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Document 52003AB0009

Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 12. Juni 2003 auf Ersuchen des Rates der Europäischen Union zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Wertpapierdienstleistungen und geregelte Märkte und zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (KOM(2002) 625 endg.) (CON/2003/9)

OJ C 144, 20.6.2003, p. 6–12 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52003AB0009

Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 12. Juni 2003 auf Ersuchen des Rates der Europäischen Union zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Wertpapierdienstleistungen und geregelte Märkte und zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (KOM(2002) 625 endg.) (CON/2003/9)

Amtsblatt Nr. C 144 vom 20/06/2003 S. 0006 - 0012


Stellungnahme der Europäischen Zentralbank

vom 12. Juni 2003

auf Ersuchen des Rates der Europäischen Union zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Wertpapierdienstleistungen und geregelte Märkte und zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (KOM(2002) 625 endg.)

(CON/2003/9)

(2003/C 144/06)

1. Am 16. Dezember 2002 wurde die Europäische Zentralbank (EZB) vom Rat der Europäischen Union um Stellungnahme zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Wertpapierdienstleistungen und geregelte Märkte und zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (KOM(2002) 625 endg.) (nachfolgend als "Richtlinienvorschlag" bezeichnet) ersucht.

2. Die Zuständigkeit der EZB zur Abgabe einer Stellungnahme beruht auf Artikel 105 Absatz 4 erster Gedankenstrich des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (nachfolgend als der "Vertrag" bezeichnet) sowie auf Artikel 3.3 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (nachfolgend als die "Satzung" bezeichnet), da der Richtlinienvorschlag Bestimmungen im Hinblick auf die Integration der europäischen Finanzmärkte mit möglichen Auswirkungen auf die Stabilität des Finanzsystems enthält. Diese Stellungnahme wurde vom EZB-Rat gemäß Artikel 17.5 der Geschäftsordnung der EZB verabschiedet.

3. Wichtigstes Ziel des Richtlinienvorschlags ist die Aktualisierung des Rechtsrahmens für Wertpapierdienstleistungen, um den grundlegenden Änderungen Rechnung zu tragen, die innerhalb der letzten Jahre auf den europäischen Finanzmärkten stattfanden. Seit der Verabschiedung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen(1) (ISD) hatten die Entwicklungen in der Informationstechnologie erhebliche Auswirkungen auf die Struktur und Effizienz der Wertpapiermärkte. Gleichzeitig stieg durch die Einführung des Euro die Zahl der grenzüberschreitenden Geschäfte stark an, wodurch die Notwendigkeit, einen tatsächlich integrierten europäischen Wertpapiermarkt zu schaffen, sich verstärkte.

4. Vor diesem Hintergrund begrüßt und unterstützt die EZB weitgehend den Richtlinienvorschlag, mit dem das Niveau der Harmonisierung von Rechtsvorschriften verbessert und auf neue Wertpapierdienstleistungen und Finanzinstrumente ausgedehnt werden soll. Der Richtlinienvorschlag behandelt neuartige Probleme, die im Zusammenhang mit einem verstärkten Wettbewerb zwischen Börsen und neuen Plattformen zur Auftragsausführung auftreten und legt Vorschriften fest, die sicherstellen sollen, dass für verschiedene Auftragsausführungsstrukturen dieselben Vorschriften gelten und somit die Konkurrenz zwischen diesen Strukturen ermöglicht wird, wobei gleichzeitig Anlegerschutz, Transparenz und Effizienz des Marktes gewährleistet wird. Um die vorgenannten Ziele zu erreichen, sieht der Richtlinienvorschlag umfassende Vorschriften in Bezug auf alle Marktplätze vor, d. h. insbesondere für geregelte Märkte, multilaterale Handelssysteme (MTF) und Intermediäre, die Kundenaufträge intern abwickeln. Die EZB ist jedoch der Auffassung, dass in dem Richtlinienvorschlag die nachfolgend aufgeführten Fragen geklärt werden sollten.

5. Erstens, Anwendung der vom Ausschuss der Weisen für die Regulierung der Europäischen Wertpapiermärkte (Ausschuss der Weisen) empfohlenen Rechtssetzungsmethode. Generell begrüßt die EZB im Richtlinienvorschlag die Verwendung des Komitologie-Verfahrens gemäß den Empfehlungen des Ausschusses der Weisen. Der Bericht des Ausschusses der Weisen zielt darauf ab, dass die Rechtsvorschriften der Gemeinschaft im Wertpapierbereich effektiver, flexibler und transparenter werden, so dass es möglich ist, angemessen und rechtzeitig auf dynamische Marktentwicklungen zu reagieren. Angesichts dieses Ziels ist die Wahl des Rechtsinstruments Richtlinie oder Verordnung von großer Bedeutung. Der Ausschuss der Weisen führt aus, dass "[Richtlinien] den Mitgliedstaaten generell einen größeren Spielraum bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts [geben], jedoch allzu häufig zu einer ungleichen Umsetzung und zu einer unterschiedlichen Auslegung der Vorschriften [führen]". Entsprechend der Terminologie des Ausschusses der Weisen fällt der Richtlinienvorschlag unter die Kategorie der Rechtsvorschriften der "Stufe 1", d. h. die "Grundsätze". Darin werden im Kernbereich der Finanzdienstleistungen "die politischen Grundentscheidungen, die das Europäische Parlament und der Ministerrat fällen" formuliert. Die Grundsätze sollten durch Gemeinschaftsrecht der "Stufe 2" umgesetzt werden, und nicht durch die Mitgliedstaaten, da eine solche nationale Umsetzung zu einer uneinheitlichen Rechtslage führen würde. Die Grundsätze sollten in der gesamten EU gleich sein und einheitlich Anwendung finden. Den Mitgliedstaaten wird entweder kein Spielraum zur Umsetzung des Richtlinienvorschlags gegeben, wobei in diesem Fall die Verwendung des Rechtsinstruments der Richtlinie unangemessen ist, oder sie verfügen über ein Ermessen und die "Grundsätze" führen zu Unterschieden innerhalb der EU. Wenn Rechtsakte der "Stufe 1" und der "Stufe 2" Richtlinien sind, die auf nationaler Ebene umgesetzt werden müssen, wird dies letztendlich nicht zur Lösung eines der vom Ausschuss der Weisen dargelegten Probleme führen, das die Entwicklung der europäischen Wertpapiermärkte verzögert, und zwar das "Fehlen klarer europaweiter Regelungen". Der Ausschuss der Weisen führt zu den Rechtsvorschriften der Stufe 1, d. h. den "Grundsätzen", aus, dass "[...] stärker auf Verordnungen und nicht auf Richtlinien zurückgegriffen werden sollte [...]. Nach Auffassung des Ausschusses der Weisen sollte auf Verordnungen zurückgegriffen werden, wo immer dies möglich ist". Ebenso wie der Europäische Rat von Stockholm im März 2001, der den Bericht des Ausschusses der Weisen gebilligt hat, befürwortete die EZB die Schlussfolgerungen des Ausschusses der Weisen. Die EZB weist darauf hin, dass Verordnungen im Gegensatz zu Richtlinien tatsächlich erhebliche Vorteile bieten, da sie in den Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar sind, ohne dass sie durch nationales Recht umgesetzt werden müssen. Die sich daraus ergebende Einheitlichkeit auf der Ebene der Grundsätze sollte zu einer Umsetzung durch die Gemeinschaft in "Stufe 2" führen, im Rahmen derer nationale Besonderheiten im Einzelnen berücksichtigt werden können. Die Notwendigkeit, nationalen technischen Besonderheiten zu entsprechen, entsteht in Stufe 2, da diese besondere Durchführungsmaßnahmen zum Gegenstand hat, während in Stufe 1 lediglich die Grundsätze der betreffenden Rechtsvorschriften festgelegt sind. Daher würde es die EZB generell begrüßen, wenn künftige Gemeinschaftsrechtsakte, die diese Grundsätze enthalten, nicht in Form von Richtlinien, sondern von Verordnungen erlassen werden, und dass die Umsetzung der genannten Grundsätze durch Rechtsvorschriften der Stufe 2 im Rahmen des Komitologieverfahrens erfolgt, wobei nationalen technischen Anforderungen Rechnung getragen wird.

6. Im Bericht des Ausschusses der Weisen wird betont, dass bei den Vorschriften im Finanzdienstleistungsbereich eindeutig und effizient zwischen den Grundsätzen ("Stufe 1") und detaillierten Durchführungsbestimmungen ("Stufe 2") unterschieden werden sollte. In dem Richtlinienvorschlag ist eine solche Trennung jedoch nicht klar ersichtlich. In einigen Fällen wurden die Grundsätze bereits sehr ausführlich formuliert (z. B. die Bestimmungen über die Bedingungen und Verfahren für die Zulassung in Titel II Kapitel I). Im Gegensatz hierzu sind die Grundsätze an anderer Stelle erheblich abstrakter gefasst und eine große Anzahl von Bestimmungen muss im Rahmen der in Stufe 2 erlassenen Rechtsvorschriften konkretisiert werden (z. B. die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit von Wertpapierhäusern gemäß Titel II Kapitel II). Die EZB ist der Ansicht, dass der Richtlinienvorschlag im Hinblick auf die Trennung zwischen den Grundsätzen der Stufe 1 und den detaillierten Durchführungsbestimmungen der Stufe 2 noch weiter verbessert werden könnte. Hierbei könnte als mögliche Leitlinie dienen, dass der Geltungsbereich der in Stufe 2 zu erlassenden Rechtsvorschriften so weit wie möglich auszudehnen wäre, um bei der Regulierung der Europäischen Wertpapiermärkte sowohl ein hohes Maß an Harmonisierung als auch an Flexibilität zu erreichen. Als besonderes Beispiel führt die EZB an, dass die in Artikel 3 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags genannten "grundlegenden Begriffsbestimmungen" insofern von den ausführlichen Durchführungsbestimmungen in Stufe 2 profitieren können, als für erstere Klärungsbedarf besteht (Artikel 3 Absatz 2). Insbesondere im Hinblick auf die Definition der "Finanzinstrumente" wäre es angebracht, die Möglichkeit aufzunehmen, die in Abschnitt C in Anhang I genannte Liste durch das Komitologieverfahren in Stufe 2 und falls erforderlich, innerhalb bestimmter konzeptueller Grenzen zu ändern, um den Geltungsbereich des Richtlinienvorschlags nicht zu verändern. Diese Vorgehensweise würde es ermöglichen, dass die Grundsätze in einem einheitlichen, unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechtsakt, der vorrangige Geltung in der gesamten EU hat, vorhanden sind. Bei Gesprächen, die in jüngster Zeit in Komitologiegremien geführt wurden, wurden mögliche allgemeine Kriterien für die Anwendung von Verordnungen oder Richtlinien in Stufe 2 erörtert. In den Fällen in denen es erforderlich ist, nationalen Besonderheiten im Einzelnen Rechnung zu tragen, würde die EZB die eventuelle Verwendung von Richtlinien als Durchführungsführungsbestimmungen in Stufe 2 begrüßen. Schließlich merkt die EZB an, dass die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten (NZBen) grundsätzlich eng in die Vorbereitung der Durchführungsbestimmungen, die ihre jeweiligen Zuständigkeiten betreffen (z. B. Clearing- und Abrechnungssysteme: vgl. auch die Ziffern 18 bis 22 dieser Stellungnahme) einbezogen werden sollten.

7. Zweitens, Ausnahmen in Bezug auf den Geltungsbereich des Richtlinienvorschlags. Die EZB merkt an, dass durch Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe f) und Artikel 2 Absatz 2 Mitglieder des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) von der Anwendung des Richtlinienvorschlags freigestellt werden. Die EZB begrüßt diese Vorschriften, in denen die bereits in der bisherigen Wertpapierdienstleistungsrichtlinie genannten Ausnahmen wieder aufgenommen und gleichzeitig der neue, im Vertrag festgelegte institutionelle Rahmen berücksichtigt werden, da das ESZB gemäß Artikel 107 des Vertrags und Artikel 1.2 der Satzung aus der EZB und den Zentralbanken der Mitgliedstaaten besteht. Insbesondere wird durch Artikel 2 Absatz 2 des Richtlinienvorschlags der derzeitige Wortlaut von Artikel 2 Absatz 4 der bisherigen Wertpapierdienstleistungsrichtlinie aktualisiert. Die EZB begrüßt diese Vorschrift, die bestätigt, dass Wertpapierhäuser aufgrund des Richtlinienvorschlags nicht automatisch berechtigt sind, Geschäftspartner von NZBen zu werden. Denn der spezifische Charakter der von den NZBen im Eurosystem wahrgenommenen Aufgaben rechtfertigt einen besonderen, im Vertrag und in der Satzung festgelegten rechtlichen Rahmen, von dem sekundäres Gemeinschaftsrecht nicht abweichen darf, und der vor allem durch die unabhängige Rechtsstellung der NZBen und des Eurosystems unterstrichen wird. Es wird daran erinnert, dass in Artikel 105 des Vertrags die grundlegenden Aufgaben des ESZB aufgeführt sind (d. h. Festlegung und Ausführung der Geldpolitik der Gemeinschaft, Durchführung von Devisengeschäften, Halten und Verwaltung der offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten und Förderung des reibungslosen Funktionierens der Zahlungssysteme), die dieses unter Einhaltung der von den Beschlussorganen des ESZB erlassenen Leitlinien zu erfuellen hat. Die EZB und die NZBen haben im Eurosystem weitere spezifische operative Aufgaben, u. a. die Durchführung aller Arten von Bankgeschäften mit Ländern außerhalb des Eurosystems und mit internationalen Organisationen gemäß Artikel 23 der Satzung sowie im Fall der EZB, die Verwaltung des Kapitals der EZB, das von den NZBen gemäß den Artikeln 28 und 29 der Satzung gezeichnet wurde. Im Hinblick auf geldpolitische Geschäfte möchte die EZB betonen, dass die Leitlinie EZB/2000/7 vom 31. August 2000 über geldpolitische Instrumente und Verfahren des Eurosystems(2) und insbesondere Anhang I dieser Leitlinie (Allgemeine Regelungen für die geldpolitischen Instrumente und Verfahren des Eurosystems) vorsieht, dass die Geschäftspartner für geldpolitische Geschäfte des Eurosystems gewisse Zulassungskriterien erfuellen müssen, die nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung festgelegt werden. Ziel ist hierbei, einer großen Anzahl von Kreditinstituten Zugang zu den geldpolitischen Geschäften des Eurosystems zu gewähren, die Gleichbehandlung von Instituten im Euro-Währungsgebiet zu stärken und gleichzeitig zu gewährleisten, dass zugelassene Geschäftspartner des Eurosystems gewisse operative und aufsichtsrechtliche Anforderungen erfuellen. Die in Artikel 2 Absatz 1 und 2 genannten Ausnahmen räumen jegliche Unsicherheit hinsichtlich des Umfangs der durch den Richtlinienvorschlag verliehenen Rechte aus und entkräften die möglicherweise bestehende irrtümliche Auffassung, dass Wertpapierhäuser aufgrund der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie automatisch berechtigt sind, Geschäftspartner für Zentralbanktransaktionen und -geschäfte zu werden.

8. Drittens, Vorschriften, die Intermediäre betreffen. Gemäß Artikel 1 Absatz 2 des Richtlinienvorschlags gelten für Kreditinstitute, die Wertpapierdienstleistungen erbringen, die Artikel 12 und 13 (Organisatorische Anforderungen, Handelsprozess und Abschluss von Geschäften über ein multilaterales Handelssystem) sowie die Kapitel II und III unter Titel II (Tätigkeitsbedingungen für Wertpapierhäuser und Rechte von Wertpapierhäusern). Die EZB begrüßt die Anwendung dieser Bestimmungen auf Kreditinstitute, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für Marktteilnehmer und Marktplätze zu gewährleisten und eine angemessene Koordination mit den Bestimmungen der Richtlinie 2000/12/EG sicherzustellen. Darüber hinaus gilt Kapitel II unter Titel IV, in dem es um die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der verschiedenen Mitgliedstaaten geht, nach Auffassung der EZB aber auch für die grenzüberschreitende Erbringung von Wertpapierdienstleistungen durch Kreditinstitute. Diese Bestimmungen regeln die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Aufsichtsbehörden in einer für die grenzüberschreitende Erbringung von Wertpapierdienstleistungen spezifischen Weise, z. B. unter angemessener Berücksichtigung des Schutzes von Kleinanlegern und unabhängig davon, ob sie von Kreditinstituten erbracht werden oder nicht. Daher bezieht sich das vorgenannte Kapitel II unter Titel IV nach Auffassung der EZB zwangsläufig sowohl auf Kreditinstitute als auch auf alle anderen Erbringer von Wertpapierdienstleistungen. Die EZB weist ferner auf eine eventuell erforderliche Überarbeitung des Anhangs I der Richtlinie 2000/12/EG hin, der die Liste der Tätigkeiten, für die die gegenseitige Anerkennung gilt, enthält. Die zuständigen Gremien des Bankensektors könnten überprüfen, inwieweit eine solche Überarbeitung gerechtfertigt wäre.

9. Darüber hinaus weist die EZB darauf hin, dass gemäß Artikel 62 des Richtlinienvorschlags Wertpapierhäuser, die lediglich eine Anlageberatung anbieten, von den Eigenkapitalanforderungen der Richtlinie 93/6/EWG des Rates vom 15. März 1993 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten(3) (Kapitaladäquanzrichtlinie) befreit sind. Gemäß Abschnitt III.1 der Begründung kann eine Anlageberatung aber zu keinem Markt- oder Systemrisiko führen, welches die Grundlage für die Regelungen der Kapitaladäquanzrichtlinie darstellt. Stattdessen kann aufgrund einer Anlageberatung ein operationelles Risiko entstehen, wenn das Wertpapierhaus bei Anlageempfehlungen nicht die erforderliche Sorgfalt walten lässt und deshalb Einzelkunden möglicherweise entsprechend entschädigen muss, wodurch die Stabilität des Wertpapierhauses beeinträchtigt werden kann. Im Hinblick auf die eventuelle Notwendigkeit einer Anlegerentschädigung werden als Alternative zu den ursprünglichen Eigenkapitalanforderungen der Kapitaladäquanzrichtlinie in Artikel 11 Absatz 2 des Richtlinienvorschlags Wertpapierhäuser, die nur Anlageberatung anbieten, zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung verpflichtet. In diesem Zusammenhang möchte die EZB darauf hinweisen, dass das operationelle Risiko aufgrund seiner möglicherweise schädigenden Wirkung auf die Stabilität eines Instituts innerhalb des rechtlichen Rahmens zunehmend Anerkennung findet. Insbesondere ist vorhersehbar, dass das operationelle Risiko, das auch im Zusammenhang mit der Anlageberatung entstehen kann, Gegenstand überarbeiteter EU-Rechtsvorschriften zur Kapitaladäquanz für Banken und Wertpapierhäuser sein wird. Im Hinblick auf das mit den Geschäften verbundene operationelle Risiko können daher künftig auch Wertpapierhäuser, die lediglich Anlageberatung anbieten, von Eigenkapitalanforderungen betroffen sein. Die EZB schlägt aus diesem Grunde vor, dass im Hinblick auf die anstehende Überarbeitung der Rechtsvorschriften zur Kapitaladäquanz alle Alternativlösungen für allgemeine Eigenkapitalanforderungen, die in der Kapitaladäquanzrichtlinie vorgesehen sind, sorgfältig in Erwägung gezogen werden bzw. in ihrem Geltungsbereich beschränkt werden sollten.

10. Darüber hinaus teilt die EZB die im Richtlinienvorschlag angesprochene Besorgnis im Hinblick auf die Notwendigkeit, wirksame Maßnahmen gegen mögliche Interessenkonflikte zu ergreifen. Der Vorschlag sieht derartige Maßnahmen in zwei Fällen vor. Gemäß Artikel 16 Absatz 1 und 2 müssen Wertpapierhäuser künftig bei ihren Tätigkeiten mögliche Interessenkonflikte ermitteln und angemessene Maßnahmen ergreifen, um diesen Konflikten entweder vorzubeugen bzw. diese beizulegen und damit negative Folgen zu vermeiden. Gemäß Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe a) müssen geregelte Märkte ebenso Maßnahmen vorsehen, um mögliche negative Auswirkungen von Interessenkonflikten zu ermitteln und zu bewältigen und zwar insbesondere, wenn diese im Zusammenhang mit Regulierungsaufgaben entstehen, die von der zuständigen Behörde auf den Markt übertragen wurden. Die EZB begrüßt diese Bestimmungen und stimmt insbesondere der in der Begründung wiedergegebenen allgemeinen Einschätzung der Kommission zu, wonach aufgrund des verstärkten Wettbewerbs zwischen verschiedenen Auftragsausführungsarten und auch zwischen Marktplätzen gleicher Art ein größeres Potenzial für Interessenkonflikte entstehen kann. Darüber hinaus ist die EZB der Ansicht, dass angemessene, für alle Marktplätze geltende Bestimmungen bezüglich der Interessenkonflikte ebenso zur Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen für die verschiedenen Marktteilnehmer beitragen könnten. Die EZB möchte zur Verbesserung der entsprechenden Bestimmungen, die Interessenkonflikte regeln, wie folgt Stellung nehmen. Erstens werden Wertpapierhäuser durch Artikel 16 Absatz 2 verpflichtet, vorbeugende Maßnahmen gegen mögliche Interessenkonflikte zwischen ihnen selbst und ihren Kunden zu ergreifen oder organisatorische und administrative Vorkehrungen zu treffen, um solche Konflikte beizulegen. Der Richtlinienvorschlag könnte jedoch in der Weise ausgelegt werden, dass präventive Anforderungen und Schutzerfordernisse jeweils alternativ vorgesehen werden. Diese werden allerdings grundsätzlich, auch nach der allgemeinen Lehrmeinung, im Zusammenhang mit der Aufsicht von Finanzintermediären und mit dem Anlegerschutz im Besonderen als gegenseitige Ergänzung angesehen. Er erscheint beispielsweise sinnvoll, einen Kunden vor der Ausführung eines Geschäfts über einen bestehenden Interessenkonflikt zu unterrichten und nicht erst, wenn dieser Konflikt nachteilige Folgen hat. Vor diesem Hintergrund ist die EZB der Auffassung, dass in dem vorgeschlagenen Artikel 16 Absatz 2 präventive Maßnahmen und Schutzmaßnahmen gegen Interessenkonflikte nicht alternativ, sondern ergänzend verstanden werden sollten. Dies würde auch dem vorgeschlagenen Wortlaut von Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe a) entsprechen. Zweitens begrüßt die EZB die Möglichkeit, Artikel 16 Absatz 2 durch Rechtsvorschriften der Stufe 2 effizienter zu gestalten. Die EZB merkt jedoch an, dass die andere Bestimmung der Richtlinie, die Interessenkonflikte betrifft (der oben genannte Artikel 36 hinsichtlich geregelter Märkte) keine ähnlich detaillierten Durchführungsbestimmungen enthält. Angesichts der Bedeutung wirksamer Maßnahmen gegen mögliche Interessenkonflikte innerhalb des neuen Rechtsrahmens würde die EZB es begrüßen, wenn nicht nur Artikel 16, sondern auch Artikel 36 Komitologie-Bestimmungen vorsehen würde. Mithilfe einer allgemeinen, auf dem Komitologie-Verfahren beruhenden Vorgehensweise könnte nicht nur das Problem der sich wandelnden Interessenkonflikte und der Verfahren zum Umgang mit diesen Konflikten in Angriff genommen werden, sondern es könnten ggf. auch vergleichbare Arbeitsrichtlinien für die verschiedenen Handelsformen ermöglicht werden.

11. Viertens, der neue rechtliche Rahmen für die Auftragsausführung. Mit dem Richtlinienvorschlag werden neben der bisherigen Einteilung in geregelte Märkte und Wertpapierhäuser multilaterale Handelssysteme als neue zentrale Wertpapierdienstleistung eingeführt. Dadurch können Wertpapierhäuser, die diese Systeme betreiben, zugelassen werden und "maßgeschneiderten" Regulierungsvorschriften unterworfen werden. Angesichts der schnellen technologischen Fortschritte der letzten Jahre kommt den multilateralen Handelssystemen besondere Bedeutung zu, da sie die Entwicklung weg von den innerstaatlichen starren Strukturen hin zu grenzüberschreitendem Handel und grenzüberschreitenden Allianzen fördern und eine effizientere Nutzung der Vorteile des Binnenmarktes ermöglichen. Die vorgeschlagene Aufnahme von multilateralen Handelssystemen in die Reihe der wichtigsten Wertpapierdienstleistungen wird daher begrüßt, da damit der Wandel in der Vermittlung von Finanzinstrumenten bestätigt wird und die multilateralen Handelssysteme ihre Systeme und Dienstleistungen Anlegern innerhalb der EU und im gesamten Euro-Währungsgebiet zugänglich machen können. Darüber hinaus sieht der Richtlinienvorschlag Vorschriften bezüglich Intermediären vor, die Kundenaufträge intern ausführen. Um zu verhindern, dass die Interessen der Kunden nicht durch bestehende Interessenkonflikte gefährdet werden, sind die Wertpapierhäuser zur bestmöglichen Ausführung ("best execution") und zur Beachtung von Vorschriften für die Bearbeitung von Kundenaufträgen verpflichtet.

12. Beim Handel halten sich Wettbewerb und Konzentration immer die Waage. Konzentration fördert die Liquidität der Märkte und steigert die Wirksamkeit des Preisfindungs-Mechanismus. Liquidität zieht weitere Liquidität an und als Ergebnis dieses Kreislaufs entwickelt sich der erfolgreichste Markt zu einem natürlichen Monopol. Im Laufe der Jahre haben sich solche effizienten natürlichen Monopole auf nationaler Ebene gebildet. Es bestehen jedoch Befürchtungen, dass sich nationale Monopole als Hindernisse für Innovation und Effizienz in einem neuen Umfeld erweisen könnten, in dem die einheitliche Währung den Schritt hin zu integrierten Finanzmärkten innerhalb der EU und des Euro-Währungsgebiets erfordert. Die vorgeschlagene Abschaffung der in der bisherigen Wertpapierdienstleistungsrichtlinie enthaltenen Bestimmung zur Konzentration des Handels auf geregelten Märkten sowie der neue harmonisierte Rechtsrahmen, in dem neue Marktplätze anerkannt werden, werden sich positiv auf den Wettbewerb auswirken, da etablierte Positionen auf den geregelten Märkten infrage gestellt werden können. Der sich hieraus ergebende stärkere Wettbewerb wird zur Schaffung eines effizienten und integrierten europaweiten Finanzmarkts beitragen, und dies liegt auch im Interesse der EZB. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein intensiverer Wettbewerb zwischen Marktplätzen in diesem neuen Umfeld zu einer vorübergehenden Fragmentierung des Marktes und damit zu möglichen negativen Auswirkungen auf die Kursbildung führen wird. Der Richtlinienvorschlag geht jedoch in wirksamer Weise auf diese Befürchtungen ein, indem die Markttransparenz erhöht wird. In diesem Zusammenhang weist die EZB darauf hin, dass es von entscheidender Bedeutung ist, eine angemessene Kurstransparenz an allen Auftragsausführungsstrukturen zu gewährleisten, damit der Wettbewerb die globale Markteffizienz erhöht. Darüber hinaus sieht der Richtlinienvorschlag Bestimmungen für eine "bestmögliche Ausführung" vor, mit denen sichergestellt werden soll, dass Intermediäre im Rahmen einer stärkeren Offenlegung der Qualität der ausgeführten Aufträge Order-Routing-Techniken nutzen, durch die Anleger die günstigsten Konditionen auf verschiedenen Marktplätzen erhalten können.

13. In Abschnitt II der Begründung wird ferner darauf hingewiesen, dass zwischen den Regulierungsbehörden der Finanzmärkte und den Marktbeobachtern zunehmend Einigkeit darüber besteht, dass es mithilfe einer wirksamen Transparenzregelung möglich ist, die Vorteile des Wettbewerbs zwischen den Auftragsausführungsstrukturen zu nutzen und gleichzeitig die negativen Auswirkungen für die globale Markteffizienz, beispielsweise durch eine Fragmentierung des Marktes zu begrenzen. Die Markttransparenz gilt allgemein als eine wesentliche Voraussetzung für die Fairness und Effizienz eines Marktes und insbesondere für seine Liquidität und die Qualität seiner Kursbildung. Daher wäre es wünschenswert, für jede Kategorie von Vermögenswerten eine kohärente Transparenzregelung einzurichten, die für alle Marktplätze gleichermaßen gilt. Eine Transparenzregelung, die nur die geregelten Märkte betrifft und außerbörsliche Geschäfte ausschließt, wäre in ihrer Tragweite beschränkt und nur bedingt wirksam, da außerbörsliche Geschäfte für Anlageentscheidungen wichtige Informationen über den Handel enthalten können. Dementsprechend wird gefordert, alle Marktteilnehmer sollten die Informationen zu solchen Abschlüssen oder Handelsinteressen bei ihren Anlageentscheidungen berücksichtigen können und damit die Effizienz der Kursbildung optimieren. Um diese unerwünschten Auswirkungen zu vermeiden, schlägt die Kommission vor, die Markttransparenz dadurch zu verbessern, dass eine Verpflichtung zur Veröffentlichung der Geld- und Briefkurse, zu denen der Markt zum Abschluss des Geschäfts bereit ist (vorbörsliche Transparenz), an allen Marktplätzen auferlegt wird. Darüber hinaus sind Meldepflichten für die Preise und den Umfang von Geschäften vorgesehen, die von zugelassenen Unternehmen ausgeführt werden (nachbörsliche Transparenz). Im Grundsatz begrüßt die EZB diese Vorschriften, da sie dem grundsätzlichen Ziel dienen, dass Anleger effizientere Markplätze wählen können. Als Folge hiervon wird die Liquidität schließlich zu den effizienteren Märkten fließen und sich dann positiv auf die Kursbildung auswirken.

14. Die EZB weist jedoch darauf hin, dass notwendigerweise die Mittel für einen umfassenden Vergleich der von verschiedenen Marktplätzen für ein gleiches Finanzinstrument angebotenen Preise zur Verfügung gestellt werden müssten, um dieses Ziel zu erreichen. Dies könnte durch eine möglichst umfassende Konsolidierung von Informationen über Preise für Finanzinstrumente auf europäischer Ebene erreicht werden. Natürlich ist angesichts des technologischen Fortschritts eine bestmögliche Ausführung nur sinnvoll, wenn Anleger und Intermediäre Informationen über Notierungen an jedem einzelnen Marktplatz besitzen, an dem die Wertpapiere gehandelt werden. In einem vollständig integrierten europäischen Markt kann die bestmögliche Ausführung eines Auftrages (bester Geldkurs/bester Briefkurs) nur auf die gesamte EU bezogen und auf Grundlage von in der gesamten EU verfügbaren Notierungen erfolgen. Die Konsolidierung von Informationen sollte sicherstellen, dass eine Grundlage dafür vorhanden ist, dass "der bestmögliche Kurs" für das jeweilige Geschäft gilt. Da ein weiteres Haupthindernis für einen solchen Vergleich, d. h. das Vorhandensein verschiedener Währungen innerhalb des Euro-Währungsgebietes durch die Einführung der einheitlichen Währung beseitigt wurde, spricht vieles für die Konsolidierung von Kursinformationen auf Ebene der EU bzw. im Euro-Währungsgebiet. Diese Konsolidierung sollte zunächst vom privaten Sektor vollzogen werden, wobei die entsprechenden Informationen allen interessierten Kreisen zugänglich sein müssten. Öffentliche Stellen könnten als Katalysatoren fungieren und gemeinsames Handeln im privatwirtschaftlichen Bereich im Hinblick auf die Lösung von Koordinationsproblemen fördern.

15. Darüber hinaus weist die EZB darauf hin, dass der Richtlinienvorschlag die vor- und nachbörslichen Transparenzpflichten auf Geschäfte mit Wertpapieren beschränkt, die an geregelten Märkten notiert sind. Hiervon ausgenommen sind z. B. Geschäfte mit Schuldverschreibungen, die an geregelten Märkten notiert sind. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Ende 2002 der Nennwert der sich in Umlauf befindlichen und an geregelten Märkten notierten Schuldverschreibungen, die potenziell für Kreditgeschäfte des Eurosystems zulässig waren, über der Marktkapitalisierung der EU-Börsen lagen. Mit anderen Worten klammern die vor- und nachbörslichen Transparenzpflichten des Richtlinienvorschlags eine äußerst wichtige Kategorie von Vermögenswerten aus. Darüber hinaus werden weder im Richtlinienvorschlag noch in der Begründung die Gründe für diese eingeschränkte Anwendung der vor- und nachbörslichen Pflichten genannt. Vielmehr heißt es in Abschnitt II der Begründung, dass Kernstück des Richtlinienvorschlags eine wirksame Transparenzregelung ist, mit der sichergestellt wird, dass die Einzelheiten der letzten, zum Abschluss gebrachten Geschäfte und die Informationen über aktuelle Handelsmöglichkeiten auf allen Marktplätzen, über Handelssysteme und andere Auftragsausführungsstrukturen EU-weit allen Marktteilnehmern zugänglich sind(4). Entsprechend dieser Erklärung bezieht sich Artikel 23 des Richtlinienvorschlags auf alle in Anhang I in Zusammenhang mit den Transparenzpflichten aufgeführten Finanzinstrumente. In den Artikeln 25, 26, 27, 28, 41 und 42 werden jedoch die vor- und nachbörslichen Transparenzpflichten erstaunlicherweise auf Aktien beschränkt.

16. Die EZB betont, dass die Anwendung neuer Transparenzvorschriften auf Schuldverschreibungen sowie auf Aktien wesentlich zu einem effizienten Kursbildungsprozess für diese Wertpapiere und zur Erhaltung der Integrität des Marktes beitragen würde. Zum ersten Punkt weist die EZB darauf hin, dass die große Mehrheit der refinanzierungsfähigen Sicherheiten für Kreditgeschäfte des Eurosystems Schuldverschreibungen sind, die an geregelten Märkten notiert sind. Diese Vermögenswerte werden jedoch häufig im Rahmen anderer, d. h. nicht geregelter Plattformen gehandelt. In diesen Fällen dürfte die beste Informationsquelle in Bezug auf Preise nicht der geregelte Markt sein, an dem der Vermögenswert notiert ist. Die Festlegung einer geeigneten Quelle für Referenzkurse von refinanzierungsfähigen Sicherheiten ist für das Eurosystem von großer Bedeutung, da die Bewertung solcher Sicherheiten und die Anwendung von Risikokontrollmaßnahmen fast vollständig auf Marktpreisen beruhen. Insoweit ist es für das Eurosystem von Bedeutung, dass die Transparenzpflichten nicht nur für geregelte Märkte gelten, an denen die Vermögenswerte notiert sind, sondern auch für sonstige Handelsplattformen, an denen ein erheblicher Teil der Geschäfte abgewickelt wird, damit eine ordnungsgemäße Kursbildung gewährleistet ist. Die Kommission führt in der Begründung ferner aus, dass die multilateralen Handelssysteme inzwischen die wichtigsten organisierten Märkte für den Anleihehandel darstellen, während jedoch nur 1 % des europäischen Aktienhandels über sie abgewickelt wird(5). Die Beschränkung der vor- und nachbörslichen Transparenzpflichten auf Aktieninstrumente würde deshalb zwangsläufig bedeuten, dass die vorgeschlagene Transparenzregelung nur in sehr eingeschränktem Maße für multilaterale Handelssysteme gelten würde. Dies entspricht nicht vollständig den Zielen des Richtlinienvorschlags. Darüber hinaus besteht weitgehend Übereinstimmung darüber, dass sich Kurstransparenz vorteilhaft auf die Integrität des Marktes auswirkt. Wenn diejenigen, die gemäß Standard 3 der vom Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (AEWRB) herausgegebenen Standards für alternative Handelssysteme in Bezug auf den Handel optimale Informationen über aktuelle Geld- und Briefkurse und über Geschäfte erhalten können, die in der letzten Zeit über eine Vielzahl von Systemen, an denen das Instrument gehandelt wird, abgeschlossen wurden, führt dies zu einer größeren Kurstransparenz. Würde man die Geltung der Transparenzregeln auf Aktien beschränken, hieße dies, dass man denjenigen Behörden, die für die Aufdeckung von Marktmissbrauch zuständig sind, die Möglichkeit verweigert, ihre Aufgaben im Hinblick auf die Märkte für Schuldtitel zu erfuellen.

17. Die EZB weist darauf hin, dass die Kommission gemäß Artikel 60 des Richtlinienvorschlags dem Europäischen Parlament und dem Rat innerhalb von vier Jahren nach Inkrafttreten des Richtlinienvorschlags Bericht erstattet über eine mögliche Ausdehnung des Anwendungsbereichs der in diesem Richtlinienvorschlag festgelegten vor- und nachbörslichen Transparenzpflichten auf Geschäfte mit Finanzinstrumentkategorien, die keine Aktien sind. Die EZB empfiehlt jedoch, dass die Kommission den Anwendungsbereich der Transparenzregeln erneut überprüft und diesen auf Schuldverschreibungen und sämtliche, an geregelten Märkten notierte Finanzinstrumente ausdehnt. Falls dies nicht möglich ist, sollte der in Artikel 60 angegebene Zeitraum auf zwei Jahre verkürzt werden.

18. Fünftens, Vorschriften über Clearing- und Abrechnungssysteme. Die EZB begrüßt die Entscheidung der Kommission, die Clearing- und Abrechnungsvorschriften nicht in den Richtlinienvorschlag einzubeziehen und stimmt den in Abschnitt V.1 der Begründung genannten Gründen zu. Ein effizientes Clearing- und Abrechnungssystem für Wertpapiergeschäfte ist für ein ordnungsgemäßes Funktionieren der Wertpapiermärkte, für die reibungslose Durchführung der geldpolitischen Geschäfte und für die Stabilität des Finanzsystems insgesamt von entscheidender Bedeutung. Angesichts der systemischen Bedeutung der Anbieter solcher Leistungen und der komplexen technischen und politischen Erwägungen sollten diese andersartigen Marktfunktionen gesondert geregelt werden. Andererseits erfordert die enge Beziehung zwischen dem Handel und nachbörslichen Leistungen ein koordiniertes Regelwerk. Daher empfiehlt die EZB der Kommission, so schnell wie möglich angemessene Clearing- und Abrechnungsvorschriften festzulegen. Die EZB ist sehr an der derzeitigen Diskussion über den Inhalt des Gemeinschaftsprogramms für eine nachbörsliche Infrastruktur interessiert und sichert der Kommission ihre volle Unterstützung bei der Festlegung der wichtigsten Grundsätze für die vorgeschlagenen Maßnahmen zu.

19. Angesichts der vorangehenden Erwägungen beschränkt sich der Richtlinienvorschlag im Bereich Clearing und Abrechnung auf die Erläuterung der Rechte von Wertpapierhäusern und Mitgliedern von bzw. Teilnehmern an geregelten Märkten im Hinblick auf den Zugang nach ihrer Wahl zu Clearing- und Abrechnungssystemen in anderen Mitgliedstaaten. Gemäß Artikel 32 Absatz 1 sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass Wertpapierhäuser aus anderen Mitgliedstaaten für den Abschluss von Geschäften mit Finanzinstrumenten direkt oder indirekt auf zentrale Geschäftspartner, Clearing- und Abrechnungssysteme in ihrem Hoheitsgebiet zugreifen können und, dass dieser Zugriff unter den gleichen transparenten und objektiven gewerblichen Kriterien wie bei inländischen Teilnehmern erfolgt. Insbesondere können die Mitgliedstaaten die Nutzung dieser Einrichtungen nicht auf Clearing und Abrechnung von Geschäften mit Finanzinstrumenten beschränken, die auf einem geregelten Markt oder über ein multilaterales Handelssystem in dem jeweiligen Hoheitsgebiet getätigt werden. Gemäß Artikel 32 Absatz 2 sorgen die Mitgliedstaaten ebenso dafür, dass geregelte Märkte in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet direkten, indirekten und räumlich entfernten Mitgliedern oder Teilnehmern das Recht auf Bestimmung des Systems einräumen, über das die auf diesem geregelten Markt mit Finanzinstrumenten getätigten Geschäfte abgerechnet werden. Die EZB unterstützt die Ansicht, dass alle Wertpapierhäuser innerhalb der Gemeinschaft gleichermaßen Mitglied eines geregelten Marktes werden oder Zugang zu diesem Markt haben können und teilt die Meinung, dass unabhängig von den in den Mitgliedstaaten derzeit bestehenden Formen der organisatorischen Durchführung von Geschäften alle technischen und rechtlichen Beschränkungen für den direkten und indirekten Zugang sowie den Fernzugang zu den geregelten Märkten aufgehoben werden müssen. Die EZB teilt ebenso die Ansicht, dass im Zuge einer Erleichterung des Abschlusses von grenzüberschreitenden Geschäften Wertpapierhäuser, einschließlich solcher Häuser, die multilaterale Handelssysteme betreiben, gemeinschaftsweit Zugang zu Clearing- und Abrechnungssystemen erhalten sollten und zwar unabhängig davon, ob die Geschäfte über geregelte Märkte in den jeweiligen Mitgliedstaaten abgeschlossen wurden. Die EZB hat im Hinblick auf den Zugang zu und die Wahl von zentralen Geschäftspartnern bereits öffentlich Stellung genommen und die Notwendigkeit für einen offenen Zugang betont, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Anbieter zu gewährleisten.

20. Die EZB teilt die in Erwägungsgrund 35 geäußerte Ansicht der Kommission, dass Wertpapierhäuser, die unmittelbar an Abrechnungssystemen in Partnerländern teilnehmen möchten, die für eine Mitgliedschaft erforderlichen organisatorischen und gewerblichen Anforderungen sowie die zur Aufrechterhaltung eines reibungslosen und ordnungsgemäßen Funktionierens der Finanzmärkte erlassenen Aufsichtsmaßnahmen erfuellen müssen. Nach dem Verständnis der EZB beziehen sich die "Aufsichtsmaßnahmen" nicht auf die internen Risiken und Kontrollmaßnahmen der Systemanbieter, sondern auf die von öffentlichen, für das ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte zuständigen Stellen erlassenen Maßnahmen. Dies sollte bei der Formulierung des Richtlinienvorschlags berücksichtigt werden, so dass nicht nur Aufsichtsmaßnahmen erfasst werden, sondern auch die Überwachung einbezogen wird, da das reibungslose und ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte auch durch andere Regulierungsmaßnahmen gewährleistet werden kann, die möglicherweise in Mitgliedstaaten gelten.

21. Gemäß Artikel 32 Absatz 2 haben Mitglieder von und Teilnehmer an einem geregelten Markt das Recht auf Bestimmung des Systems, über das die auf diesem geregelten Markt getätigten Geschäfte mit Finanzinstrumenten abgerechnet werden, sofern u. a. "die für den geregelten Markt zuständige Behörde der Auffassung ist, dass die technischen Voraussetzungen für die Abrechnung der auf dem geregelten Markt getätigten Geschäfte durch ein anderes Abrechnungssystem als das von diesem geregelten Markt bezeichnete ein reibungsloses und ordnungsgemäßes Funktionieren der Finanzmärkte ermöglichen." Zu der vorangehenden Aussage sollte angemerkt werden, dass die Zuständigkeit für ein reibungsloses und ordnungsgemäßes Funktionieren der Finanzmärkte bei anderen als den für den Markt zuständigen Behörden liegen könnte, beispielsweise bei Behörden, die gemäß den Vorschriften jedes einzelnen Mitgliedstaates speziell für Clearing und/oder Abrechnung von Wertpapiergeschäften (auf einem geregelten Markt) zuständig sind. Bei der Formulierung von Artikel 32 sollten diese Behörden berücksichtigt und eine mögliche Koordination ihrer jeweiligen Funktionen in Betracht gezogen werden. Anstelle das Recht auf Bestimmung eines Abrechnungssystems an die besondere Zustimmung der zuständigen Behörde/n zu koppeln, könnte darüber hinaus die Einführung harmonisierter Mindestanforderungen empfehlenswert sein. In diesem Zusammenhang sollte das Interesse und/oder die Zuständigkeit der Zentralbanken am reibungslosen Funktionieren von Clearing und Abrechnung bei Wertpapieren berücksichtigt werden. Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission parallel zu ihrem Beratungsauftrag an den AEWRB diesen Ausschuss auch mit der Konsultation der NZBen zu den in Artikel 32 Absatz 4 genannten Durchführungsmaßnahmen beauftragen wird.

22. Die EZB nimmt zur Kenntnis, dass mit Artikel 32 Absatz 4 objektive Kriterien für die zuständigen Behörden geschaffen werden sollen, damit diese die Bestimmung eines bestimmten Systems durch indirekte Mitglieder oder Fernmitglieder bzw. durch Teilnehmer an geregelten inländischen Märkten beurteilen können. Auf jeden Fall muss sichergestellt werden, dass bei Teilnehmern nicht der Eindruck entsteht, dass die zuständigen Behörden bei der Ablehnung einer gewählten Bestimmung einseitig zugunsten von innerstaatlichen Systemen entscheiden, sofern ihre Entscheidung auf Grundlage objektiver und harmonisierter Kriterien getroffen wurde. Sobald die zuständigen Beschlussorgane ihre Zustimmung zu den Empfehlungen des ESZB und des AEWRB gegeben haben, könnten diese zum allgemeinen Maßstab für die NZBen und andere zuständige Behörden werden.

23. Sechstens, Informationensaustausch und Meldepflichten. Die EZB begrüßt Artikel 54 Absatz 6, mit dem die rechtlichen Beschränkungen des Informationsaustauschs zwischen den zuständigen Behörden und den Mitgliedern des ESZB, einschließlich der NZB und der EZB zum Zwecke der Wahrnehmung ihrer jeweiligen Aufgaben aufgehoben werden. Die zunehmende Integration der Finanzmärkte innerhalb der EU und dem Euro-Währungsgebiet erfordert eindeutig größere Anstrengungen im Hinblick auf eine Zusammenarbeit und den raschen und effizienten Austausch relevanter Informationen. Hierbei sollten insbesondere die zuständigen Aufsichtsbehörden auf multinationaler und multisektoraler Ebene sowie die NZBen einbezogen werden.

24. Schließlich weist die EZB darauf hin, dass Aufnahmemitgliedstaaten gemäß Artikel 56 des Richtlinienvorschlags alle Zweigniederlassungen in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet zu statistischen Zwecken dazu verpflichten können, ihnen regelmäßig über ihre Tätigkeiten Bericht zu erstatten. Die EZB möchte darauf hinweisen, dass nach Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 2533/98 des Rates vom 23. November 1998 über die Erfassung statistischer Daten durch die Europäische Zentralbank(6) eine Untergruppe von Wertpapierhäusern und Zweigniederlassungen Teil des Referenzkreises zur Erfuellung der statistischen Berichtsanforderungen der EZB ist. Zur Verringerung der Meldebelastung empfiehlt die EZB, dass die Behörden die bereits vorliegenden statistischen Daten prüfen und ggf. eine zusätzliche Verpflichtung zur Erfassung statistischer Daten gemäß Artikel 56 des Richtlinienvorschlags auferlegen. Wenn statistische Daten gemäß diesem Artikel erhoben werden, würde die EZB darüber hinaus einen Austausch von Informationen begrüßen.

25. Diese Stellungnahme wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 12. Juni 2003.

Der EZB-Präsident

Willem F. Duisenberg

(1) ABl. L 141 vom 11.6.1993, S. 27.

(2) ABl. L 310 vom 11.12.2000, S. 1, geändert durch Leitlinie EZB/2002/2 vom 7. März 2002 (ABl. L 185 vom 15.7.2002, S. 1).

(3) ABl. L 141 vom 11.6.1993, S. 1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 98/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 204 vom 21.7.1998, S. 29).

(4) Siehe Begründung, S. 13.

(5) Siehe Kasten zu neuen Entwicklungen im EU-Finanzhandel auf Seite 8 der Begründung.

(6) ABl. L 318 vom 27.11.1998, S. 8.

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