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Document 52003AB0020

Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 19. September 2003 auf Ersuchen des Rates der Europäischen Union zum Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa (CON/2003/20)

OJ C 229, 25.9.2003, p. 7–11 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52003AB0020

Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 19. September 2003 auf Ersuchen des Rates der Europäischen Union zum Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa (CON/2003/20)

Amtsblatt Nr. C 229 vom 25/09/2003 S. 0007 - 0011


Stellungnahme der Europäischen Zentralbank

vom 19. September 2003

auf Ersuchen des Rates der Europäischen Union zum Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa

(CON/2003/20)

(2003/C 229/04)

A. Einleitung

1. Am 21. Juli 2003 wurde die Europäische Zentralbank (EZB) vom Rat der Europäischen Union um Stellungnahme zum Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa (nachfolgend als "Entwurf einer Verfassung" bezeichnet) ersucht. Der Europäische Konvent zur Zukunft Europas (nachfolgend als "Europäischer Konvent" bezeichnet) verabschiedete den Entwurf einer Verfassung am 13. Juni und 10. Juli 2003 in zwei Schritten und unterbreitete ihn dem Europäischen Rat in Thessaloniki am 20. Juni und dem italienischen Ratsvorsitz am 18. Juli 2003. Der Europäische Rat begrüßte den Entwurf einer Verfassung als geeignete Grundlage für den Beginn der Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten (Regierungskonferenz oder RK), die der italienische Ratsvorsitz für den 4. Oktober 2003 einberufen hat.

2. Die Zuständigkeit der EZB zur Abgabe einer Stellungnahme beruht auf Artikel 48 des Vertrags über die Europäische Union, der die Anhörung der EZB bei institutionellen Änderungen im Währungsbereich erfordert. Der Entwurf einer Verfassung ändert die bestehenden Verträge, die die Europäische Union begründen, und integriert diese in einen einzigen Vertrag. Er wird nach seiner Ratifikation und seinem In-Kraft-Treten das grundlegende Primärrecht der Union sein. Indem der Entwurf einer Verfassung Titel VII des EG-Vertrags ("Die Wirtschafts- und Währungsunion") aufnimmt, betrifft er die Rechtsgrundlage der EZB und des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) und fällt damit in den Anwendungsbereich des Artikels 48 des Vertrags über die Europäische Union. Diese Stellungnahme wurde gemäß Artikel 17.5 Satz 1 der Geschäftsordnung der EZB vom EZB-Rat verabschiedet(1).

3. Die EZB war weder formelles Mitglied noch offizieller Beobachter des Europäischen Konvents. Der Präsident der EZB wurde jedoch zu einer Expertenanhörung der Arbeitsgruppe "Ordnungspolitik" am 13. September 2002 eingeladen, bei der er die vorläufigen Ansichten der EZB zu Währungs- und Finanzfragen darstellte. Darüber hinaus übermittelte der Präsident der EZB dem Vorsitzenden des Europäischen Konvents am 8. Mai und 5. Juni 2003 Anmerkungen und Formulierungsvorschläge zu Fragestellungen, die die EZB und das ESZB betreffen.

B. Allgemeine Erwägungen

4. Die EZB begrüßt den Entwurf einer Verfassung, der den rechtlichen und institutionellen Rahmen der Europäischen Union vereinfacht, strafft und klarstellt. Der Entwurf einer Verfassung verbessert die Fähigkeit der Union, sowohl auf europäischer als auch auf internationaler Ebene zu handeln, und ist deshalb - wie in der Erklärung von Laeken gefordert - ein wichtiger Schritt bei der Vorbereitung der Union auf die Zukunft.

5. Die EZB geht davon aus, dass die Übernahme der Bestimmungen über die EZB und das ESZB aus dem EG-Vertrag in die Verfassung nicht mit inhaltlichen Änderungen verbunden ist und dass die Aufgaben, der Auftrag, der Status und der rechtliche Rahmen der EZB und des ESZB im Wesentlichen unverändert bleiben. Zwar legt die EZB großen Wert auf die institutionelle und operationelle Stabilität im Währungsbereich. Sie ist sich jedoch auch der Tatsache bewusst, dass eine neue Verfassung zwangsläufig Auswirkungen auf den institutionellen Rahmen hat. Nach Auffassung der EZB wird die genannte Stabilität jedoch durch die Anpassungen und Aktualisierungen, die im gegenwärtigen Prozess der Verfassungsgebung vorgesehen sind, nicht beeinträchtigt.

6. Die EZB wird zu einem Text angehört, der auf die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank ("die Satzung") und die anderen Protokolle, die für die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) von Bedeutung sind, Bezug nimmt, dem aber die Satzung und die genannten Protokolle nicht beigefügt sind. Diese Stellungnahme beruht auf zwei äußerst wichtigen und zusammenhängenden Prämissen. Die erste Prämisse ist, dass der Inhalt der Satzung und der anderen Protokolle, die für die WWU von Bedeutung sind, nicht geändert wird und dass diese Dokumente der Verfassung beigefügt werden, deren Bestandteil sie gemäß Artikel IV-6 sind. Die zweite Prämisse ist, dass alle Teile des Entwurfs einer Verfassung, einschließlich der Satzung und der anderen Protokolle, die für die WWU von Bedeutung sind, ihren Status als Primärrecht behalten, d. h. dass sie weiterhin derselben hierarchischen Ebene wie die anderen Teile des Vertrags zuzuordnen sind.

Diese Stellungnahme beruht auf der Prämisse, dass die Satzung inhaltlich nicht geändert wird. Die EZB geht jedoch davon aus, dass Änderungen der Satzung vorgenommen werden müssen, die nicht deren Inhalt betreffen. Dazu zählen insbesondere begriffliche Anpassungen und Querverweise auf die neue Nummerierung der Verfassung sowie die Aktualisierung von Vorschriften, die gegenstandslos geworden sind. Nach Auffassung der EZB ist es wünschenswert, dass sie an den Vorarbeiten zu einer solchen Überarbeitung der Satzung beteiligt wird.

7. In dieser Stellungnahme erörtert die EZB einige Artikel des Entwurfs einer Verfassung, die für die Ausübung ihrer Funktionen und Aufgaben von Bedeutung sind und die der Klarstellung bedürfen oder bei denen technische Anpassungen oder redaktionelle Änderungen vorgenommen werden sollten. Zur leichteren Orientierung werden entsprechende Formulierungsvorschläge im Anhang zu dieser Stellungnahme zusammengefasst.

C. Die Ziele und Zuständigkeiten der Union

8. Gemäß Artikel I-3 Absatz 3 des Entwurfs einer Verfassung "[strebt] die Union die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums an ...". Artikel 2 des EG-Vertrags überträgt der Gemeinschaft die Aufgabe, ein "nichtinflationäres Wachstum" zu fördern, und Artikel 4 Absatz 3 erwähnt "stabile Preise" als einen "richtungsweisenden Grundsatz" der Tätigkeit der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten. Die EZB stellt mit Bedauern fest, dass Preisstabilität nicht ausdrücklich in Artikel I-3 über die Ziele der Union erwähnt wird. Preisstabilität erzeugt Vertrauen in den langfristigen Wert des Euro und führt zu niedrigen und stabilen langfristigen Zinsen, die wiederum hohe Investitionen und letztendlich Wachstum und Beschäftigung fördern. Preisstabilität vermeidet auch eine Ad-hoc-Umverteilung von Vermögen aufgrund von Preissteigerungen. Deshalb würde es die EZB begrüßen, wenn der Entwurf einer Verfassung die bestehende hervorgehobene Stellung des richtungsweisenden Grundsatzes stabiler Preise am Anfang des EG-Vertrags beibehielte und schlägt vor, dass ein Hinweis auf "nichtinflationäres Wachstum" in den Artikel I-3 Absatz 3 des Entwurfs einer Verfassung aufgenommen wird: "Die Union strebt die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines ausgewogenen und nichtinflationären Wirtschaftswachstums an ...". Stattdessen könnte auch ein Hinweis auf Preisstabilität in Erwägung gezogen werden.

9. In Artikel I-12 des Entwurfs einer Verfassung ist "die Währungspolitik für die Mitgliedstaaten, die den Euro eingeführt haben", als ausschließliche Zuständigkeit der Union aufgeführt. Im Zusammenhang mit Artikel I-12 darf der Begriff "Währungspolitik" nicht in einem engen und technischen Sinne dahingehend verstanden werden, dass er sich nur auf die grundlegende Aufgabe des ESZB bezieht, auf die Artikel III-77 Absatz 2 Buchstabe a) des Entwurfs einer Verfassung Bezug nimmt. Eine solche enge Interpretation ist weder geboten noch beabsichtigt. Entgegen dieser restriktiven Interpretation geht die EZB davon aus, dass der Begriff "Währungspolitik" dahingehend auszulegen ist, dass er die Überschrift des Abschnitts 2, Kapitel II, Titel III in Teil III des Entwurfs einer Verfassung wiedergibt, und die EZB ist deshalb der Auffassung, dass der Begriff "Währungspolitik" alle ausschließlichen Zuständigkeiten im Zusammenhang mit dem Euro umfasst, die in den betreffenden Bestimmungen des Entwurfs einer Verfassung, insbesondere den Artikeln III-77 und III-78, enthalten sind.

D. Der institutionelle Status der EZB und des ESZB

Der institutionelle Rahmen der Union

10. Der Status der EZB innerhalb des institutionellen Rahmens der Union ist in Artikel I-29 des Entwurfs einer Verfassung geregelt. Danach wäre die EZB eines der "sonstigen Organe" der Union. Artikel I-29 bewahrt die wesentlichen Eigenschaften der EZB, insbesondere ihre Unabhängigkeit, einschließlich ihrer finanziellen Unabhängigkeit, ihre Rechtspersönlichkeit und ihre Rechtssetzungsbefugnis, insbesondere ihre Befugnis, rechtlich bindende Rechtsakte zu erlassen. Die EZB geht deshalb davon aus, dass der durch den Entwurf einer Verfassung geschaffene institutionelle Rahmen zu keinen inhaltlichen Änderungen des gegenwärtigen institutionellen Status weder der EZB noch des ESZB führt und auch nicht zu solchen Änderungen führen soll.

11. Die EZB stellt fest, dass Artikel I-29 dem Titel IV des Entwurfs einer Verfassung "Die Organe der Union" zugeordnet ist. Artikel I-18, in dem die EZB nicht aufgeführt ist, trägt dieselbe Überschrift. Zum einen ist die EZB somit im Entwurf einer Verfassung unter dem Titel "Organe der Union" eingeordnet. Zum anderen wird die EZB jedoch in der Bestimmung, die die Organe der Union aufführt, nicht erwähnt. Wegen ihrer speziellen institutionellen Eigenschaften muss die EZB von den "Organen der Union" unterschieden werden, und dies rechtfertigt es, dass die EZB in Artikel I-18 nicht aufgeführt wird. Damit der institutionelle Status der EZB klarer, konsistenter und eindeutiger wird, oder zumindest aus rein redaktionellen Gründen empfiehlt die EZB, die Überschrift des Titels IV in "Der Institutionelle Rahmen der Union" zu ändern. Diese (aus der bestehenden Überschrift des Kapitels I in Titel IV hergeleitete) Formulierung würde damit die Konstellation der institutionellen Einrichtungen, nämlich i) die Organe der Union (Kapitel I) sowie ii) die EZB, den Rechnungshof und die beratenden Einrichtungen (Kapitel II), umfassen. Daraus folgt, dass die Überschrift des Kapitels I in Übereinstimmung mit der Überschrift des Artikels I-18 dieses Kapitels in "Die Organe der Union" geändert werden sollte. Durch einen derartigen Tausch der Überschriften wäre die EZB Teil des "institutionellen Rahmens der Union", ohne in der Liste der "Organe der Union" aufgeführt zu sein. Die Organe der Union wären natürlich auch Teil des "institutionellen Rahmens der Union". Darüber hinaus beschäftigt Artikel I-29 über die EZB sich auch eingehend mit dem ESZB und könnte auch auf das Eurosystem Bezug nehmen, wenn man dem Vorschlag im nachstehenden Abschnitt 14 folgen würde. Der Artikel definiert die Begriffe "ESZB/Eurosystem", erwähnt deren Beschlussorgane und nimmt auf deren Ziele und Aufgaben Bezug. Die EZB schlägt deshalb vor, das ESZB und das Eurosystem zusammen mit der EZB in die Überschrift des Artikels I-29 einzubeziehen.

Die Unabhängigkeit des ESZB

12. Artikel I-29 Absatz 3 hat die Unabhängigkeit der EZB, einschließlich ihrer finanziellen Unabhängigkeit, zum Gegenstand. Gemäß Artikel III-80 des Entwurfs einer Verfassung sind die nationalen Zentralbanken (NZBen) aller Mitgliedstaaten, d. h. alle Mitglieder des ESZB, jedoch ebenfalls unabhängig. Daher würde die EZB die Einfügung eines Hinweises auf die Unabhängigkeit der NZBen in Artikel I-29 Absatz 3 begrüßen. Dies kann erreicht werden, indem der dritte Satz folgende Fassung erhält: "Die EZB, die nationalen Zentralbanken und die Mitglieder ihrer Beschlussorgane nehmen ihre Befugnisse, Aufgaben und Pflichten in voller Unabhängigkeit wahr". Folglich müsste Artikel I-29 Absatz 3 Satz 1 folgende Fassung erhalten: "Die Europäische Zentralbank ist ein Organ, das Rechtspersönlichkeit besitzt und in seinen Finanzen unabhängig ist".

13. Die EZB stellt fest, dass die EZB in Artikel I-29 Absatz 3 als "unabhängig" bezeichnet wird, während sowohl die Kommission (in Artikel I-25 Absatz 4) als auch der Rechnungshof (in Artikel I-30 Absatz 3) als "ihre Tätigkeit bzw. Aufgaben in voller Unabhängigkeit ausübend" dargestellt werden. Die EZB geht davon aus, dass dieser begriffliche Unterschied rein sprachlicher Natur ist und keinen qualitativen Unterschied der Unabhängigkeit dieser Einrichtungen und der Unabhängigkeit der EZB widerspiegelt. Aus Konsistenzgründen regt die EZB jedoch die Angleichung der Begriffe an.

Das Eurosystem

14. Das Akronym "ESZB" bezeichnet zwei nebeneinander bestehende Konzepte. Einerseits steht ESZB für die EZB und die NZBen aller Mitgliedstaaten der EU. Andererseits bezieht sich "ESZB" jedoch aufgrund anderer Bestimmungen auch auf die EZB und die Zentralbanken lediglich der Mitgliedstaaten, die den Euro eingeführt haben. Das zweite Konzept unterscheidet sich vom ersten in der Hinsicht, dass es die ausschließliche Zuständigkeit für die Festlegung und Durchführung der Geldpolitik, einschließlich der Ausgabe des Euro und dessen Verwaltung insgesamt, die Verwaltung der offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten, die den Euro eingeführt haben, und die Förderung des reibungslosen Funktionierens der Zahlungssysteme, umfasst. Die zur Ausübung dieser Zuständigkeit notwendigen Maßnahmen erfordern in hohem Maße harmonisierte Verfahren, Instrumente und eine entsprechende Infrastruktur sowie das Bestehen eines einzigen Beschlussorgans mit Rechtssetzungsbefugnis.

Der EU-Vertrag hat diese beiden Konzepte durch die Aufnahme von Artikeln in den EG-Vertrag und in die Satzung geschaffen, in denen unterschieden wird, welche Bestimmungen auf welche Zusammensetzung des ESZB Anwendung finden. Diese Rechtssetzungstechnik ist jedoch der Klarheit und Verständlichkeit des EG-Vertrags nicht zuträglich. Um das zweite Konzept des "ESZB" vom ersten zu unterscheiden, hat der EZB-Rat den Begriff "Eurosystem" geprägt, den er seit 1998 in seinen Mitteilungen und Veröffentlichungen verwendet. Die EZB ist der Auffassung, dass die Reform von historischer Bedeutung, die der Entwurf einer Verfassung darstellt, ein geeigneter Anlass zur Aufnahme des Begriffs "Eurosystem" in die Verfassung wäre. Dies würde die Verfassung vereinfachen und diese den Bürgern Europas leichter zugänglich machen, und auf diese Weise könnte der institutionelle Rahmen der Union der Öffentlichkeit näher gebracht werden. Dies könnte dadurch erreicht werden, dass Artikel I-29 Absatz 1 Satz 2 folgende Fassung erhält: "Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, die die Währung der Union, den 'Euro', eingeführt haben, bilden das Eurosystem. Das Eurosystem betreibt die Währungspolitik der Union". Diese begriffliche Änderung erfordert die Aufnahme einer allgemeinen Bestimmung, wonach der Begriff "ESZB" in den Bestimmungen der Verfassung, die sich auf mit dem Euro zusammenhängende Aufgaben oder Funktionen oder die Mitgliedstaaten, die den Euro eingeführt haben, beziehen, im Sinne von "Eurosystem" zu verstehen ist.

E. Die internationale Repräsentation des Euro

15. Die Artikel III-90 und III-228 des Entwurfs einer Verfassung befassen sich mit der internationalen Repräsentation des Euro. Die EZB geht davon aus, dass der Entwurf einer Verfassung die derzeitigen Zuständigkeitsbereiche der EZB, die auf den währungspolitischen Aufgaben beruhen, die dem ESZB durch den EG-Vertrag ausdrücklich übertragen worden sind, nicht, auch nicht mittelbar, einschränkt. Da Artikel III-90 jedoch nicht auf die Zuständigkeitsbereiche des ESZB Bezug nimmt, ist es aus Gründen der rechtlichen Klarheit ratsam, einen ausdrücklichen Hinweis hierauf hinzuzufügen. Aus diesem Grund regt die EZB an, dass Artikel III-90 ein vierter Absatz mit folgendem Wortlaut angefügt wird, der sich an den Wortlaut des Artikels 111 Absatz 4 des EG-Vertrags anlehnt: "Die auf Grundlage dieses Artikels angenommenen Maßnahmen halten die in den Artikeln III-71 und III-77 vorgesehene Zuständigkeitsverteilung ein."

16. Eine Reihe von Themen, die für die WWU von besonderem Interesse sind, werden nicht nur in internationalen Organisationen, sondern auch in informellen multinationalen Gremien (z. B. G 10 usw.) diskutiert, von denen viele eine standardsetzende Funktion für die Finanzmärkte ausüben. Um deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass der Anwendungsbereich des Artikels III-90 auch diese Gremien umfasst, schlägt die EZB vor, in Artikel III-90 Absätze 1 und 3 des Entwurfs einer Verfassung zusätzlich zu dem Begriff "Konferenzen" den Begriff "Gremien" zu verwenden.

17. Um die Formulierung des Artikels III-90 des Entwurfs einer Verfassung präziser zu machen, empfiehlt die EZB die Erweiterung des Begriffs "Finanzbereich" zu "Währungs- und Finanzbereich", so dass diese Bestimmung ganz deutlich auf "internationale Einrichtungen im Währungs- und Finanzbereich" beschränkt wird. Um die Uneinheitlichkeit des Artikels III-90 Absätze 1 und 3 zu korrigieren, regt die EZB ferner an, in Absatz 3 entweder die Formulierung "und nach Anhörung der Europäischen Zentralbank" einzufügen oder aber die Formulierung "auf Vorschlag der Kommission" zu streichen, da "... die Verfahrensvorschriften [des Absatzes] 1 ... [gelten]" und ein Vorschlag der Kommission und die Anhörung der EZB die einzigen Verfahrensvorschriften dieses Absatzes darstellen.

F. Sonstige Bestimmungen, die sich auf den institutionellen Status der EZB auswirken

18. Artikel I-59 des Entwurfs einer Verfassung enthält neue Regelungen für den freiwilligen Austritt aus der Union und erfordert insbesondere ein Austrittsabkommen "über die Modalitäten des Austritts" und regelt die Zuständigkeitsverteilung und Verfahren in der Union. Soweit diese Regelungen Zuständigkeitsbereiche der EZB betreffen, geht die EZB davon aus, dass sie mit dem Ministerrat an dem Verfahren in vollem Umfang beteiligt wird.

19. Die EZB nimmt die durch den Entwurf einer Verfassung getroffene Entscheidung zur Kenntnis, "das ordentliche Gesetzgebungsverfahren" (derzeit "das Mitentscheidungsverfahren") zur Grundregel für die Verabschiedung von Rechtsvorschriften zu machen, bei dem das Parlament vollständig miteinbezogen wird und im Rat die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit erforderlich ist. Die EZB stellt fest, dass der Entwurf einer Verfassung die Verabschiedung gewisser, die institutionelle Struktur der WWU betreffender Rechtsvorschriften, wie beispielsweise die Übertragung besonderer Aufgaben an die EZB im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute (Artikel III-77 Absatz 6) und die vereinfachte Änderung der Satzung (Artikel III-79 Absatz 5), dem Gesetzgebungsverfahren zuweist, wohingegen er in anderen Bereichen, wie beispielsweise der Ernennung der Mitglieder des Direktoriums, den Grundsatz des "gegenseitigen Einvernehmens" beibehält.

20. Die Artikel III-88 und III-89 des Entwurfs einer Verfassung beziehen sich auf die Euro-Gruppe, für die ein neues Protokoll erstellt wurde, das der Verfassung beigefügt wird. Die EZB begrüßt, dass die Euro-Gruppe im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates in Luxemburg vom 12. bis 13. Dezember 1997 in die Verfassung aufgenommen wurde. Angesichts der Anerkennung der Euro-Gruppe durch den Entwurf einer Verfassung weist die EZB darauf hin, dass sie davon ausgeht, dass die Formulierung des Artikels 1 des Protokolls betreffend die Euro-Gruppe die im Entwurf einer Verfassung genannten Aufgaben und Zuständigkeiten des ESZB unberührt lässt.

G. Wechselkurs-Konvergenzkriterium

21. Artikel III-92 Absatz 1 Buchstabe c) des Entwurfs einer Verfassung nimmt auf das Wechselkurs-Konvergenzkriterium wie folgt Bezug: "Einhaltung der normalen Bandbreiten des Wechselkursmechanismus seit mindestens zwei Jahren ohne Abwertung gegenüber dem Euro". Diese Formulierung gibt den Wortlaut des Artikels 121 des EG-Vertrags wieder, die Verweisung auf das nicht mehr bestehende Europäische Währungssystem (EWS) entfällt jedoch. Diese Auslassung könnte jedoch dazu führen, dass die Formulierung "Einhaltung der normalen Bandbreiten des Wechselkursmechanismus" von nun an vernünftigerweise nur noch als Bezugnahme auf die Standardschwankungsbreite des neuen Wechselkursmechanismus (WKM II) von ± 15 % verstanden werden könnte. Diese Auslegung entspräche nicht der bisherigen Anwendung des Wechselkurskriteriums, die berücksichtigte, dass die normalen Bandbreiten des Wechselkursmechanismus (WKM) zu der Zeit, als Artikel 121 (ex-Artikel 109j) verfasst wurde, ± 2,25 % betrugen.

Aus Gründen der rechtlichen Klarheit und um die Gleichbehandlung früherer, jetziger und zukünftiger Mitglieder des WKM II zu gewährleisten, schlägt die EZB folgende Änderung des Artikels III-92 Absatz 1 Buchstabe c) vor: ">S>Einhaltung der normalen Bandbreite des>/S> Teilnahme am Wechselkursmechanismus seit mindestens zwei Jahren ohne starke Spannungen, insbesondere ohne Abwertung gegenüber dem Euro."

Auf die Notwendigkeit, "starke Spannungen" zu vermeiden, wurde bereits im Protokoll über die Konvergenzkriterien Bezug genommen. Sie dient als Grundlage für die Anwendung des Wechselkurskriteriums innerhalb des ihm zugedachten Geltungsbereichs in den Konvergenzberichten der EZB und den Einschätzungen der Kommission.

Diese Stellungnahme erfolgt unter der Prämisse, dass das Protokoll über die Konvergenzkriterien, auf das in Artikel 121 des EG-Vertrags verwiesen wird, der Verfassung ohne inhaltliche Änderungen beigefügt wird.

H. Redaktionelle Änderungsvorschläge

22. Der Wortlaut des Absatzes 3 des Artikels III-91 könnte nach Auffassung der EZB durch die Ersetzung von "nach Kapitel IX" durch "unter den in Kapitel IX [der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank] vorgesehenen Bedingungen" verbessert werden.

23. Betrifft nicht die deutsche Fassung.

Diese Stellungnahme wird im Amtsblatt der Europäischen Union und auf der Website der EZB veröffentlicht.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 19. September 2003.

Der Präsident der EZB

Willem F. Duisenberg

(1) Diese Stellungnahme gründet sich auf den Entwurf einer Verfassung in der Fassung des vom Sekretariat des Europäischen Konvents veröffentlichten Dokuments CONV 850/03 vom 18. Juli 2003.

ANHANG

Formulierungsvorschläge der EZB

Artikel I-3: "Die Union strebt die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines ausgewogenen und nichtinflationären Wirtschaftswachstums an ...".

Teil I, Titel IV, Überschrift: >S>"Die Organe der Union">/S> "Der Institutionelle Rahmen der Union".

Teil I, Titel IV, Kapitel I, Überschrift: >S>"Institutioneller Rahmen">/S> "Die Organe der Union".

Artikel I-29, Überschrift: "Die Europäische Zentralbank, das Europäische System der Zentralbanken und das Eurosystem".

Artikel I-29 Absatz 1: "Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken bilden das Europäische System der Zentralbanken. Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, die die Währung der Union, den 'Euro', eingeführt haben, bilden das Eurosystem. Das Eurosystem betreibt die Währungspolitik der Union".

Artikel I-29 Absatz 3 Satz 1: "Die Europäische Zentralbank ist ein Organ, das Rechtspersönlichkeit besitzt und in seinen Finanzen unabhängig ist".

Artikel I-29 Absatz 3 Satz 3: ">S>Sie ist in der Ausübung ihrer Befugnisse und ihren Finanzen unabhängig.>/S> Die Europäische Zentralbank, die nationalen Zentralbanken und die Mitglieder ihrer Beschlussorgane nehmen ihre Befugnisse, Aufgaben und Pflichten in voller Unabhängigkeit wahr."

Artikel III-90 Absatz 1: "Um die Stellung des Euro im internationalen Währungssystem sicherzustellen, erlässt der Ministerrat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Europäischen Zentralbank einen Europäischen Beschluss zur Festlegung der gemeinsamen Standpunkte zu den Fragen, die für die Wirtschafts- und Währungsunion von besonderem Interesse sind, innerhalb der zuständigen internationalen Einrichtungen, >S>und>/S> Konferenzen und Gremien im Währungs- und Finanzbereich."

Artikel III-90 Absatz 3: "Der Ministerrat kann auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Europäischen Zentralbank geeignete Maßnahmen mit dem Ziel annehmen, eine einheitliche Vertretung bei den internationalen Einrichtungen, >S>und>/S> Konferenzen und Gremien im Währungs- und Finanzbereich sicherzustellen. Es >S>gelten>/S> gilt die Verfahrensvorschrift>S>en der Absätze>/S> des Absatzes >S>1 und>/S> 2."

Artikel III-90, neuer (vierter) Absatz: "Die auf Grundlage dieses Artikels angenommenen Maßnahmen halten die in den Artikeln III-71 und III-77 vorgesehene Zuständigkeitsverteilung ein."

Artikel III-91 Absatz 3: "... >S>nach>/S> unter den in Kapitel IX der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank vorgesehenen Bedingungen ...".

Artikel III-92 Absatz 1 Buchstabe c): ">S>Einhaltung der normalen Bandbreiten des>/S> Teilnahme am Wechselkursmechanismus seit mindestens zwei Jahren ohne starke Spannungen, insbesondere ohne Abwertung gegenüber dem Euro."

Artikel III-278 Buchstabe d): Betrifft nicht die deutsche Fassung.

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