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Rede anlässlich der Konferenz der Euro-2002-Informationskampagne bei der Deutschen Bundesbank

Dr. Willem F. Duisenberg, Präsident der Europäischen Zentralbank Frankfurt am Main, 16. Mai 2001

Ich danke Ihnen sehr für die Einladung, an dieser Konferenz der Euro-2002-Informationskampagne teilzunehmen, deren Gastgeber dieses Mal die Deutsche Bundesbank ist. Es ist die vierte in einer Reihe von Konferenzen im Jahr 2001 zum Thema der Umstellung auf das Euro-Bargeld. Als Organisatoren und Gastgeber dieser Konferenzen fungieren die nationalen Zentralbanken der zwölf Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets, und sie werden im Rahmen der Euro-2002-Informationskampagne des Eurosystems veranstaltet. Drei Konferenzen haben bereits stattgefunden: in Brüssel (am 6. März 2001 bei der Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique), in Madrid (am 4. April beim Banco de España) und gestern in Lissabon (beim Banco de Portugal). Die nächste Konferenz wird am 20. Juni von der Central Bank of Ireland in Dublin veranstaltet werden, direkt gefolgt von einer Konferenz am 29. Juni in Wien bei der Oesterreichischen Nationalbank. Frankfurt ist der richtige Ort für diese Konferenz in Deutschland, denn die Stadt wird immer häufiger als Hauptstadt des Euro bezeichnet. Sie haben es vielleicht schon bemerkt: Je näher der "E-Day", der Tag der Einführung der Euro-Banknoten und -Münzen am 1. Januar 2002, rückt, desto intensiver wird die "Kampagne". Mit "Kampagne" meine ich die Euro-2002-Informationskampagne zur Einführung der Euro-Banknoten und -Münzen, d.h. die Kampagne der Europäischen Zentralbank (EZB) und der nationalen Zentralbanken des Euroraums.

Der Zweck dieser Konferenzen besteht darin, den Bürgern die Bargeldumstellung zum Jahresbeginn 2002 bewusster zu machen und sie darauf vorzubereiten. Dabei werden die wichtigsten Beteiligten am Prozess der Euro-Bargeldumstellung auf nationaler wie auf europäischer Ebene zusammenkommen, und ihr zentrales Thema wird die Vorbereitung auf die Bargeldumstellung sein.

1. Vorzeitige Abgabe und Weitergabe von Euro-Banknoten und -Münzen

Die Einführung der Euro-Banknoten und -Münzen stellt für alle Beteiligten eine beispiellose logistische Herausforderung dar: Es müssen 14,25 Milliarden Banknoten und etwa 50 Milliarden Münzen produziert werden. Banknoten und Münzen müssen in Umlauf gebracht werden. Die Europäische Zentralbank (EZB) will gemeinsam mit den nationalen Zentralbanken des Eurogebiets dazu beitragen, diesen Vorgang so reibungslos wie möglich zu gestalten. Die EZB hat beschlossen, dass das "Frontloading" und "Sub-Frontloading" von Euro-Banknoten und -Münzen ab dem 1. September 2001 beginnen kann. Frontloading ist die Vorabausstattung von Kreditinstituten, die Geschäftspartner für geldpolitische Operationen innerhalb des Eurosystems sind, mit Euro-Banknoten und -Münzen. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Kreditinstitute Euro-Banknoten und -Münzen an professionelle Bargeldverwender wie beispielsweise Einzelhandelsbetriebe, Werttransportunternehmen oder die Automatenindustrie weitergeben (Sub-Frontloading).

Jeder nationalen Zentralbank steht es frei, das Datum festzusetzen, an dem das Frontloading und Sub-Frontloading auf nationaler Ebene beginnen kann, um den jeweiligen nationalen Bedürfnissen Rechnung zu tragen - allerdings natürlich nicht vor dem 1. September 2001. Die für das Frontloading und Sub-Frontloading verfügbare Zeit kann sich je nach Zielgruppe unterscheiden. Die Vorlaufzeit für das Frontloading wird weitgehend davon abhängen, wie die einzelnen Teilnehmerstaaten die Durchführung der Umstellung geplant haben und über welche logistische Infrastruktur sie verfügen. Diese Pläne und die Infrastruktur sind von Land zu Land verschieden.

Wenn wir über die Euro-Bargeldumstellung sprechen, sollten wir nicht vergessen, dass auch hier die Prinzipien der Subsidiarität und Dezentralität gelten. Zwar hat sich die EZB für bestimmte Prinzipien und Praktiken ausgesprochen, um für gleiche Bedingungen im Wettbewerb zu sorgen, doch um vollständige und detaillierte Informationen zu erhalten, müssen wir die Planung der einzelnen Länder für die Umstellung betrachten. Alle Länder haben die Notwendigkeit anerkannt, Banken schon vor dem 1. Januar 2002 sowohl mit Euro-Banknoten als auch mit Euro-Münzen auszustatten. Dies ist eine Grundvoraussetzung für eine reibungslose und rasche Umstellung.

Der ECOFIN-Rat hat die vorzeitige Bereitstellung von Euro-Münzen für die breite Öffentlichkeit ab Mitte Dezember 2001 genehmigt. Die meisten Teilnehmerländer haben bereits beschlossen, diese Möglichkeit wahrzunehmen. In Deutschland können die Bürger ab dem 17. Dezember 2001 die so genannten "Starter Kits" mit Euro-Münzen im Wert von DEM 20 erhalten.

Die EZB hat ein Sub-Frontloading von Euro-Banknoten an die breite Öffentlichkeit ausgeschlossen. Natürlich ist uns bewusst, dass Einzelhändler darüber besorgt sind, in den ersten Tagen des Jahres 2002 große Kassenbestände halten zu müssen. Diese Sorgen sind selbstverständlich bedacht worden und werden auch weiterhin angemessen berücksichtigt werden. Das Frontloading von Euro-Banknoten an die breite Öffentlichkeit hat jedoch mehr Risiken als Vorteile und ist auch nicht das geeignete Mittel, diesen Sorgen zu begegnen. Welche Mittel sind geeignet? Lassen Sie mich einige Beispiele nennen:

  • Ausgabe von Euro-Banknoten mit niedrigerem Nennwert durch Geldautomaten zum Jahresbeginn 2002. Diese Maßnahme wäre sehr sinnvoll angesichts der Tatsache, dass gemessen an der Zahl der Transaktionen durchschnittlich rund 70% der Euro-Banknoten über Geldautomaten in Umlauf gebracht werden.

  • Einrichtung von Umtauschstellen.

  • Verwendung von Banknoten mit niedrigerem Nennwert in Ländern, wo Sozialleistungen weitgehend in bar ausgezahlt werden.

  • Förderung anderer Zahlungsmittel als Banknoten und Münzen, zum Beispiel elektronisches Geld und Debitkarten.

Die EZB ist offen für Gespräche mit allen, die am Prozess der Bargeldumstellung entscheidend beteiligt sind, um mögliche zusätzliche Maßnahmen zur weiteren Erleichterung der Umstellung zu erörtern. Von mehreren Seiten wurden Bedenken hinsichtlich der Kosten der Umstellung geäußert. Hierzu hat die EZB ihren Standpunkt von Anfang an deutlich gemacht. Wir haben betont, dass die EZB die betrieblichen Kosten von Dritten grundsätzlich nicht tragen wird. Somit wird hier das gleiche Kriterium angewandt wie für die Umstellung auf den Euro am 1. Januar 1999: Alle an der Bargeldumstellung Beteiligten - und das schließt die EZB natürlich ein - werden ihre Kosten selbst zu tragen haben. Die EZB ist ausschließlich zur Übernahme der Kosten bereit, die den Kreditinstituten durch zusätzliche Kassenbestände entstehen. Es wurde eine geeignete Methode entwickelt, um dies zu gewährleisten.

Darüber hinaus befassen sich die EZB und die nationalen Zentralbanken mit der Frage der Euro-Bargeldumstellung außerhalb des Eurogebiets. Bekanntlich kursieren von den Zentralbanken der Länder des Euroraums ausgegebene Banknoten in großen Mengen in Ländern außerhalb des Eurogebiets, vor allem in den Beitrittsländern und in Südosteuropa. Dies gilt insbesondere für die D-Mark. Die Bürger dieser Länder sollten wissen, dass bereits Maßnahmen beschlossen wurden bzw. derzeit geprüft werden, um den Umtausch dieser Banknoten in Euro zu erleichtern. Anlässlich von zwei Seminaren bei der EZB für die Zentralbanken der EU-Beitrittsländer bzw. der Nachbarländer des Eurogebiets (die am 8. Februar und am 2. April 2001 stattfanden) wurden die ersten Schritte zur Koordinierung solcher Maßnahmen getan und vereinbart. Weitere Schritte sind geplant, um den Prozess des Umtauschs in Ländern außerhalb des Euroraums zu erleichtern. Die Zentralbanken dieser Länder sind hierbei unsere natürlichen Partner.

2. Die Euro-2002-Informationskampagne

Es wird manchmal vergessen, dass der Euro als Währung bereits seit dem 1. Januar 1999 existiert. Der Euro ist schon jetzt UNSER Geld. Wenn wir also etwas bar mit umlaufenden Banknoten bezahlen, zahlen wir tatsächlich bereits in Euro. Nur wegen der langwierigen Vorbereitungen, die für die Produktion der neuen, hochwertigen Euro-Banknoten und -Münzen erforderlich sind, müssen wir noch die bisherigen nationalen Banknoten verwenden. Dies ist vor allem psychologisch gesehen ein Nachteil, der am 1. Januar 2002 verschwinden wird. Die Euro-Banknoten und -Münzen werden im gesamten Eurogebiet problemlos zu benutzen sein; sie werden uns das Leben erleichtern und ein sichtbarer Beweis dafür sein, dass wir, die 300 Millionen Bürger des Eurogebiets, eine Gemeinschaftswährung haben.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir unser Bestes tun, damit die Euro-Banknoten und Münzen von den Bürgern gut angenommen werden. Wie rasch die breite Öffentlichkeit sie akzeptiert, wird in hohem Maß von unserer Fähigkeit zur Kommunikation mit "unserer" Bevölkerung über "unser" Geld abhängen. Wenn uns dies gelingt, werden wir einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Europäer davon zu überzeugen, dass Europa keine abstrakte oder vage Idee ist, sondern etwas Reales, etwas Lebendiges. Der Erfolg der Euro-Bargeldumstellung wird weitgehend von den Informationen abhängen, die die Bürger des Euroraums über ihr neues Geld erhalten. Sie werden der Bevölkerung dabei helfen, die Bargeldumstellung zu bewältigen und sich gegebenenfalls an eine Stückelung zu gewöhnen, die sich von der gewohnten unterscheidet.

In diesem Zusammenhang sind die beiden folgenden Punkte von Bedeutung:

  • die Zusammenarbeit aller direkt beteiligten Unternehmen

  • wie Banken, Einzelhandelsbetriebe, Werttransportunternehmen oder Automatenbetreiber - und

  • die rasche Akzeptanz des neuen Bargelds in der Öffentlichkeit.

Deshalb hat der EZB-Rat eine Informationskampagne initiiert. Sie ist mit einem Budget von 80 Mio. EUR ausgestattet. Wir werden von der PR-Agentur Publicis unterstützt, die wir für die Zusammenarbeit bei diesem wichtigen Projekt ausgewählt haben; die nationalen Zentralbanken des Euro-Währungsgebiets führen die Informationskampagne dezentral durch.

Unsere Kampagne wendet sich an alle Benutzer der Euro-Banknoten und Münzen. Hierzu gehören auch Benutzer aus Ländern außerhalb des Eurogebiets, zum Beispiel Touristen, Geschäftsreisende und Staatsangehörige von Ländern, in denen die Euro-Banknoten und -Münzen als Parallelwährung weit verbreitet sein werden. Um eine so breite Öffentlichkeit zu erreichen, bedient sich die Informationskampagne relevanter Gruppen oder Institutionen als Partner bzw. "Multiplikatoren". In diesem Zusammenhang kann man Banken, den Einzelhandel, Bildungseinrichtungen, die Tourismusbranche und die Medien nennen. Besondere Aufmerksamkeit widmen wir darüber hinaus Kindern sowie benachteiligten Gruppen, die spezifische Informationen und Schulungen benötigen und erhalten.

Unsere Informationskampagne wird mit anderen Kampagnen von nationalen Behörden und der Europäischen Kommission koordiniert. Man könnte sie deshalb als eine "spezialisierte" Kampagne bezeichnen.

Die Botschaft unserer Kampagne konzentriert sich auf vier Hauptthemen:

  • das detaillierte Erscheinungsbild der Banknoten und Münzen,

  • ihre wichtigsten Sicherheitsmerkmale,

  • die Stückelung der Euro-Banknoten und -Münzen sowie

  • die Modalitäten der Umstellung.

Ich möchte betonen, dass sich die Koordination der Kampagnen in Deutschland besonders gut angelassen hat. Die zusätzliche nationale Kampagne, die von der Deutschen Bundesbank mit ihren Partnern durchgeführt wird, ist eine wirkliche Ergänzung unserer Kampagne und spricht Themen an, die sehr spezifisch für Deutschland sind.

Unsere Informationskampagne - insbesondere unsere Mitteilungen an die Medien und unsere Zusammenarbeit mit Partnern - hat schon vor Monaten begonnen, doch eine Werbekampagne, deren Schwerpunkt die Details der Euro-Banknoten und -Münzen sind, sollte nicht zu früh beginnen. Es wäre sehr schwierig und kostspielig, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit über einen langen Zeitraum aufrechterhalten zu wollen. Zudem werden die Euro-Banknoten und -Münzen mit hochmodernen Sicherheitsmerkmalen ausgestattet, die für die Bürger in vielen Ländern des Eurogebiets neu sein werden. Um das Fälschungsrisiko zu begrenzen, sollten die Sicherheitsmerkmale und andere Details der Euro-Banknoten nicht zu früh bekannt gemacht werden. Die EZB wird der Öffentlichkeit das Erscheinungsbild und die Sicherheitsmerkmale der Euro-Banknoten im Rahmen einer Pressekonferenz am 30. August 2001 in Frankfurt vorstellen, kurz vor der Vorabausstattung der Banken mit Euro-Banknoten am 1. September 2001.

Am 1. März habe ich die Medien über den Slogan unserer Kampagne informiert. Er lautet "der EURO. UNSER Geld". Der Slogan wurde für alle Teile der Kampagne gewählt, insbesondere für die Anzeigen und Werbespots, die für den Herbst dieses Jahres und den Anfang des Jahres 2002 entwickelt werden sollen.

In Einklang mit der eben umrissenen Kommunikationsstrategie wird die Informationskampagne - insbesondere durch die Massenmedien - während der letzten Monate dieses Jahres und der ersten Wochen des kommenden Jahres im Blickfeld der Öffentlichkeit stehen. Die Verbreitung der Informationen wird in den ersten Wochen des Jahres 2002 fortgesetzt werden, wenn die Umstellung vollzogen wird und die Bürger die Euro-Banknoten und -Münzen in ihrem Portemonnaie haben. Dann wird die Öffentlichkeit am besten in der Lage sein, die vermittelten Informationen zu verstehen und aufzunehmen.

Mir ist durchaus bewusst, dass in der Bevölkerung des Euroraums zuweilen noch der Eindruck mangelnder Information über die Einführung der Euro-Banknoten und -Münzen herrscht. Dennoch möchte ich betonen, dass die Bürger des Euroraums sich darauf verlassen können, im richtigen Augenblick detaillierte Informationen zu erhalten.

Ich wiederhole mich, aber es ist wichtig zu wissen, dass wir am 1. Januar 2002 nicht den Euro einführen. Der Euro ist bereits seit dem 1. Januar 1999 UNSER Geld. Was wir tun werden, ist den Euro auch in Form von Euro-Banknoten und -Münzen einzuführen.

Lassen Sie mich nun über die EZB selbst sprechen - die noch junge, aber schon 35 1/2 Monate alte Zentralbank, die derzeit für 12 Länder und 300 Millionen Europäer zuständig ist. Die Öffentlichkeit neigt manchmal dazu, die komplexe Tätigkeit einer Institution auf einen sehr einfachen Begriff zu reduzieren. Die Aufgaben der EZB sind wirklich komplex; sie umfassen geldpolitische Beschlüsse, Statistik, geldpolitische Operationen, Zahlungssysteme, Rechtsfragen und vieles mehr. Ihre wichtigste Aufgabe ist jedoch ein sehr klares, im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft festgeschriebenes Mandat, die Preisstabilität im Euro-Währungsgebiet zu gewährleisten - mit anderen Worten, den Wert der Euro-Banknoten und - Münzen zu erhalten und die Inflation unter Kontrolle zu halten. Alle diese Aktivitäten sind oft relativ unbekannt und dem "Mann auf der Straße" nicht immer klar. In einigen Monaten werden die Bürger die Euro-Banknoten mit der EZB assoziieren. Der Euro, unsere Währung, und die EZB, unsere Zentralbank, werden von der Öffentlichkeit mit diesen Banknoten identifiziert werden.

Mir ist nicht entgangen, dass an dieser Konferenz Vertreter von Unternehmen teilnehmen, die an der Euro-Bargeldumstellung beteiligt sind. Abschließend möchte ich Ihnen allen danken - für Ihre großen Anstrengungen, Ihr Verständnis und Ihre Mitarbeit bei der Verwirklichung dieses besonderen historischen Augenblicks.

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