über Europäische Risikokapitalfonds, der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum, der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 über Märkte für Finanzinstrumente, der Verordnung (EU) 2015/760 über europäische langfristige Investmentfonds, der Verordnung (EU) 2016/1011 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden, und der Verordnung (EU) 2017/1129 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel auf einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist (1) (nachfolgend der „Verordnungsvorschlag“).

Die Zuständigkeit der EZB zur Abgabe einer Stellungnahme zu dem Verordnungsvorschlag beruht auf Artikel 127 Absatz 4 und Artikel 282 Absatz 5 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, da der Verordnungsvorschlag Bestimmungen enthält, die den Beitrag des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) in Bezug auf die reibungslose Durchführung der auf dem Gebiet der Aufsicht über die Kreditinstitute und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen gemäß Artikel 127 Absatz 5 des Vertrags und die besonderen Aufgaben, welche der EZB gemäß Artikel 127 Absatz 6 des Vertrags in Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute übertragen wurden, berühren. Diese Stellungnahme wurde gemäß Artikel 17.5 Satz 1 der Geschäftsordnung der Europäischen Zentralbank vom EZB-Rat verabschiedet.

Der Verordnungsvorschlag ist Teil eines umfassenden im September 2017 eingebrachten Reformpakets für das aus den drei Europäischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities — ESAs) und dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (2) (European Systemic Risk Board — ESRB) bestehenden Europäischen Finanzaufsichtssystem (European System of Financial Supervision — ESFS). Das Paket betrifft unterschiedliche Aufgaben des ESZB und der EZB, deshalb hat die EZB beschlossen, getrennte Stellungnahmen zu dem Paket zu verabschieden. Diese Stellungnahme ist somit in Verbindung mit der Stellungnahme CON/2018/12 vom 2. März 2018 zu einem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 über die Finanzaufsicht der Europäischen Union auf Makroebene und zur Errichtung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (3) zu lesen.

1.   Allgemeine Anmerkungen

1.1.

Die EZB begrüßt die Zielsetzung des Verordnungsvorschlags, wonach eine effektive und einheitliche Aufsicht sowie Regulierung innerhalb der EU gefördert werden soll. Die EZB unterstützt eine weitere Integration des Aufsichtsrahmens für den Bankensektor auf Unionsebene und eine verstärkte EU-Dimension bei der Aufsicht durch eine erneute Begutachtung der derzeitigen Struktur der ESAs (4). Abgesehen von Änderungen bestimmter Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (5) im Jahr 2013 wurden die ESAs seit ihrer Errichtung im Jahr 2010 nicht mehr überprüft.

1.2.

In Bezug auf die Ausrichtung des Governance-Rahmens der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) an die dargestellten Zielsetzungen und Fortentwicklungen möchte die EZB hervorheben, dass sich die Projekte zur Banken- und Kapitalmarktunion in unterschiedlichen Entwicklungsstadien befinden. Die Ergebnisse der Überprüfung der ESAs müssen daher nicht zwangsläufig für die drei Behörden gleichlauten, sondern es können anhand ihrer verschiedenen Aufträge und Funktionen Unterscheidungen gemacht werden.

1.3.

Die EZB ist der Ansicht, dass insbesondere in Bezug auf die neuen Aufsichtsfunktionen bei bestimmten Vorschlägen zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 im Verordnungsvorschlag keine ausreichende Unterscheidung zwischen dem Anwendungsbereich der mikroprudenziellen Aufsichtsaufgaben der EZB und der Zuständigkeit der EBA zur Festlegung aufsichtlicher Standards zur Stärkung aufsichtsrechtlicher Konvergenz getroffen wird. Nach Auffassung der EZB ist es von grundlegender Bedeutung, die sich aus den Aufträgen der EZB und der EBA ergebenden Synergien zu maximieren. Zu diesem Zweck sollte vermieden werden, dass Aufgaben dupliziert und unangemessen verteilt werden, da dies die Verantwortlichkeiten der jeweiligen Behörde ungenau werden lassen könnte und damit das System insgesamt ineffektiver machen würde.

2.   Spezifische Anmerkungen

2.1.   Der überarbeitete Governance-Rahmen für die EBA

2.1.1.

Mit dem Verordnungsvorschlag soll ein Direktorium als neues Gremium in der Governance-Struktur der EBA (6) geschaffen werden. Die Mitglieder des Direktoriums werden auf der Grundlage ihrer Verdienste, Fähigkeiten und Kenntnisse in den Bereichen Clearing, Nachhandelsaktivitäten und Finanzfragen sowie ihrer Erfahrung im Bereich der Finanzaufsicht in einem offenen Auswahlverfahren unter Beteiligung des Europäischen Parlaments und des Rates ernannt. (7) Dem Vorschlag der Europäischen Kommission zufolge ist die Hauptaufgabe des Direktoriums zwar die Erarbeitung von Beschlussvorschlägen zu sämtlichen, vom Rat der Aufseher zu beschließenden Angelegenheiten, das Direktorium soll dem Vorschlag zufolge aber auch ausschließliche Entscheidungsbefugnisse in einer Vielzahl von Bereichen erhalten, damit effektive, unparteiische und unionsorientierte Beschlüsse gewährleistet werden. Das Direktorium soll beispielsweise allein für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen zuständigen Behörden und die Festlegung der strategischen Aufsichtsziele dieser zuständigen Behörden verantwortlich sein. Vorgeschlagen wird auch, dass das Direktorium die Entscheidung zur Veranlassung, Koordinierung und Kommunikation unionsweiter Stresstests trifft.

2.1.2.

Die EZB unterstützt die Überprüfung der Governance-Struktur der ESAs, einschließlich einer Überprüfung der Stimmrechte und der Mitgliedschaftsstruktur der entsprechenden Gremien. Anstatt einem neu eingerichteten Gremium weitreichende Aufsichtsbefugnisse zu gewähren, sollte der Rat der Aufseher das Beschlussorgan für Aufgaben bleiben, die auf die Förderung der aufsichtsrechtlichen Konvergenz in der Union ausgerichtet sind. (8) Gleichzeitig unterstützt die EZB unter dem Gesichtspunkt einer verbesserten Effektivität und Effizienz des Rates der Aufseher die Einrichtung eines mit administrativen Aufgaben betrauten Direktoriums, das sich aus festen, nicht aus den zuständigen Behörden stammenden Mitgliedern zusammensetzt, da auch dies eine stärkere Unionsperspektive gewährleisten würde. Die EZB begrüßt dementsprechend zwar den Vorschlag, das Direktorium mit der Vorbereitung des Jahresarbeitsprogramms zu betrauen, unterstützt aber nicht ein allgemeines Initiativrecht des Direktoriums für regulatorische Maßnahmen. (9) Ein solches Initiativrecht sollte sich nicht auf die regulatorischen Zuständigkeiten des Rates der Aufseher zur Verabschiedung von Stellungnahmen, Empfehlungen und Beschlüssen erstrecken.

2.1.3.

Die EZB befürwortet darüber hinaus den Vorschlag, die rechtliche Unabhängigkeit des Direktoriums zu stärken und das Ernennungsverfahren der Direktoriumsmitglieder transparenter als das auszugestalten, welches zur Ernennung des Verwaltungsrats angewandt wird.

2.1.4.

Die EZB unterstützt die Zielsetzung des Verordnungsvorschlags, die Errichtung des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism — SSM) im Rahmen des ESFS abzubilden. Im Verordnungsvorschlag wird aber die im Hinblick auf die Aufsicht über die Kreditinstitute gegebene EU-Dimension nicht hinreichend berücksichtigt. Obgleich der Aufgaben, die die EZB im Bereich der Aufsicht über die Kreditinstitute im Euro-Währungsgebiet wahrnimmt, ist es insbesondere nicht vorgesehen, dass die EZB Mitglied des vorgeschlagenen Direktoriums sein wird. Dementsprechend sollten der Rat und das Parlament erwägen, der EZB den Status eines Beobachters im vorgeschlagenen Direktorium einzuräumen. Angesichts der engen Zusammenarbeit zwischen der EBA und der EZB bei der bestehenden gemeinsamen Arbeit könnte ein Beobachterstatus der EZB im vorgeschlagenen Direktorium von Vorteil sein. (10)

2.2.   Strategischer Aufsichtsplan

2.2.1.

Grundsätzlich unterstützt die EZB die Zielsetzung des Verordnungsvorschlags, durch mehr aufsichtsrechtliche Konvergenz auf Unionsebene die Finanzintegration zu vertiefen und die Stabilität des Binnenmarkts zu stärken. (11) Der EBA dabei strategische Planungsbefugnisse zu übertragen, ist in diesem Zusammenhang aber nicht angemessen. Mikroprudenzielle Aufsichtstrends, potenzielle Risiken und Schwachstellen für Finanzinstitute zu erkennen und entsprechende strategische Aufsichtsprioritäten festzulegen, sind aufsichtliche Kernaufgaben, die von den zuständigen mikroprudenziellen Aufsichtsbehörden in ihrer Funktion als die standardsetzenden Regulierungsbehörden, und nicht der EBA, wahrgenommen werden sollten. (12)

2.2.2.

Die Trennung von Planung und Umsetzung bei der Festsetzung der Aufsichtsprioritäten würde zu Ineffizienzen führen, die den aufsichtlichen Planungsprozess übermäßig verkomplizieren und auch grundsätzlich zu Ineffizienzen in der Aufsicht führen würden. Die Sicherstellung solider, effektiver und zuverlässiger Aufsichtsverfahren sowie der Erhalt der Möglichkeit, sowohl auf mikro- als auch makroprudenzieller Ebene flexibel auf negative Entwicklungen reagieren zu können, ist entscheidend für eine verantwortungsvolle Aufsichtsbehörde. Die gleiche Behörde sollte demzufolge für die Planung und Umsetzung der Aufsicht verantwortlich sein, um zu gewährleisten, dass die Aufsicht schnell auf Risiken reagieren kann und dass die Ressourcen effizient verteilt werden.

2.2.3.

Die Sicherstellung einer aufeinander abgestimmten Planung und Umsetzung der Aufsichtsstrategien und -aufgaben findet sich bereits im Sekundärrecht. Vor allem gemäß Artikel 26 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 (13) erfolgt die Planung und Ausführung der der EZB als zuständige Behörde übertragenen Aufsichtsaufgaben im Euro-Währungsgebiet uneingeschränkt durch das Aufsichtsgremium der EZB. Dem Verordnungsvorschlag zufolge besteht dementsprechend das Risiko, dass die EBA Aufgaben dupliziert, die bereits von der EZB wahrgenommen werden, was wiederum zu unnötigen Redundanzen und weniger Effizienz und Effektivität bei der gesamten Aufsicht über die Kreditinstitute im Euro-Währungsgebiet führen würde. Darüber hinaus sollten die Zuständigkeiten der EZB und der EBA sowie ihre entsprechenden Rechenschaftspflichten vollständig aufeinander abgestimmt werden. Die EBA darf keine Entscheidungen zur strategischen Aufsichtsplanung treffen, für die die EZB letztlich verantwortlich gemacht werden könnte.

2.2.4.

Aus praktischer Sicht birgt der Verordnungsvorschlag das Risiko, dass die strategischen und operativen Planungsprozesse des SSM sowie die erforderliche Risikoermittlung wesentlich erschwert werden. Konkret würde dies bedeuten, dass der SSM einen Entwurf des Arbeitsprogramms der Aufsicht dem Verordnungsvorschlag zufolge mehrere Monate im Voraus für das Folgejahr an die EBA übermitteln müsste. Eine Berichterstattung zum Arbeitsprogramm der Aufsicht für das Folgejahr zu einem derart frühen Zeitpunkt würde die etablierten strategischen und operativen Planungsprozesse des SSM sowie die vorangehende Risikoermittlung beeinträchtigen. Sämtliche Prozesse erfolgen in enger Zusammenarbeit mit den 19 zuständigen Behörden und dies würde daher das Ziel unterlaufen, ein effektives und effizientes Aufsichtsverfahrens sicherzustellen. Nach dem Verordnungsvorschlag hätte die EBA das Recht, eine Empfehlung auszusprechen und Anpassungen am Arbeitsprogramm der zuständigen Behörden zu fordern. (14)

2.2.5.

Eine solche Praxis könnte zu Situationen führen, in denen Aufsichtsprioritäten zu einem sehr späten Zeitpunkt in der Aufsichtsplanung des SSM angepasst werden müssten, was wiederum die Planungssicherheit für die gemeinsamen Aufsichtsteams, zuständigen Behörden und horizontalen Funktionen ernsthaft infrage stellen und zu einer Beeinträchtigung der Effektivität der Aufsicht im Euro-Währungsgebiet führen könnte. Da die zuständigen Behörden eng an der Aufsichtsplanung des SSM beteiligt sind, würden die vorgeschlagenen Änderungen die bestehenden Regelungen zwischen der EZB und den zuständigen Behörden in Bezug auf die Planung und Umsetzung der Aufsichtsziele erheblich beeinträchtigen. Angesichts der aufgezeigten potenziellen negativen Auswirkungen auf die Effektivität und Effizienz der Aufsicht im Euro-Währungsgebiet empfiehlt die EZB dringend, die Vorschriften zu den strategischen Aufsichtsplanungsbefugnissen aus dem Verordnungsvorschlag zu streichen.

2.3.   Stresstests

2.3.1.

Nach dem Verordnungsvorschlag wird die Entscheidungsbefugnis des Rates der Aufseher in Bezug auf die Koordinierung und Veranlassung von unionsweiten Stresstests auf das Direktorium übertragen. (15) Dies würde bedeuten, dass der Rat der Aufseher nicht mehr bei den entscheidenden Punkten der unionsweiten Stresstests, wie beispielsweise die Entwicklung der Methodik, Stichprobenauswahl oder Kommunikation der Ergebnisse, eingebunden wäre, und dass sich erhebliche Änderungen bei den derzeitigen Verfahren für unionsweite Stresstests ergeben würden. Nach Auffassung der EZB sind Stresstests ein zentrales Aufsichtsinstrument, das von den zuständigen Aufsichtsbehörden eingesetzt werden sollte, damit sichergestellt ist, dass Stresstests auch ihren Zweck zur Unterstützung der individuellen Risikoeinschätzung von beaufsichtigten Kreditinstituten erfüllen können. Die EZB möchte daher besonders dazu Stellung nehmen wollen, warum die vorgesehenen Änderungen die Effektivität der Aufsicht unterlaufen könnten und damit diametral zur Zielsetzung der Kommission, nämlich der Stärkung des Binnenmarktes, stehen.

2.3.2.

Erstens ist anzumerken, dass das vorgeschlagene neue Verfahren die Stresstestung auf Unionsebene unnötig erschwert, da erhebliche Anstrengungen seitens der Aufsichtsbehörden erforderlich wären, um Entscheidungen des Direktoriums der EBA in Bezug auf mehrere Punkte der Stresstests einzuhalten, insbesondere was den Umfang und die Detailgenauigkeit der zu veröffentlichenden Informationen angeht. Da die zuständigen Behörden wesentliche Teile der Stresstest-Übung durchführen, wie beispielsweise die Qualitätssicherung der Vorlagen von Kreditinstituten, ist es wichtig, sie angesichts ihrer ausschließlichen Zuständigkeit für diese Komponenten des Rahmens, die letztlich maßgebend für ihr Arbeitsprogramm und die von ihren benötigten Ressourcen sind, in den Entscheidungsprozess einzubeziehen.

2.3.3.

Wenn das Direktorium zweitens allein für die Entscheidung bezüglich mehrerer Punkte der unionsweiten Stresstests zuständig wäre, einschließlich der Offenlegung, könnte es möglicherweise unbeabsichtigt entscheiden, Informationen offenzulegen, die die zuständigen Behörden lieber vertraulich behandeln würden. Der Rat der Aufseher sollte daher die Entscheidungsbefugnis darüber behalten, welche Informationen als Ergebnis der unionsweiten Stresstests offengelegt werden. Damit Unterschiede zwischen Rechtsordnungen vermieden und mögliche negative Auswirkungen auf die finanzielle Stabilität verringert werden, ist es unerlässlich, den Umfang der Offenlegung zusammen mit den zuständigen Behörden zu entscheiden, und dabei das fortgesetzte Ziel des Erreichens einer möglichst weitgehenden Harmonisierung zwischen den zuständigen Behörden im Blick zu behalten.

2.3.4.

Schließlich hat die EZB Bedenken, dass durch den Verordnungsvorschlag in seiner derzeitigen Fassung die Qualität und der Erfassungsgrad der Stresstests für Aufsichtszwecke, beispielsweise die Erfassung der Bankgeschäfte, die damit verbundenen Risiken und die Angemessenheit der Stresstest-Methodik, nicht mehr hinreichend sichergestellt werden können. Wenn Stresstestbefugnisse auf das Direktorium übertragen würden, wären die Stresstests voraussichtlich weniger genau auf die Aufsichtszwecke zugeschnitten, noch würden die Besonderheiten und Risiken des durch die EZB und die zuständigen Behörden beaufsichtigten Bankensektors angemessen berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund empfiehlt die EZB, die Vorschriften zu Stresstests im Verordnungsvorschlag zu streichen und stattdessen die derzeitigen Regelungen beizubehalten, die ihre Zwecke gut erfüllen.

2.4.   Unabhängige Überprüfungen der zuständigen Behörden

2.4.1.

Der Verordnungsvorschlag sieht eine Überprüfung der Tätigkeiten der zuständigen Behörden durch die EBA vor, um bei den Aufsichtsergebnissen eine größere Angleichung zu erzielen. Hierfür entwickelt die Behörde Methoden, die eine objektive Bewertung und einen objektiven Vergleich zwischen den zuständigen Behörden ermöglichen und erstellt einen Bericht, in dem sie die Ergebnisse der Überprüfung darstellt. (16)

2.4.2.

Obwohl die EZB die erklärte Zielsetzung, wirksame, unparteiische und auf die EU ausgerichtete Entscheidungen zu gewährleisten, unterstützt, ist das bestehende Verfahren eines „Peer Reviews“ ihrer Ansicht nach ein wertvoller und erfolgreicher Mechanismus zur Stärkung der aufsichtlichen Konvergenz und des Austauschs bewährter Praktiken zwischen den zuständigen Behörden. Die EZB sieht daher keine Notwendigkeit, auf den Mechanismus des „Peer Reviews“ zu verzichten. Gleichzeitig, wie auch im technischen Arbeitsdokument näher ausgeführt, unterstützt die EZB bestimmte Komponenten des Vorschlags zur Änderung der „Peer Reviews“ hin zu unabhängigen Überprüfungen.

2.5.   Koordinierung in den Bereichen Übertragung und Auslagerung von Tätigkeiten sowie in Bezug auf Risikoübertragungen auf Drittländer

2.5.1.

Der Verordnungsvorschlag betraut das Direktorium mit der Aufgabe der Überprüfung von Übertragungen und Auslagerungen von Tätigkeiten sowie Risikoübertragungen auf Drittländer. Der Verordnungsvorschlag verpflichtet die zuständigen Behörden, die EBA über eine Zulassung oder Registrierung zu unterrichten, wenn der Geschäftsplan eines Finanzinstituts die Auslagerung oder Übertragung von Tätigkeiten oder eine Risikoübertragung betrifft. (17) Aus aufsichtsrechtlicher Sicht könnte die Anforderung zur Unterrichtung der EBA bei solchen Regelungen für die Zielsetzung des Verordnungsvorschlags, eine Regulierungsarbitrage zwischen den Mitgliedstaaten zu verhindern (18), nicht ausreichend sein.

2.5.2.

Vielmehr könnte es zu Überschneidungen bei den mikroprudenziellen Aufsichtsaufgaben kommen, die die EZB im Rahmen des SSM wahrnimmt, und einen zusätzlichen ungerechtfertigten Verwaltungsaufwand im Aufsichtsverfahren bedeuten. Nach der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 handelt es sich beim Zulassungsverfahren bereits um ein zweistufiges Verfahren, bei dem die zuständigen Behörden und die EZB die Zulassungsanträge bewerten müssen. Eine Koordinierung mit der EBA bei der Bewertung würde eine dritte Stufe hinzufügen und damit zu noch komplexeren und längeren Zulassungsverfahren führen. Die EZB ist daher der Ansicht, dass die vorgeschlagenen Aufgaben weder auf die Verwaltungseinrichtungen der EBA noch auf den Rat der Aufseher übertragen werden sollten.

2.6.   Internationale Zusammenarbeit

2.6.1.

Der Verordnungsvorschlag sieht eine Schlüsselrolle für die EBA bei der Bewertung der regulatorischen und aufsichtlichen Gleichwertigkeit des Rechtsrahmens von Drittländen vor, die ansonsten die Kommission vornimmt. (19) Die EBA wird insbesondere mit der Überwachung der regulatorischen und aufsichtsrechtlichen Entwicklungen, Durchsetzungspraktiken und entsprechenden Marktentwicklungen in Drittländern betraut, für die Gleichwertigkeitsbeschlüsse erlassen wurden. Zudem würde die EBA mit den zuständigen Behörden der gleichwertigen Rechtsordnungen kooperieren, indem sie bilaterale Vereinbarungen eingeht.

2.6.2.

Die EZB begrüßt eine Rolle der EBA, bei der sie die Kommission in der Vorbereitung (20) und der Überwachung der Gleichwertigkeitsbeschlüsse (21) unterstützen soll. Die EZB möchte dennoch in wenigen Punkten Anmerkungen zum vorgesehen Verfahren zur Aushandlung und zum Abschluss von Verwaltungsvereinbarungen zwischen den zuständigen Behörden und den Aufsichtsbehörden der jeweiligen Drittländer machen. (22)

2.6.3.

Die EZB erachtet eine Klarstellung in Artikel 33 Absatz 2a Buchstabe b für unerlässlich. Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass die Befugnis der EBA zur Verhandlung, einschließlich der Bestimmungen der Kooperationsabkommen, nach diesem Absatz nur für die Weiterverfolgung der Gleichwertigkeitsbeschlüsse gedacht ist. Es könnte klargestellt werden, dass die zuständigen Behörden weiterhin für die Koordinierung der Aufsichtstätigkeiten und Vor-Ort-Prüfungen zuständig sind.

2.6.4.

Die EZB begrüßt zudem den vorgeschlagenen Artikel 33 Absatz 2c der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010, mit dem die EBA mit der Entwicklung von Muster-Verwaltungsvereinbarungen betraut wird. Diese sollten gemeinsam mit den zuständigen Behörden entwickelt werden. Sollte der EBA eine aktive Rolle bei der Verhandlung zukommen, ist die EZB allerdings der Auffassung, dass dies die Verhandlungen unnötig verkomplizieren würde und den Abschluss von Absichtserklärungen (Memoranda of Understanding — MoUs) für die aufsichtliche Zusammenarbeit verzögern könnte. Da jedes Drittland innerhalb seines eigenen Rechtsrahmens tätig ist und die Aufsichtsbehörden im Verlauf der Verhandlungen ein Höchstmaß an Flexibilität zur Anpassung der MoUs benötigen, könnten erhebliche praktische Schwierigkeiten bei der Verwendung eines standardisierten und von der EBA entwickelten MoU-Musters auftreten. Ein Rückgriff auf solche Muster-Verwaltungsvereinbarungen sollte daher nur nach bestem Bemühen praktiziert werden.

2.7.   Geänderte Befugnisse zur Verhängung von Geldbußen und Informationsersuchen

2.7.1.

Mit dem Verordnungsvorschlag wird ein Mechanismus zur Stärkung der effektiven Durchsetzung des Rechts der EBA auf Einholung von Informationen geschaffen, damit weiterhin sichergestellt ist, dass die EBA ihre Aufgaben und Funktionen effektiv wahrnehmen kann. (23) Hierzu wird der EBA durch den Verordnungsvorschlag die Befugnis eingeräumt, Geldbußen und Zwangsgelder zu verhängen, wenn die entsprechenden Finanzinstitute, Holdinggesellschaften oder Niederlassungen eines entsprechenden Finanzinstituts und nicht unter Aufsicht stehende operative Einheiten innerhalb einer Finanzgruppe oder eines Finanzkonglomerats, die für die Finanzaktivitäten der relevanten Finanzinstitute von wesentlicher Bedeutung sind, ein Ersuchen oder einen Beschluss der EBA nicht korrekt, unvollständig oder mit zeitlicher Verzögerung erfüllen. (24) Vor Verhängung einer Geldbuße bzw. eines Zwangsgelds muss die EBA dem Finanzinstitut Gelegenheit geben, angehört zu werden (25) und Beschlüsse zur Verhängung solcher Geldbußen bzw. Zwangsgelder unterliegen der Überprüfung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (26).

2.7.2.

Die EZB unterstützt grundsätzlich die angegebene Zielsetzung, mit der gewährleistet werden soll, dass die EBA das Recht hat, Informationen zu erheben, die zur Wahrnehmung ihrer Pflichten und Aufgaben notwendig sind. Nach Auffassung der EZB sollte die vorgeschlagene Stärkung des Rechts der EBA zur Informationserfassung durch eine Befugnis zur Verhängung von Geldbußen bzw. Zwangsgeldern die Möglichkeit der zuständigen Behörden unberührt lassen, ihre Befugnisse gegenüber einem entsprechenden Finanzinstitut ausüben zu können, das ein Informationsersuchen der zuständigen Behörde nicht korrekt, unvollständig oder mit zeitlicher Verzögerung erfüllt.

2.8.   Offenlegungspflichten bei der aufsichtlichen Meldung und im Rahmen der dritten Säule

2.8.1.

Vorausschauend könnten die gesetzgebenden Organe die Formalisierung und Erweiterung der Rolle der EBA in Bezug auf die Transparenz von Finanzinstituten erwägen, ohne aber ihre Meldepflichten zu duplizieren. Die EBA könnte insbesondere mit der Integration der aufsichtlichen Meldung und der Pflichten zur Offenlegung von quantitativen Säule-3-Anforderungen der Finanzinstitute, die im Unionsrecht enthalten sind, in einen einheitlichen Melderahmen betraut werden. Bei diesem Rahmen würden die auf der Grundlage der dritten Säule zu meldenden Daten Teil der Daten der aufsichtlichen Meldung. Die Integration dieser zwei Datenströme würde es der EBA ermöglichen, eine Stelle für Daten aufzubauen und zu unterhalten. Eine solche Stelle würde Informationen bündeln, die gemäß den Offenlegungspflichten für quantitative Daten der dritten Säule offengelegt bzw. aus den aufsichtlichen Daten extrahiert worden wären. Kreditinstitute würden von einem solchen Rahmen profitieren, da sie die entsprechenden Informationen nur einmal melden würden, und für die Aufsicht bzw. andere Datennutzer ergebe sich der Vorteil eines einfacheren Zugangs zu den einschlägigen Daten.

2.8.2.

Die Festlegung eines Rahmens für ein zentrales Datenarchiv bei der EBA könnte die Qualität der aufsichtlichen Daten erheblich verbessern, wie die Erhebung der EBA zur Förderung der Transparenz (Transparency Exercise) zeigte. Gleichzeitig würde die Integration des Bankensektors der Union allgemein gefördert, indem Marktteilnehmer Zugang zu den gemäß der dritten Säule der Basel-Rahmenvereinbarung (27) offengelegten Informationen erhielten. Eine derartige Stelle für Daten würde Daten der dritten Säule gemäß den Anforderungen an Finanzinstitute (viertel-, halb- oder jährlich) offenlegen, womit die Union bei der Datenverfügbarkeit letztlich auf einer Stufe mit den Vereinigten Staaten stünde. (28) Die EBA hat bereits ihre Bereitschaft zur Bereitstellung einer technischen Infrastruktur für eine solche Datenstelle erklärt. Es ist jedoch ein gesetzlich verankerter Auftrag erforderlich, mit dem die Daten öffentlich als Teil eines zentralen Archivs ohne explizite Einwilligung der Finanzinstitute (29), denen die Daten gehören, zugänglich gemacht werden können. Dieser Auftrag sollte allerdings ohne Vorbehalt für die Befugnis der zuständigen Behörden sein, ad hoc zusätzliche Informationen von den beaufsichtigten Unternehmen zu verlangen. Die EZB sieht Vorteile darin, die rechtliche und praktische Verwirklichung eines zentralen Datenarchivs bei der EBA weiter zu ergründen.

Sofern die EZB Änderungen des Verordnungsvorschlags empfiehlt, sind spezielle Redaktionsvorschläge mit Begründung in einem gesonderten technischen Arbeitsdokument aufgeführt. Das technische Arbeitsdokument steht in englischer Sprache auf der Website der EZB zur Verfügung.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 11. April 2018.

Der Präsident der EZB

Mario DRAGHI


(1)  COM(2017) 536 final.

(2)  COM(2017) 542 final.

(3)  Stellungnahme vom 2. März 2018 zu einem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 über die Finanzaufsicht der Europäischen Union auf Makroebene und zur Errichtung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (CON/2018/12) (ABl. C 120 vom 6.4.2018, S. 2). Alle Stellungnahmen der EZB sind auf der Website der EZB unter www.ecb.europa.eu abrufbar.

(4)  Siehe Seite 3 des Beitrags der EZB im Rahmen der öffentlichen Konsultation der Europäischen Kommission zur Tätigkeit der europäischen Aufsichtsbehörden vom 7. Juni 2017 (nachfolgend der „EZB-Beitrag zu den ESAs“), abrufbar auf der Website der EZB unter www.ecb.europa.eu.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).

(6)  Siehe den vorgeschlagenen neuen Artikel 45 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010.

(7)  Siehe Erwägungsgrund 23 des Verordnungsvorschlags.

(8)  Siehe Erwägungsgrund 52 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010.

(9)  Siehe Artikel 1 Nummer 27 Buchstabe a des Verordnungsvorschlags.

(10)  Siehe Seiten 2 und 3 des EZB-Beitrags zu den ESAs.

(11)  Siehe den vorgeschlagenen neuen Artikel 47 Absatz 3 in Verbindung mit dem vorgeschlagenen neuen Artikel 29a der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010.

(12)  Siehe Erwägungsgrund 17 des Verordnungsvorschlags.

(13)  Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. L 287 vom 29.10.2013, S. 63).

(14)  Siehe den vorgeschlagenen neuen Artikel 29a Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010.

(15)  Siehe den vorgeschlagenen neuen Artikel 47 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 in Verbindung mit dem vorgeschlagenen neuen Artikel 32 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010.

(16)  Siehe Artikel 1 Nummer 13 des Verordnungsvorschlags.

(17)  Siehe den vorgeschlagenen neuen Artikel 31a Absätze 2 und 3 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010.

(18)  Siehe Erwägungsgrund 18 des Verordnungsvorschlags.

(19)  Artikel 1 Nummer 17 des Verordnungsvorschlags.

(20)  Siehe den vorgeschlagenen neuen Artikel 33 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010.

(21)  Siehe den vorgeschlagenen neuen Artikel 33 Absatz 2a der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010.

(22)  Siehe den vorgeschlagenen neuen Artikel 33 Absatz 2c der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010.

(23)  Siehe die vorgeschlagenen neuen Artikel 35 bis 35h der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010.

(24)  Siehe Erwägungsgrund 20 des Verordnungsvorschlags.

(25)  Siehe den vorgeschlagenen neuen Artikel 35f der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010.

(26)  Siehe den vorgeschlagenen neuen Artikel 35h der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010.

(27)  Siehe „Pillar 3 disclosure requirements — consolidated and enhanced framework“ des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht vom März 2017, verfügbar auf der Website der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich unter www.bis.org.

(28)  In den Vereinigten Staaten unterhält der Federal Financial Institutions Examination Council (FFIEC) ein bankspezifisches Datenarchiv, dass für die Öffentlichkeit auf der Website der FFIEC unter cdr.ffiec.gov/public einsehbar ist.

(29)  Siehe Enria, A., Ensuring transparency in the European financial system, Official Monetary and Financial Institutions Forum (OMFIF) City Lecture, Mai 2016, S. 9, verfügbar auf der Website des OMFIF unter www.omfif.org.


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